Es gibt natürlich einfachere und schwierigere Sprachen, klar. Wusste gar nicht, dass Du auch Finnisch und Ungarisch gelernt hast. Ich dachte du hättest einfachere Sprachen studiert?!
Man kann Sprachen auch lernen, ohne sie zu studieren. Das mal vorne weg. ich spreche allerdings weder Ungarisch noch Finnisch, aber um die Struktur einer Sprache zu beschreiben, muss man sie überhaupt nicht sprechen, nicht mal verstehen.
Ich sag ja nicht, dass jedem guten Mathematiker das sofort alles logisch ist. Aber nach eingehender Beschäftigung, sagen wir mal extrem gesagt, nach mehreren Jahren intensivem Studium würde man diese Grammtik doch wohl irgendwann mehr oder minder komplett verstehen?
Was ist aber mit der Mathematik? Ist diese erschöpflich?
Du scheinst wirklich überhaupt nicht zu wissen, was man in einem Sprachstudium eigentlich macht. Grammatik, wie sie in der Schule gemacht wird, also deren Beherrschung, hat in der Zeit meines Studiums in Spanisch z.B. 5 SWS ausgemacht (wenn man vom Erlernen des Spanischen am Anfang des Studiums absieht), in Englisch 4 SWS. Und das waren auch so ziemlich die leichtesten Kurse. Aber wenn du dich auf das Englische so gut verstehst, kannst du mir ja sicher gleich mal erklären, auf wie viele Arten man im Englischen das Futur ausdrücken kann?
Rechnen wir mal folgendes: Wir schreiben das Jahr 2200 nach Christus, die Mathematik oder Physikforschung und die Romanistik haben seit 2012 noch einmal ordentlich weitergeforscht. Sind dann die Inhalte der Romanstik immer noch gleich kompliziert wie die Physik des Jahres 2200?
Die Sprachen existieren doch schon seit so vielen Jahren relativ unverändert, während die Naturwissenschaften immer komplizierter werden. Mit jeder Publikation in Mathematik oder Physik wird es immer schwieriger, das überhaupt noch nachzuvollziehen.
Du möchtest mir also weismachen, dass sich eine Sprache in 200 Jahren kaum verändert? Sprechen wir von der Sprache als Untersuchungsgegenstand, dann ist das schon einmal grundsätzlich völlig falsch. Im Jahre 1100 hatte das Englische noch 5 Kasus, im Jahr 1300 waren davon noch zwei übrig geblieben. Außerdem war der Wortschatz 1100 konsoziiert, 1300 dissoziiert. Der Wortschatz 1100 zum großen Teil germanisch, 1300 zum großen Teil romanisch. usw.usf. Außerdem entwickelt sich die Erforschung des Untersuchungsgegenstandes Sprache rasant weiter. Anfang des 20. Jahrhunderts kam der Durchbruch der modernen Sprachwissenschaft - und schon jetzt ist wieder alles anders.
Mein Englisch ist relativ gut auch ohne Englischstudium und ich verstehe Publikationen in Anglistik, zumindest in Grundzügen. Habe beispielsweise mal was nachgeschaut für eine Diskussion über Shakesperarean English, weil mich dieses "alte Englisch" sehr reizt. ("Hast thou seen thy teacher?" usw.)
Es war natürlich nicht immer 100 % verständlich, aber ich denke ich habe den Großteil der Publikation verstanden. Versuch auch mal nur eine einzige Publikation in Mathematik zu begreifen? Du würdest das auch mit 5 Monaten Einarbeitungszeit nicht schaffen ohne Studium!
Das heißt nicht Shakespearean English, um damit schon mal anzufangen. Wenn du etwas über "Shakespearean English" nachgeschaut hast, dann war es jedenfalls keine sprachwissenschaftliche Publikation, weil sich im Leben kein Sprachwissenschaftler trauen würde, diesen falschen Begriff für das Frühneuenglische zu verwenden. Genauso wie es kein "Oxford English" gibt.
Sagen wirs doch mal so:
Ohne Englisch Studium werde ich (es sei denn ich bin biligual, dann muss ich nicht studieren) nicht so fließend Englisch sprechen, mich so gut ausdrücken können und den Wortschatz haben von jemandem, der Englisch studiert hat. Intellektuell nachzuvollziehen ist das in der Regel aber schon, was diese studierte Person da macht. Die Grammatik usw. kann ich auch nicht in allen Details, traue mir das aber durchaus zu relativ schnell intellektuell zu durchsteigen. Auch den subjonctif.
Komisch, den gibts auf Englisch nämlich gar nicht.
Um das Sprechen der Sprache geht es im Studium doch kaum, das soll zwar noch verfeinert werden, nimmt aber eine relativ marginale Stellung ein. Fürs Lehramt Gymnasium hier in Bayern entfallen auf die Sprachpraxis (also inkl. Schreiben und Übersetzen) im Laufe des Studiums gerade mal 16-18 SWS, so in etwa. Und in etwa 70-80 sind pro Fach empfohlen fürs Staatsexamen insgesamt.