Darauf gibt es meiner Ansicht nach keine allgemeingültige Antwort. Ich hatte in meinen Lehrproben gute Noten, obwohl ich sie auch zu einer Zeit ablegte, in der keine Lehrer benötigt wurden und der Einstellungsschnitt bei 1,52 lag.
Ich fühlte mich gerecht behandelt (auch die eine oder andere nicht gar so gute Note konnte ich nachvollziehen) ... andere Refis in meinem Seminar fühlten sich ungerecht behandelt. Meine Seminarlehrerin in Geschichte wollte garantiert nicht, dass man ihr nach dem Mund redet, mein Englischseminarlehrer auch nicht ... in anderen Fächern klagten Mitrefis genau über dieses Problem.
Ich habe keine Seminarlehrer erlebt, die Refis "klein machen", damit man sie nicht einstellen muss (den Seminarlehrern war die Einstellung der Refis entweder total egal oder sie "litten" mit den Referendaren und empfanden das Verhalten des Kultusministeriums als unfair). Ich habe aber durchaus auch mich betreuende Lehrer erlebt (kein Seminarlehrer, ein Betreuungslehrer), die anscheinend sich selbst besser fühlten, wenn sie andere runter machten ...
Wer gute Noten bekommt, neigt dazu, sie als fair und verdient zu empfinden ... wer schlechte bekommt, fühlt sich schnell unfair behandelt.
Es gibt Leute, die hatten im Referendariat massive Probleme (und es lag nicht immer nur an den Seminarlehrern) ... und andere kamen ziemlich gut durch diese Zeit.
Zum Argument, dass Kollegen eine Stunde mit 1 oder 2 bewerten und die Seminarlehrer dann mit 3 oder 4: Das tun wir Lehrer doch ständig ... welcher Englisch- oder Deutschlehrer hatte noch nie den Fall, dass ein Schüler bei ihm schlechtere oder bessere Noten bekam, als beim Kollegen letztes Jahr?
Wichtig wäre in dem Fall, dass die Leute, die die Noten vergeben, vorher ihre Kriterien offen legen und sich dann nach denen richten ... dann kann man nämlich vorher schon sehen, dass das vielleicht andere Kriterien sind, als die vom Kollegen X.
Ich habe auch schon erlebt, dass man
a) den Entwurf gar nicht so genau anschaut und dann halt recht positiv rückmeldet
b) den Refi nicht entmutigen will
c) der Entwurf super ist, aber die Umsetzung in der Lehrprobe nicht.