Ich hoffe, ich kann dir, bei deiner sehr offen formulierten Frage, weiterhelfen. Ich habe mein Referendariat an einer Grundschule absolviert und bin an einer Förderschule ES eingesetzt.
In der Grundschule hatte ich vor allem den Lehrplan im Blickfeld. Alles musste behandelt werden. Und zwar so intensiv und gut wie möglich.
An der Förderschule geht das auf Grund der Jahrgangsmischung eh nicht. Der einzelne Schüler rückt in den Mittelpunkt. Was kann er und was braucht er um in einer Außenschule wieder Fuß zu fassen?
Wenn man sich diese Frage stellt fällt auf, dass er weniger die Inhalte in Musik, Sport, Sachunterricht, Kunst beherrschen muss. Diese wähle ich nach den Bedürfnissen der Lerngruppe und nicht nach dem Lehrplan aus. Und zwar so, dass die Schüler etwas für ihr weiteres Leben mitnehmen können.
Bei uns gibt es keinen Schulgong. Ich habe keinen festen Stundenplan. Wenn die Schüler eine längere Pause brauchen, dann gebe ich sie ihnen, oder auch mir.
Wir können ganzheitlicher lernen. Ich habe keinen Jahresarbeitsplan und auch keine Trimesterpläne. Mein Wochenplan hat zu Wochenbeginn große Lücken, da ich bereits weiß, dass wir davon abkommen werden. Wir machen viele Ausflüge, in Museen, die Lebenswelt oder in die Natur.
Ich kenne meine Schüler richtig gut. Wenn sich einer in die Ecke legt, weil er schlecht geschlafen hat oder ihn andere Probleme quälen, dann ist das so. Es gibt keine allumfassenden Regeln. Bei einem Schüler wird eine Regel eng ausgelegt, beim anderen existiert sie nicht. Ein Schüler muss seine Hausaufgaben ordentlichst abgeben, beim anderen bin ich zufrieden, wenn er seine Hausaufgabe versucht hat zu bearbeiten. Einer bekommt mehr auf als der andere. Und das wird von der Gemeinschaft akzeptiert. Jeder steht an einem anderen Punkt in seinem Leben und kann unterschiedlich viel leisten. Bei einem streiche ich das Geschriebene durch, weil es unordentlich ist, beim anderen würde ich unter dem gleichen Eintrag ein Lachgesicht malen.
Von Diagnostik habe ich keine Ahnung und bin in der glücklichen Lage, dass alles durch Psychologen abgeklärt wird.
Meine Aufgabe ist es, dass die Schüler den Stoff der Hauptfächer, soweit möglich, können und das Leben so umfassend wie möglich wertschätzen und sich in ihrem Leben zurechtfinden können.
Ich unterrichte Schüler mit realistischen Noten (das sind diejenigen, die alsbald umgeschult werden sollen) und solche mit pädagogischen Noten, die die Anstrengungsbereitschaft miteinbezieht. Ich habe auch Schüler ohne Notengebung. Und somit kann ich ihnen beibringen, was für den Einzelnen von Bedeutung im Augenblick ist.
Als Sonderpädogoge hat man das Kind im Vordergrund. In der Regelschule versucht man das Kind so weit wie möglich wahrzunehmen, hat aber den Lernstoff notwendigerweise mehr im Blick.
Hier ein Beispiel:
Im Lehrergespräch mit der Lehrerin meines Kindes hat diese erst nach drei Monaten nach der Einschulung erfahren, dass es schon im Zahlenraum bis 1000 recht sicher ist und auch noch größere Zahlen lesen kann. Sie war total erstaunt, differenzierte jedoch nicht. Wäre ich an ihrer Stelle in der Regelschule, dann wäre es mir ähnlich ergangen und auch ich hätte keine zusätzlichen Möglichkeiten noch ein Kind extra zu fördern.