Wenn das auf die Schülerin auch zutreffen sollte, kann, nein - muss sie das sagen. Die Behandlung des Einzelfalles ist immer schwierig, aber es muss auch für die Schüler eine klare Linie erkennbar sein. Anscheinend wurde ja den Problemen durch die Klassenlehrerin nachgegangen. Aber da kam nichts, also gibt es auch erstmal nix.
Es kann doch nicht sein, dass sofort bei Abweichungen von der Norm (Pünktlichkeit) psychische Probleme vermutet werden.
Ich hatte sogar schon mit behinderten Schülern (bis hin zu Verfolgungswahn, bitte entschuldigt die unmedizinische Ausdrucksweise, ich kenn mich da nicht so gut aus.) zu tun, da gab es solche Probleme nicht. Vielmehr stellt die Schule mit ihren Vorgaben auch ein Gerüst für die Schüler dar, an das sie sich halten können.
Wir haben auch Schüler mit psychischen Problemen, aber auch für die müssen die Regeln gelten, so weit es eben geht. Sonst läuft der Rest der Klasse aus dem Ruder. Ich habe beispielsweise erlebt, dass dann gesagt wurde: "Das sag ich demnächst auch,dass ich das habe." "Ich war beim Arzt, beweisen Sie mir das Gegenteil, hier ist mein Attest. Ich bin jetzt auch gestört." u.ä.
Mit einem solchen Schüler, wie du ihn hier schilderst, kannst du auch Vereinbarungen treffen, das hat bei uns auch geklappt. Z. B. ein Gespräch, in dem vereinbart wurde, dass er sich vorher im Sekretariat meldet oder sich mit dir kurz trifft, sozusagen als Einstimmung auf den Tag und als Zeitpunkt, vor dem er keine Angst haben muss, der aber wichtig für seinen Verbleib als MITGLIED der Klasse ist. Für ihn gelten die gleichen -fairen- Regeln wie für den Rest der Klasse, er ist nichts Besonderes, sondern ein Bestandteil der Gemeinschaft. Das kann auch helfen, Ängste abzubauen.
Abgesehen davon, ein Attest über die Behandlung wäre natürlich auch nicht schlecht. Denn wir wurden schon nach Strich und Faden sowohl von Eltern als auch von Schülern belogen.
Insgesamt funktioniert es bei uns (hat aber höheren Einsatz von mir gefordert), auch wenn einige Schüler nicht bis zum Ende durchgehalten haben (und durchhalten).
Man ist eben Lehrer, kein Therapeut, und die Schüler sind volljährig. Sie müssen eben auch wissen, was sie tun, denn sie können darüber ja selbst entscheiden. Angebote kann man machen, aber mehr geht eben auch nicht. Selbstkritisch muss ich aber auch sagen, dass ich zuweilen Ansätze des Helfersyndroms entwickle. Das klingt in meinen Beiträgen hier zwar nicht so durch, sondern eher so, als wäre ich vom Typ Vorstopper. Aber ich versuche wirklich, eine strikte Linie zu fahren, damit alle Schüler wissen, woran sie bei mir sind. Das ist manchmal sauschwer.
Viele Grüße aus Düsseldorf und ein schönes Wochenende.