Beiträge von shuffner

    Alles fing damit an, dass ich nach der 10. Klasse Hauptschule überlegt habe, weiter zur Schule zu gehen. Job? Hatte ich sicher! Mediendesigner sollte es werden, Praktikum, Bewerbung, Zusage, perfekt! Und das alles ohne Abi.
    Aber es kam anders. gleichzeitig habe ich auch die Zusage eines Gymnasiums bekommen. Die Familie war natürlich klar für den weiteren Schulbesuch. Schule kann ja nie schaden sagen immer alle. Sogar der Personalchef des Unternehmens, für das ich eigentlich arbeiten wollte, riet mir erst einmal Abitur zu machen. Was haben die nur alle mit ihrer Hochschulreife.
    Gut, meine Geschwister haben es mir vorgemacht, ich musste nachziehen. Ein guter Freund in der Hauptschule schloss exakt in dem Jahr seine Ausbildung zum Elektroniker ab, als ich so grade mein Abi mit 104 von mindestens 100 Punkten fabrizierte.
    Das hätte ich auch haben können: 900€ im ersten Lehrjahr sagte man mir. Und dann 100 pro Jahr drauf. Ich aber habe Abi gemacht. Wollte Lehrer werden. Wollte ich das überhaupt? Oder war das eher der Wunsch meiner Eltern.
    Lehrer --> Beamter = sicherer Job bis an mein Lebensende.
    Mein Lebensende? Schon nach dem ersten Pflichtpraktikum konnte ich das ausschließen. Höchstens 20 Jahre gab ich mir. Aber in der heutigen Zeit ist man ja eh flexibel. "Niemand hört mehr mit dem auf, mit dem er angefangen hat." sagte mein Vater immer.
    Na gut, das mag sein, aber sonderlich Motivation kommt bei dem Gedanken bei mir nicht auf. Leider stand es finanziell nie gut um mich. Ich bin nicht so der sparer. Und das Studium hat ja den Enormen vorteil, dass man kein Geld dafür bekommt, im Gegensatz zu anderen Ausbildungen. Nach 2 Jahren Studium, das eher weniger erfolgreich so langsam seine Bahn in Richtung des angestrebten Ziels zog, bat ich meinen besten Kumpel von damals um ein wenig Geld. Kein Problem, sagte der, er habe ohnehin grade 15000 Euro gespart und wisse garnicht, wie er das alles ausgeben kann.
    Oh man. soviel Geld habe ich noch nie besessen, ganz im Gegenteil bewegte ich mich seit geraumer Zeit (2 Jahre) im Dispo. Wenn ich mal auf Null war, freute ich mich wie ein Schneekönig - endlich wieder Geld.
    Und jetzt kommen sie erst richtig durch. Die Zweifel. Bin ich wirklich Lehrer. Will ich das werden? Kann ich das? Oder werde ich nur einer von diesen Wracken, die den Kindern das Leben schwerer machen, als es ohnehin schon ist? Zugeschüttet von Lehrplänen, die irgendwelche Sesselpupser ausgearbeitet haben ohne davon praktische Ahnung zu besitzen? In Schulen deren Bezüge gekürzt werden? In einem Land, das Hauptschulen in "Mittelschulen" umbenennt, mit dem eigentlichen Ziel dem "gemeinen Volk" einzureden, die Hauptschule gäbe es nicht mehr? Mein Hass wurde immer größer. Auf Bayern, auf Deutschland, auf das Bildungssystem, auf die Scheiß-egal-Einstellung, die unsere Bildungspolitik den Jugendlichen Tag für Tag vorlebt, auf die Leisungsgesellschaft, auf die Pisa-Studie, deren eigentlicher kommerzieller Sinn in der Hintergrund geraten ist.
    Jetzt sitze ich hier. Knapp 24 Jahre alt. Nichts in der Hand, nichts abgeschlossen. Nur mein verdammtes Abi. Und mein Kumpel? Mitten im Leben, hat einen Beruf und verdient jetzt so viel wie ich mit meiner höchsten Beförderungsstufe. Ich könnt kotzen. Hätt ich bloß kein Abi gemacht.

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