Liebe Inki,
ob ich dir helfen kann, weiß ich nicht, aber ich kann dich ganz gut verstehen und meine Gedanken beisteuern.
Erstmal und zwei Fragen:
1. Wie weit bist du jetzt mit deinem Refi?
2. Was hat dich bewogen, immer wieder an dem Beruf der Lehrerin festzuhalten? Es scheint ja etwas zu geben, was ihn vielleicht doch zu deinem Beruf macht?
Man kann die Ref-Bedingungen nicht mit dem späteren Berufsleben vergleichen! Das werden dir die alten Hasen sicher bestätigen können.
Alles andere kann ich bestätigen: ähnliche Dinge, die dich nerven, lassen mich auch die Wände hochgehen!
Nach meiner ersten Showstunde vor versammelter Seminarbelegschaft und anschließendem Verhackstücken (ohne ein Ende zu finden und immer wieder auf den gleichen Schwachpunkten herumreitend), hab ich eine Woche lang geheult.
Diese Seminarbesuche fand ich auch immer am allerschlimmsten! Hab jetzt in allen drei Seminaren einen gehabt und einer war sogar ganz nett, mit vorher über die Schulter spucken und Daumen drücken - kommt halt immer auf das Seminar an.
Nach dem ersten Jahr fand ich alles etwas leichter auszuhalten, obwohl es immer noch ätzend ist.
Im Moment bin ich im Examensstress, in der Schule stehen zwei Verabschiedungen an, zu denen ich, zum ersten Mal in meinem Leben, ein Theaterstück mit einer Klasse einüben muss, ich hab noch 6 UBs bis zum Sommer und die Prüfungsthemen sollen auch schon mal so nebenbei festgelegt werden.
Die Folge: mich nervt die Fliege an der Wand und ich habe große Probleme, die Störungen und Auffälligkeiten mancher Kinder auszuhalten. Manchmal komme ich auch aus der Schule und zweifele total an mir und daran, ob das wirklich der richtige Beruf für mich ist. Kopfweh hab ich zur Zeit auch jeden mittag.
Und das, obwohl ich mir eigentlich sicher bin, dass ich in dem Beruf richtig bin und mich bei näherer Betrachtung sehr auf die Zeit "danach" (es gibt ein Leben nach dem Referendariat!) freue.
Was ich damit dagen will, ist, dass man versuchen muss, die ganze Geschichte auseinander zu klamüsern: ist man für den Beruf nicht geeignet oder für das Referendariat?
Stress gibts später zwar auch, aber solchen, mit dem ich z. B. besser umgehen kann. Ich kann 5 Dinge gleichzeitig erledigen, Sachen organisieren, verschiedene individuell Kinder wahrnehmen, etc. Wenn mir dabei aber ständig einer bewertend oder gar abwertend über die Schulter schaut, kriege ich die Krise!
Diese Panik vor der Zukunft kenne ich auch. Bin auch 35 und meine, damit mehr unter Druck zu stehen wie die 26jährigen, die ja notfalls noch mal was Neues machen können.
Davon sollte man sich aber nicht zu sehr den Blick vernebeln lassen. Ich hab mein Abi vor 10 Jahren auf dem Hessenkolleg gemacht. In meinem Lehrgang waren einige, die damals schon Anfang 30 waren und zum Teil heute immer noch studieren, sich mal zwischenzeitlich umorientiert haben oder auch mit Anfang 40 ihr Studium abgeschlossen haben.
Gehen tut alles.
Ob nun ein Soz-Päd Studium das Richtige ist, weiß ich nicht. Es ist allerdings so, dass du dich mit abgeschlossenen Ref auf die gleichen Stellen wie die Soz-Päds bewerben kannst.
Wenn du vielleicht mal in die Richtung denkst...?
Blöderweise ist unsere Ausbildung ja erst mit dem 2. Staatsexamen so richtig komplett. Aber danach muss ja niemand in der Schule arbeiten.
Ich würde dir schon raten, durchzuhalten, wenn es irgendwie geht. Es ist gut und ok, wenn du wirklich merkst, dass der Beruf nichts für dich ist und hinterher umsattelst, aber versuch, den Abschluss zu machen!
Das ganze ist doch nur ein Possenspiel. Aufgeblasene Wichtigtuer wollen dir erzählen, wie klein und unbedeutend du bist und kritisieren dich möglicherweise in Grund und Boden.
Ich versuche ganz bewusst, dass nicht mehr zu nah an mich heranzulassen. Es klappt nicht immer, aber doch ab und zu schon ganz gut.
Ich stelle mir das alles dann auch als eine Art absurdes Theater vor - ein Stück, bei dem ich mitwirke
Die kennen dich nicht und können dich innerlich nicht treffen oder deine Persönlichkeit verletzen!
Was die fachliche Quali anbelangt: die kannst du doch erwerben! Ich stehe bei den meisten Sachunterrichtsthemen erst mal wie der Ochs vorm Berg und muss mich einlesen. Was lernt man denn schon an der Uni? Und es ist ja auch nicht damit getan, irgendwas auf Grundschulkinderniveau zu vermitteln - man muss ja als Lehrkraft die Hintergründe verstehen.
Obwohl mir das sachunterrichtsstudium Spaß gemacht hat, wurde SU in der Schule schell zum Ätzfach wegen der langen Vorbereitungszeit. Jetzt geht's schon wieder.
Mist, ich muss weg, meinen Sohn abholen. Aber das reicht ja auch erstmal
Ganz lieben Gruß,
Melosine