Ich nicht, ich bin froh, wenn jeder auf seinem Platz sitzt und ruhig ist.
Mal ganz ehrlich, ich habe schon immer Probleme mit diesen allzu offenen Unterrichtsformen gehabt, und halte sie auch nicht für jedes Kind für geeignet. Genausowenig wie Frontalunterricht. Also muss man sich, wie Melo schon schrieb, den goldenen Mittelweg aussuchen.
Komischerweise haben meine Erstklässler trotz meines Frontalunterrichtes nach einem halben Jahr lesen können, wir haben alle Druckbuchstaben und sogar den Schreibschriftlehrgang durch. Sie können rechnen im Zahlenraum bis 100 und sogar schon Briefe und kleine Geschichten schreiben. Ich bezweifel allerdings, dass sie das alles bereits könnten, wenn sie ständig selbst hätten entscheiden dürfen, auf was sie denn Lust haben. Dann hätten sie mengenweise Mandalas, Totenköpfe, Punker und Autos gemalt. In der Klasse seilspringen geübt, Fußball gespielt und ihre Spielzeugautos und Puppen ausgepackt.
Sie haben soviel Angst vor der Schule (bzw. vor mir), dass ich morgens kaum einparken kann, weil so viele meiner Kids warten, dass ich aussteige, damit sie mit mir in die Schule gehen können.
Klar, Kinder haben das Recht angstfrei zu lernen, aber das bedingt nicht die Aufhebung aller gültigen Regeln. Kinder haben nämlich auch ein Recht darauf gesagt zu bekommen was und wie sie lernen sollen, bzw. können und genau da sehe ich meine Aufgabe als Lehrer. Es gibt kein Leben ohne Regeln, weder in der Familie noch im späteren Leben und es ist meine Pflicht, Kindern diese Regeln beizubringen. Ich würde sie allein lassen, wenn ich von ihnen verlangen würde zu sehen, wie sie diese Regeln lernen können, wenn sie halt Lust haben.
Ich weiß durchaus wovon ich rede, da ich einen Teil meiner Ausbidung an einer Schule absolvierenmusste, wo nur freie Unterrichtsformen "gelehrt" wurden. Selbst meine FL haben den Kopf geschüttelt über Rechtschreibleistungen, die auch in einem 4. Schuljahr einfach nicht vorhanden waren. Die Kinder hatten eben keine Lust darauf gehabt Rechtschreibung zu lernen. Wie es ihnen in der nächsten Schule bzw. auf ihrer Berufssuchen ergangen sein wird, möchte ich lieber nicht wissen. Ich halte eine solche Art und Weise für fahrlässige Vernachlässigung der Kinder, die letztendlich diese büßen müssen. Ich kann dann ja meine Hände in Unschuld waschen, denn die Kinder haben immerhin 4 Jahre lang Spaß an der Schule gehabt - nach mir die Sintflut.
Es stellt sich mir bei diesen rigorosen Meinungen immer wieder die Frage, wie haben wir eigentlich unsere Schulzeit überlebt ohne heute täglich einen Psychiater zu brauchen. Den hätte ich erst nach meiner Refzeit an o.g Schule gebraucht, weil ich mit einem dauerhaft schlechtem Gewissen rumlaufen musste, die Kinder im Stich gelassen zu haben.