... also ich nochmal kurz.
Die Themen in Reli in der Oberstufe sind Jesus Christus, Theologie (die Frage nach Gott), Ethik, Ekklesiologie (Kirche) und Anthropologie (die Frage nach dem Menschen). Diese Themenbereiche bestimmen auch den Mittelstufenunterricht (da auch noch Fremdreligionen dabei), natürlich in kindgerechter Reduzierung. Nicht so intellektuell. Wenn Du noch weitere Fragen hast, musst Du mir eine PN mit Deiner Tele schicken, aber ich möchte mir hier jetzt nicht einen Wolf schreiben über Stundenaufbau und so. Es ist eben Unterricht im Fach Religion. Das Studium wird Dir am besten auf den Seiten der theologischen Institute / Fakultäten erklärt, z.B.
http://www.uni-goettingen.de/de/studium/54363.html (da dann unter evangelische Religion Lehramt gucken).
In der Tat ist Reli ein Fach, in dem man einen Zugang zu den Schülern bekommen muss. Die pädagogische Seite ist hier doch recht wichtig, denn wenn die Schüler zu abgetörnt sind, wählen sie um. Das ist einerseits verständlich: Was soll man in einem Unterricht, in dem man nichts lernt und der einem nichts "gibt"? Andererseits zeigt sich ganz besonders in solchen Wahlpflichtfächern, dass der Lehrerberuf in der Tat vielen Erwartungen ausgesetzt ist und von zahlreichen Seiten kritisch beäugt wird. Das muss man sich schon klar machen, und das auch aushalten können.
Das Interesse der Schüler an Reli? Das ist da. Natürlich hört man immer Reli Laberfach und so, aber dennoch: Bei mir beteiligen sich die Schüler, es kann schon klappen. In unserer Schule habe ich in der Oberstufe in Reli bisher (seit vier Jahren) immer nur Nicht-Prüfungskurse (Anders als an anderen Schulen ist Reli bei uns ein sehr seltenes Prüfungsfach, wegen des Schulprofils, sage ich mal so ganz knapp). Da denkt man ja auch, dass die Schüler evtl. nicht mitmachen, keinen Bock haben, dauernd schwänzen usw, zumal sie in der Regel nur zwei der vier Semester einbringen müssen. Aber auch diese Befürchtungen stimmen nicht (unbedingt, von Einzelfällen abgesehen), und es kann sogar eine Befreiung sein, keinen Prüfungskurs zu haben, weil man dann das Semester freier gestalten kann ohne Rücksicht auf curriculare Vorgaben und sowas. Ich habe zudem den Eindruck, dass viele Schüler es schlicht und einfach auch irgendwie schön, "gut" finden, dass es ein Fach gibt, in dem über Gott und über religiöse Dinge normal gesprochen wird, dass das eine Selbstverständlichkeit ist. Reli ist eben ein Fach, in dem von der Existenz Gottes ausgegangen wird, und wo der halt dazugehört. Das trifft natürlich nicht auf das Thema Gotteskritik zu in der Oberstufe. Manchmal kommt in der Mittelstufe auch die Frage, ob es Gott überhaupt gibt, und darauf kann / sollte man natürlich eingehen. Aber auch kritischere Schüler verstehen schon, dass man in Reli nicht jedes Mal neu über Gottes Existenz reden kann. Wer nun absolut nichts mit Gott am Hut haben möchte, kann ja zur Relialternative wechseln.
Ich hatte noch Friesin im Ohr, die verwundert darüber ist, dass die Rückmeldungen zu Arbeitsbelastungen in diesem Thread so relativ positiv ausfallen. Und ich denke, sie hat Recht, dass hier ein falscher Eindruck entstehen kann. Und ich muss nach meinem ersten Posting, das ja fast durchweg positiv ist, vielleicht doch Wasser in den Wein gießen. Alles, was ich dort gesagt hatte, würde ich so wieder sagen. Die Korrekturbelastungen sind hoch, wenn Du zwei Korrekturfächer hast, und sie sind niedriger, wenn Du nicht zwei Korrekturfächer hast. Aber meiner Erfahrung nach sind die Erwartungen, die an einen gestellt werden, ein ziemlich großer Stressfaktor. Und eben gerade in Wahlpflichtfächern wie Reli / WuN/Philo sowie Musik/Kunst. Man lernt, wie man unterrichtet und wie man mit den Schülern umgeht, das muss einem nicht in die Wiege gelegt sein; aber eben diese vielen vielen Erwartungen, die an einen gestellt werden, können einen unter Druck setzen.
Was -je nach Standpunkt- das Interessante und Vielseitige, aber auch das Lästige und Schwierige an diesem Beruf ist, ist das Gehen auf einem sehr schmalen Grat; man muss ein einigermaßen dickes Fell haben, darf aber nicht gleichgültig sein. Man muss die Schüler Ernst nehmen und ihnen "vertrauen", darf aber nicht naiv sein und darf ihnen eben auch nicht vertrauen; man muss sorgfältig seine Arbeit machen und das Beste anstreben, muss gleichzeitig auch mal mit 80% zufrieden sein, man muss sensibel sein und darf kein Sensibelchen sein, manchmal geht es auch schon mal ruppig zu, usw. Mir persönlich geht es zudem so, dass ich in Gedanken zu oft bei der Schule hänge, also auch in Situationen, in denen ich abschalten und mich erholen möchte und muss, z.B. beim Musizieren, beim Einschlafen usw. Für die Psychohygiene ist es aber sehr wichtig, dass man die Schule auch mal wegschieben kann, zumal ziellose Grübelei keine Lösungen bringt. Ich bin immer noch dabei, mir anzutrainieren, nicht dauernd in die Schulgedanken zu fallen, und es geht schon, man kann sich darin einüben.
Noch zwei Bemerkungen zu Avastasia: Sie hat Recht: In Reli hat man meist keine reinen Klassen, was auch der Grund sein kann, weshalb in manchen Gruppen sich keine rechte Vertrautheit untereinander einstellen mag. So erlebe ich das durchaus, und obwohl ich die Schüler anleite, sich gegenseitig mit Namen dranzunehmen gibt es immer wieder welche, die nicht alle Namen kennen. Ja, und wenn Du Klassenlehrerin bist, ist es natürlich besser, Du hast zwei Fächer in der Klasse und hast in beiden die gesamte Klasse. Ich war aber bisher noch nie als Klassenlehrer eingesetzt, aber es ist natürlich so.
Hamilkar