Ich denke, das ist in allen Bundesländern ähnlich. Schriftliche Leistungen zu bewerten, da gibt es wirklich kaum Spielraum. Interessanter finde ich die Frage: Wie ermittelst du "alle anderen Noten?" Ich kenne das von meinen Kindern so, dass unter jeder Klassenarbeit eine mündliche Note steht, die ja, wie du schon schriebst, 50% bzw. etwas weniger ausmacht. Also doch relativ viel.Mir ist es immer ein Buch mit 7 Siegeln. Wie kommt man auf die mündliche Note (die so viel zählt und daher möglichst gerecht sein sollte)? Führt man Strichlisten? Notiert man sich was nach der Stunde? Ist es einfach ein Eindruck?
Sammelt man stichprobenartig irgendetwas ein?
Nein, die mündlichen Noten zählen nicht viel.
Ich muss etwas ausholen:
In der Unter- und Mittelstufe: In den Schulaufgabenfächern (Mathe, Deutsch, Fremdsprache, später auch Physik und das Fach der Zweigwahl) wird der Durchschnitt aller Schulaufgaben doppelt gewichtet. Der Durchschnitt aller anderen Noten wird einfach gewichtet. Daraus errechnet sich die Zeugnisnote. Wenn du viele andere Noten hast, geht die Einzelnote nicht sehr stark in die Zeugnisnote ein. Wenn du nur wenig andere Noten hast, ist sie etwas gewichtiger.
Beispiel:
Sogenannte „Große Leistungsnachweise“ (Schulaufgabennoten): 4, 2, 3, 4 -> Durchschnitt 3,25
Sogenannte „Kleine Leistungsnachweise“ (un-/angekündigte Tests, Abfragenoten, Unterrichtsbeitragsnoten, Referatsnoten): 2, 6, 3, 3, 2, 4 -> Durchschnitt 3,33
Zeugnisnote: (3,25 + 3,25 + 3,33) :3 = 3,27 , also eine 3, da gibt es keinen Spielraum.
In den sogenannten „Lernfächern“, also Fächer ohne Schulaufgaben, müssen trotzdem schriftliche Noten vorliegen, mindestens 2 im Schuljahr. D. h. es müssen (un-)angekündigte Tests geschrieben werden. Die Noten dort werden allerdings meist alle gleich gewichtet. Ausnahmen sind in gewissem Rahmen möglich, z.B. kann eine angekündigte Kurzarbeit auch doppelt gewichtet werden, wenn die Fachschaft der Schule dies für alle verbindlich beschließt.
Hätte der Schüler im oben genannten Beispiel 10 statt 6 weitere Noten, wäre die eine 6 weniger gewichtig in die Zeugnisnote eingegangen, da sie im Durchschnitt „verschwindet“, wenn man mehr Noten hat. Da aber alle Noten im Zweifelsfall (d.h. falls Eltern Einspruch einlegen bzw. eine Überprüfung einfordern) mit Datum der Erhebung und ungefährem Inhalt belegt werden müssen, bringst du dich als Lehrer selbst in Teufels Küche, wenn du viele Noten machst, denn viele Noten bedeuten viel Angriffsfläche.
Wie entstehen diese weiteren Noten?
Referate: muss ich nicht erklären
Abfragenoten: Zu Beginn der Stunde wird ein Schüler über den Inhalt der letzten Stunde befragt, mit Abdeckung aller drei Aufgabenbereiche (Reproduktion, Transfer, Anwendung) und erhält dafür eine Note.
Unterrichtsbeitragsnoten: Ein Schüler wird maximal 2 Wochen lang im Unterricht häufiger aufgerufen und die Qualität seiner Antworten (nicht die Häufigkeit seiner eigenständigen Meldungen) wird bewertet.
Erst in der Oberstufe ist die Verrechnung der „großen“ zu den „kleinen“ Noten 1:1. Ist deshalb problematisch, weil im Abi die schriftlichen Fächer wieder schwerer gewichtet werden als die mündlichen Prüfungen, die man zur Notenverbesserung ablegen kann. Heißt: Wenn du in Deutsch schriftlich immer auf Note 5 stehst, kannst du das vor dem Abi durch passable mündliche Leistungen ausgleichen, im Abi selbst führt es dann aber evtl. zum Nicht-Bestehen, obwohl du die gleichen Noten wie vorher erhältst.
Und noch eine Anmerkung:
Wenn bei uns die Durchschnitte zwischen den Klassenarbeiten und den sonstigen Noten sehr stark voneinander abweichen, kann es schon sein, dass man dann vor der Schulleitung auf Klassenkonferenzen etwas erklären muss. Wenn jemand schriftlich keinen geraden Satz zu Papier bringt, mündlich aber auf Note 1 oder 2 stehen soll, wird das auch mal etwas härter hinterfragt, wie so etwas zustandekommen kann.
Und an der Grundschule läuft das ganz anders als bei uns am Gymnasium.