Ein paar Höflichkeitsregeln, die das Leben leichter machen:
FÜR LEICHTE FÄLLE
- Ungefragt nur Positives - das es ja auch gibt ("Nächstes Halbjahr habt ihr in Geschichte Frau XY." - "Hurraaa!"). Sowas sollte man auf jeden Fall weitertragen, auch alte Hasen brauchen Streicheleinheiten für's Ego.
- Bei Nachfrage abwartend verhalten, evt. erst mal neutral antworten ("Ach, wie sie halt so sind in dem Alter...") und rückfragen, was die Frage eigentlich ausgelöst hat ("Ist dir was aufgefallen?" "Was haben sie sich denn bei dir geleistet?"). Erst, wenn du merkst, dass ehrliche Selbstzweifel da sind ("Ich steck fest" "Ich weiß im Moment nicht, wie ich an sie rankommen soll."), kannst du vorsichtig Lösungsvorschläge machen ("Eine Kollegin von mir hat mal...") Über das Verpacken in die Geschichte eines anderen lässt sich das "Ich bin schlauer als du" ein wenig zurücknehmen.
- Fischt jemand nach der Hospitation nach Komplimenten, die du nicht zu geben bereit bist: Erst was Nettes (schön dekorierter Klassenraum), dann anmutige Verwirrung: "Was ich nicht ganz verstanden habe, ist, warum Sie das so und so gemacht haben... könnten Sie das nochmal erklären?" Ist eleganter als "Das fand ich doof." und eröffnet eine Diskussionsmöglichkeit auf Augenhöhe.
- Niemals etwas Negatives zu Dritten bzw wenn Dritte es hören können. Du würdest auch nicht wollen, dass sich jemand öffentlich über den grottenschlechten Unterricht der Referendarin aufregt - egal, ob's stimmt oder nicht.
- Bei Kollegen, die zu grantig/ streng/ nervös sind aus Unsicherheit, lohnt sich sowohl für einen selbst als auch unauffällig der Klasse vermittelt die Kompliment-Taktik: Öfter mal was Nettes sagen, zur Jacke, zur Frisur, zum Tafelbild. Entspannt den Kollegen und den UNterricht.
FÜR SCHWERE FÄLLE
- Wenn du den Eindruck hast, dass hier rechtlich an die Grenze gestoßen wird (Lehrer kommt ständig besoffen in den Unterricht, tatscht kleine Mädchen an), wird's ernst. Ein Gespräch mit dem Kollegen ist dann meistens sinnlos - hier sollte man sich an den Lehrerrat oder - wenn das Verhältnis stimmt - erst mal die AKO wenden, inwieweit die Schule informiert ist und was getan wird. Wenn nichts getan wird und dir die Schüler mit Beschwerden die Bude einrennen, verweise die Schüler aufmunternd an den Direx weiter und merke allgemein an, dass Elternbeschwerden durchaus effektiv sind; kein Direx kommt damit klar, wenn die Eltern hordenweise anrücken. Wenn's polizeirelevant wird, solltest du es auch genau dort hintragen bzw. die SuS dazu ermuntern. Vorher solltest du dir allerdings Rückendeckung bei der GEW holen, denn sowas wird gern unerfreulich.
ALS HINWEIS
Wenn's nicht hochakut "brennt", schau dir die Dinge erst einmal einen Monat lang an. Gewisse Dinge, wegen derer ich am Anfang Zeter und Mordio geschrieen hätte, sehe ich mittlerweile etwas anders - nicht nur Kollegen können Drachen sein (das auch), sondern Klassen können auch geschlossen mächtig übertreiben. Abwarten und Tee trinken, aber wenn die Tasse leer und die Katastrophe immer noch da ist, gezielt und konsequent vorgehen.
w.
PS: Bevor sich einer beschwert, was Lehrer für Mimosen sind: In der freien WIrtschaft bin ich genauso verfahren und damit gut klargekommen. Drum.