Beiträge von Alex86

    Hallo schlonzi,


    ich befinde mich leider ebenfalls nicht in der Position, dir helfen zu können. Aber ich kann deinen Frust und deinen Werdegang sehr gut verstehen. Studiere ebenfalls in Köln, schließe dort im Mai meinen Master in Deutsch ab (Ein-Fach, nicht auf Lehramt). Habe auch zunächst auf eine ganz andere Schiene gesetzt und im Journalismus und im Bereich Unternehmenskommunikation gearbeitet, mich aber dann dazu entschieden, als Lehrer arbeiten zu wollen.


    Jetzt werde ich ab dem kommenden Wintersemester in einer anderen Stadt in NRW in einen Lehramts-Master wechseln und bin dort zurzeit am Überlegen, welches Fach als zweites Fach sinnvoll ist. Hatte im Bachelor nämlich ebenfalls Geschichte als Nebenfach und mir graut es vor der Situation, die du beschreibst. Habe aktuell Chemie oder Latein als weitere Fächer im Blick.


    Aber ich werde Köln definitiv verlassen. Du hast nämlich völlig Recht: Die Stimmung unter den Lehramtsstudenten ist in Deutsch generell stark geprägt von Angst und der damit verbundenen Verbissenheit im Kampf um Top-Noten. In der Bibliothek, die seit Jahren und wohl noch für weitere Jahre umgebaut wird, ist man ständigem Baulärm ausgesetzt und wird um 17 Uhr nachmittags hinausgeworfen, zu wenig Platz ist sowieso. Wer da vernünftig arbeiten soll, weiß wohl niemand. Und bezüglich Zulassungen zu Kursen kann man nur darauf hoffen, einen der Dozenten zu erwischen, die sich nicht sklavisch an die Beschränkungen halten, die das elektronische Vergabeprogramm vorgibt, sondern die Leute zu den Kursen zulassen, die in der ersten Sitzung auf der Matte stehen.

    Na ja - dass ich die ganze Sache mittlerweile etwas pragmatischer angehe liegt wohl einfach daran, dass ich eben nicht mehr am Beginn meines Studenten-Daseins stehe, sondern ein Deutsch-Studium bereits fast abgeschlossen habe. Deshalb will ich die Entscheidung, wie es nun weitergeht, nicht einfach aus dem Bauch heraus treffen.


    Dass ich die Entscheidung letztlich selber treffen muss, ist mir natürlich klar. Durch die vielen hilfreichen Antworten hier im Forum habe ich in jedem Fall einen Überblick darüber bekommen, welche Möglichkeiten (Sonderpädagogik etc.) es gibt. Es wird darauf hinauslaufen, dass ich mich von dem Wunsch, Deutsch an einem Gymnasium zu unterrichten, nicht trennen werde und mich auf die Suche nach einem "Arbeitsmarkt-kompatiblen" Zweitfach begebe.


    An dieser Stelle noch einmal vielen Dank für Eure Hilfe.

    Erstmal vielen Dank für den ausführlichen Bericht an Kirsche85!


    Es ist wohl tatsächlich so, dass das Thema "Inklusion" auch in NRW massiv auf der Agenda steht. Ab dem Schuljahr 2013/2014 hat jeder Schüler ein Recht auf inklusiven Unterricht. Wenn dies dann zu einer Situation führt, die ähnlich der von Sofie beschriebenen in SH ist, ist das aus meiner Sicht eher unattraktiv. Ich möchte gerne konstant an einer Schule arbeiten und nicht als "Wanderarbeiter" von Schule zu Schule ziehen. Ich verstehe allerdings auch nicht, wieso nicht jede Schule einfach Sonderpädagogen fest einstellt, wenn dort sowieso dauerhaft inklusiver Unterricht erteilt wird.


    Generell bin ich mittlerweile doch einigermaßen verwirrt und weiß wirklich ünerhaupt nicht, in welche Richtung ich mich orientieren soll. Die Grund-Idee, aus der ich für mich die Motivation gezogen habe, auf Lehramt zu setzen, sah so aus, dass ich Schülern das vermittele, was ich in meinem Studium gelernt habe - und das ist nun mal Deutsch. Daran habe ich Spaß, dort liegen meine Qualitäten. Die pädagogischen Skills habe ich bisher noch nicht und müsste ich mir eben durch den Quereinstieg in einen Master of Education-Studiengang aneignen. Was mich an dem Job reizt ist aber nun mal, und hier muss ich auch ehrlich zu mir selbst sein, der fachliche Aspekt. Mich, wie Kirsche85 es beschreibt, in meiner täglichen Arbeit als Lehrer darüber zu definieren, dass ich verschiedene Methoden ausprobiere und die Inhalte, die ich damit vermittele, sich doch auf einem sehr eingeschränkten Level bewegen - ich bezweifle stark, dass mich diese Arbeit befriedigen würde. Gleiches gilt beispielsweise auch für die Arbeit an Berufsschulen: Mal ganz plakativ formuliert (ich lasse hier meine Gedanken schweifen und möchte damit natürlich niemandem auf den Schlips treten) möchte ich mit den Schülern Thomas Mann lesen und keine Geschäftsbriefe formulieren.


    So weit zu der Idee, die für mich am Anfang gestanden hat. Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich von dieser Idee nur sehr ungerne trennen würde, da ich aus ihr doch eine Menge Energie ziehen kann für das restliche Studium, das ich noch vor mir habe. Ich möchte hier nicht von "Traum" oder Ähnlichem sprechen, aber jeder braucht doch ein Ziel, mit dem er sich zu 100 Prozent identifizieren kann. Wenn ich dieses Ziel aufgebe und beispielsweise auf Sonderpädagogik setze, wache ich eines Tages auf und merke, dass ich diese Idee des Deutsch-Unterrichts an einem Gymnasium aufgegeben hatte, ohne überhaupt wirklich zu versuchen, sie zu realisieren. Gleiches würde für ein Studium auf Berufskolleg oder Sek I gelten. Wenn ich auf ein solches Studium setzen würde, würde ich diese Entscheidung aus Angst treffen. Es wäre eine Entscheidung, die VERHINDERN soll, dass etwas passiert - nämlich die Arbeitslosigkeit. Es wäre keine Entscheidung FÜR etwas, sondern eine Entscheidung GEGEN etwas.


    Aber ich will mir natürlich auch nicht den Vorwurf machen müssen, sehenden Auges ins finanzielle Verderben zu rennen. Daher sehe ich ein, dass eine Kombination von Deutsch mit Geschichte als Zweitfach keinen Sinn ergibt. Ich bin also bereit, meine Grund-Idee an dieser Stelle zu modifizieren. Das Zweitfach ist mir generell relativ egal, auch für Geschichte hege ich nicht ansatzweise die Begeisterung, die ich für Deutsch habe. Hier stellen sich nun bei der Suche nach alternativen Zweitfächern natürlich praktische Probleme (Kunst ist gefragt und ich hätte durchaus Interesse daran, aber es gibt nun mal - völlig zu Recht - Eignungsprüfungen, die ich wohl nicht schaffen werde; Sozialwissenschaften haben fast überall NCs, die mit einem Abiturschnitt von 2,6 ebenfalls eine hohe Hürde darstellen; zu Naturwissenschaften habe ich keinerlei Bezug und nicht mal ein Basiswissen). Aber ich denke, dass dieser Weg, also die Suche nach einem Zweitfach, das meine Chancen ehöht, der ist, den ich gehen sollte.


    Mit diesem Beitrag verlange ich euch jetzt natürlich einiges ab. Ich hoffe, die Gedankengänge kommen wenigstens einigermaßen rüber. Findet sich jemand darin wieder bzw. denkt ihr, dass ich die richtigen Prioritäten setze?

    Danke für eure Antworten. Ihr helft mir damit in jedem Fall schonmal deutlich weiter. Ich kann nun zumindest ganz klar einschätzen, dass ich mit meiner aktuellen Fächerkombination und einem Studium auf Lehramt für Gy/Ge kaum eine Chance haben werde, eine Stelle zu finden.


    Daher muss ich nun über Alternativen nachdenken. Ich bin sowohl in Bezug auf den Arbeitsort flexibel (deutschlandweit) als auch in Bezug auf die Fächerkombination. Deutsch ist für mich gesetzt, da ich dort ja bereits über einen Fach-Master verfüge. Als zweites Fach kann ich mir aber wie gesagt auch Kunst oder evtl. Sozialwissenschaften vorstellen, beides würde meine Aussichten auf einen Job ja aus meiner Sicht bereits deutlich erhöhen. Auf eine andere Schulform (also Haupt/Real/Gesamt oder Berufskolleg) zu studieren macht denke ich deshalb keinen Sinn, weil ich mit einem abgeschlossenen Studium auf GyGe immer noch diesen Schritt "zurück" gehen und an einer dieser Schulformen unterrichten kann - korrigiert mich bitte, wenn ich hier falsch liegen sollte.


    Sehr interessant finde ich aber auch den Beitrag von Kirsche85. Ich betrachte die Tätigkeit an einer Förderschule als echte Alternative und werde mich definitiv um ein Praktikum bemühen, um zu sehen, wie die Arbeit dort aussieht. Es ist natürlich auch möglich, dass mich das völlig überfordert. Der Bedarf an Lehrkräften ist dort laut Ministeriums-Studie in jedem Fall hoch und wird es auch bleiben. Zumal nach meinen Informationen ja in Zukunft in NRW auch verstärkt Lehrer mit sonderpädagogischer Ausbildung an "normalen" Schulen benötigt werden, da mehr integrativ unterrichtet werden soll.


    Es würde mich sehr interessieren, wie deine Arbeit an der Förderschule aussieht, Kirsche85! Habe mir heute schon einige Clips auf youtube angeschaut - sieht sehr interessant aus, mit welchen Methoden dort versucht wird, die sprachlichen Fähigkeiten der Schüler zu verbessern. Was gefällt dir denn an der Arbeit dort besonders?


    Letztlich sehe ich für mich also drei Möglichkeiten: Ich pfeife auf die schlechten Job-Aussichten und setze weiter auf Deutsch und Geschichte für Gy/Ge. Ich setze weiter auf Gy/Ge, wähle aber mit Sowi oder Kunst ein neues Zweitfach. Oder ich orientiere mich komplett um und studiere Sonderpädagogik (hängt natürlich auch davon ab, inwiefern mir mein bisheriges Deutsch-Studium dort angerechnet wird).

    Hallo Bolzbold,


    zunächst mal vielen Dank für deinen Beitrag! Auf genau solche Rückmeldungen aus dem aktuellen Lehrbetrieb hatte ich gehofft.


    Du bestätigst natürlich leider tatsächlich das negative Bild, das die Studie des Ministeriums zeichnet. Ich habe die Studie auch noch einmal als Anhang beigefügt, aber du hast sie ja sicher auch schonmal
    gesehen.


    Ich bin natürlich hin- und hergerissen aktuell, da ich auf der einen Seite glücklich darüber bin, endlich einen klaren Plan vor Augen zu haben, wohin ich beruflich möchte - auf der anderen Seite muss ich nun feststellen,
    dass ich durch das Verfolgen dieses Plans eventuell meine finanzielle Zukunft auf´s Spiel setze.


    Aber ich tendiere doch dazu, den Plan, auf Lehramt zu studieren, eher zu modifizieren anstatt ihn komplett fallenzulassen. Zitat aus der Studie: "Ungeachtet des insgesamt zu erwartenden Bewerberüberhangs werden sich die zurzeit für einige Fächer bestehenden günstigen Beschäftigungsaussichten fortsetzen. Insbesondere für die Fächer Mathematik und Latein, aber auch für Kunst, Physik und Informatik sowie Chemie ist dauerhaft zumindest regional mit guten Einstellungschancen zu rechnen." Ich habe Geschichte bisher wie erwähnt nur während des Bachelors als Nebenfach studiert, den Master habe ich als Ein-Fach-Master Deutsch gemacht. Ich wollte also mit der Formulierung "verzichten" ausdrücken, dass ich in Geschichte so oder so nicht viele Leistungen angerechnet bekommen werde und ich auf das eine Semester, das ich im Vergleich zu einem kompletten Neu-Start in einem Fach, das bessere Einstellungschancen bietet, gewinnen würde, auch verzichten kann. In Frage käme für mich hier nur Kunst, für sämtliche andere Fächer habe ich weder eine Begabung noch ein Interesse an ihnen. Aber Kunst als zweites Fach wäre definitiv möglich. Zudem habe ich nach einem Studium auf Gy/Ge ja auch die Berechtigung, an Berufskollegs zu studieren. Auch dies käme für mich in Frage.


    Hast du denn eigentlich auch Informationen darüber, wie die Lage in anderen Bundesländern aussieht? Ich bin nämlich in jedem Fall auch dazu bereit, mich zwecks beruflicher Perspektive von NRW zu trennen.


    Generell hat es meine Generation natürlich schwer, in eine unbefristete Festanstellung hereinzukommen - ob nun in der Wirtschaft oder eben nun nach dem "Einstellungs-Hoch" auch an Schulen. Trotzdem: Ich will mich nicht von der Vorstellung verabschieden, dass man, wenn man Spaß an der Vermittlung seines Fachs und der Arbeit mit Jugendlichen hat, auch einen Job findet. Natürlich gibt es die Möglichkeit, sich über verschiedene Tätigkeiten über Wasser zu halten. Ich bin beispielsweise mit einem ehemaligen Dozenten von mir aus Bonn befreundet, der eine kleine Stelle an einem Berufskolleg hat, außerdem an der Uni Didaktik-Kurse gibt, zudem für mehrere Verlage Bücher herausgibt und verfasst und zu guter Letzt eine Website betreibt, über die er anbietet, Arbeitszeugnisse zu verfassen. Auf dieses "Job-Splitting" habe ich ehrlich gesagt keine Lust.


    Gruß

    Hallo zusammen,


    habe mich mittlerweile ausführlich im Forum umgesehen und bin sehr gespannt auf Eure Meinungen zu meinem "Fall".


    Ich bin 26 Jahre alt und habe direkt nach dem Abi damit begonnen, Deutsche Sprache und Literatur ("Germanistik") auf Bachelor zu studieren, NICHT auf Lehramt wohlgemerkt. Ziel war, im Journalismus oder in der Wirtschaft (PR/Öffentlichkeitsarbeit) zu arbeiten. Habe das Studium dann auch in sechs Semestern durchgezogen, danach den Master angeschlossen. Diesen werde ich im laufenden Semester abschließen.


    Nun habe ich nach wirklich zahlreichen Praktika in Unternehmen allerdings festgestellt, dass mir dort komplett die Identifikation mit dem Job und der Spaß fehlen. Man "arbeitet" kaum noch selber, scheucht die ganze Zeit nur Dienstleister durch die Gegend, es ist einfach unbefriedigend und die Job-Aussichten sind auch schlecht. In Workshops für Lehramts-Studenten an der Uni habe ich dagegen festgestellt, dass mir die Rolle als Lehrer durchaus Spaß macht. Als Schulform würde ich Gymnasium/Gesamtschule, also Sek.II bevorzugen. Absolviere im Juni auch ein Praktikum an einem Gymnasium, um mal zu schauen, ob ich wirklich "bestehen" kann.


    Nun bieten mir die neuen Master of Education-Studiengänge (so weit ich das bisher überblicke) ja durchaus die Möglichkeit, mit meinem abgeschlossenen Fach-Master "zuzusteigen" und die pädagogische Ausbildung recht schnell nachzuholen. Während des Bachelors hatte ich als Nebenfach Geschichte, dort werde ich also auch nicht bei Null starten. Nachdem ich mir die Prognose des Schulministeriums zu Gemüte geführt habe, stellt sich bloß die Frage: Macht es Sinn, mit 26 Jahren und 12 Semestern noch einmal diesen Aufwand zu betreiben, wenn die Einstellungsperspektiven (gerade mit der Kombination Deutsch/Geschichte) derart mies sind? Stehe ich dann nach weiteren drei Jahren, die mich das Studium sicher noch kosten wird, dann nicht wieder da, finde keinen Job und habe im Vergleich zu meiner aktuellen Situation einfach nur drei weitere Jahre verschenkt? Hilft es mir vielleicht aus der Misere, wenn ich mein Nebenfach "pragmatisch" auswähle und auf Geschichte verzichte, um meine Job-Perspektiven zu erhöhen? Auch wenn ich, nicht zuletzt hier im Forum, mehrheitlich auf die Meinung gestoßen bin, dass man das studieren soll, was man später auch wirklich gerne unterrichten möchte und woran man Spaß hat. Auch ein Bundesland-Wechsel käme für mich durchaus in Frage, vielleicht sind die Einstellungsprognosen ja nicht überall so schlecht wie in NRW? Die Studie des Ministeriums zeichnet da wirklich ein sehr düsteres Bild. Nach dieser Studie können sich die Leute, die im Moment in den Lehramtsstudiengängen an den Unis sitzen und keine naturwissenschaftlichen Fächer studieren, um die paar Stellen, die es gibt, die Köpfe einhauen. In den letzten Jahren wurden demnach sehr viele junge Lehrer an Gymnasien eingestellt, wodurch der Bedarf ab diesem Jahr für längere Zeit gedeckt ist. Über andere Schulformen wird, gerade von Frauen, kaum nachgedacht - wenn in einem Seminar das Wort "Hauptschule" fällt, entgleisen da allen kollektiv die Gesichtszüge. Und ich stelle auch durchaus fest, dass diese düsteren Prognosen mehr und mehr zu einer Verbissenheit bei vielen Studenten sorgen - um die Noten wird gekämpft wie wild und es herrscht die Einstellung "Wenn ich Deutsch/Geschichte mit einer 3 abschließe, kann ich es auch direkt sein lassen.".


    Viele Fragen. Ich habe halt mit 26 denke ich durchaus noch einmal die Möglichkeit, einen Richtungswechsel vorzunehmen - aber diesmal sollte der Schuss eben auch sitzen. Über Einschätzungen von Eurer Seite würde ich mich freuen.


    Beste Grüße

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