@ mikael: Vielen vielen Dank für deine Sicht der Dinge. Sie hat mir nochmal die Bedürfnisse, Aufgaben und Nöte "meiner" Regelschullehrer vor Augen geführt. Ich habe also durchaus Verständnis dafür, dass ihr die Inhalte durchbekommen müsst, da die Schüler ein Recht darauf haben.
Nur, die L und GE Schüler haben auch ein Recht auf ihren Lehrplan und der wird zur Zeit noch nicht mal ansatzweise erfüllt. Was ist damit? Ich habe immer das Gefühl, diese Kinder haben im System Inklusion nie und nimmer den gleichen Wert wie Regelschüler. Da heißt es immer, ach das macht doch nichts oder warten wir mal ab o.ä. Was aber passiert, wenn ihr Lehrplan nicht erfüllt wird? Dann heißt es eben, das hat er nicht geschafft. Ist ja auch nicht schlimm, er ist ja eh schon Sonderschüler.
Und ja dieses friss oder stirb kratzt ziemlich an meinem Lehrerselbstverständnis als Förderschullehrer. Warum kann ich im Zeugnis nicht schreiben, dass Schüler X auf dem Niveau der Berufsreife eine 3 erhält und Schüler Y auf gymnasialem Niveau eine 4? Dann ist doch auch eine objektive Vergleichbarkeit gegeben und ich kann differenzierte Klassenarbeiten schreiben. Was bringt es einem Hauptschüler zwei Jahre 5 und 6 zu bekommen und dann in die Hauptschulklasse gesteckt zu werden, wo er eh weiß, dass da nur die Deppen hinmüssen? Natürlich ist er dann frustriert und in der Pubertät und macht gar nix mehr... In meiner letzten Vertretungsstunde in Mathe war die Lehrerin der Parallelklasse anwesend. Sie fragte mich, ob wir immer bei allen Schülern fragen würden, ob sie wirklich alles verstanden hätten und ob es irgendwo Schwierigkeiten gab. Ich musste leider sagen, nein, aber ich als Förderschullehrerin kann eben nicht aus meiner Haut.
@ susanea: Wie soll ich die Zahlenräume immer variieren? Unsere normalen Schüler machen gerade Teilbarkeitsregeln, kgV und ggT. Meine Schüler haben aber noch nicht mal den Zahlenraum bis 100 in Addition und Subtraktion abgesichert. Die Einführung des kleinen 1x1 halte ich an dieser Stelle ohne abgesicherte Grundkenntnisse als studierte Mathelehrerin für einen absolut fatalen Schritt, nur damit alle am gemeinsamen Thema arbeiten. Ein guter Matheunterricht erfolgt aufeinander aufbauend und nicht nur am Thema der Regelschüler orientiert. Übrigens was ist deiner Meinung nach das GE-Pendant für funktionale Zuordnungen??? Meiner Schüler arbeiten derzeit an individuellen Kompetenzrastern und Checklisten parallel im frontalen Mathematikunterricht. Sobald ich aber nicht da bin, arbeiten sie gar nix mehr. Sie können sich auch immer schlecht konzentrieren, wenn die anderen Schüler etwas anderes arbeiten. Würden alle Schüler an Arbeitsplänen arbeiten, würden sie das bestimmt auch besser hinbekommen. Aber so ist dieses selbstständige Abarbeiten eben nur eine Notlösung, weil sonst gar nicht gefördert werden könnte.
@ Meike: Toller Beitrag! Danke! Ja ich verstehe sehr wohl beide Seiten. Ich arbeite mit 7 verschiedenen Kollegen zusammen und bräuchte 7 Besprechungsstunden. Woher sollen die kommen??? Manchmal wünsche ich mir, dass die Förderlehrer in den I-Klassen als Klassen- und Fachlehrer arbeiten dürften (zumindes in Klasse 5/6 und danach in der Berufsreife und der Realschule). Vielleicht könnte ich dann beide Seiten zusammenbringen oder würde ein noch besseres Verständnis für die Regeschulseite bekommen. Dann müsste ich aber für mich sagen, die Inklusion ist gescheitert und wir sollten Förderklassen an den Regelschulen einrichten. Ich glaube auch tatsächlich, dass ich als Fachlehrer dann nicht unbedingt immer einen zweiten Lehrer im Raum bräuchte, sondern mir z.T. auch eine pädagogische Fachkraft reicht. Diese hat viel weniger Aufgaben und auch mehr Zeit für die Kinder und ggf. Besprechungen. Außerdem definiert sie ihren Beruf nicht als Lehrer und steht somit auch nicht in ständigem Konkurrenzkampf mit dem zweiten Erwachsenen im Raum. Somit wären die Aufgaben deutlicher verteilt. Und ein Förderlehrer in der Regelschule + pädagogische Fachkraft dürfte doch keinesfalls teurer werden als ein Regelschullehrer + Sonderschullehrer.
P.S.: Auch ich habe Unterrichtsfächer bis Klasse 10 studiert und darf sie in allen Schulstufen unterrichten! Sonderschullehrer unterrichten mitnichten nur in L- und GE-Schulen. Das aber glauben meine Kollgen und trauen mir noch nicht mal Vertretungsunttericht zu. Das ist ein bisschen wie bei den Grundschulehrern. Die machen ja auch immer nur so leichten Kram *ironie off*.