Aus meiner Sicht zum Thema:
Positiv ist, dass es weniger Nachmittagsunterricht gibt und tatsächlich auch in einigen Jahrgangsstufen / Fächern (nicht in allen!) weniger Stress mit dem Lehrplan.
Negativ aus meiner (subjektiven) Sicht ist tatsächlich auch, dass die zweite Fremdsprache weiterhin schon in der 6. Klasse beginnt. Seit das mit dem G8 so eingeführt wurde, haben wir mehr SchülerInnen mit Problemen in Französisch/Latein, und sogar auch in Englisch (erste Fremdsprache).
Zur generellen Leistungsfähigkeit der SchülerInnen: Ich gehöre auch zu denen, die meinen, fest zu stellen, dass Lesen/Schreiben und Verstehen generell schlechter geworden ist, dass Bildung kein so hohes Ziel mehr ist, dass es weniger Motiviation, Ausdauer, Konzentratinsfähigkeit gibt. Das kann aber auch daran liegen, dass mit dem G8 der Übertritt ans Gymnasium für alle propagiert wurde (und mit dem G9 hat sich das nicht geändert). Wir haben Übertrittsquoten von 42-45% und daher einige SuS am Gymnasium, die an anderen Schulen evtl. besser aufgehoben wären. Das ist mit dem G9 eher noch "schlimmer" geworden, denn nun ist das Gymnasium ja angeblich wieder "entspannter".
Ich habe dieses Jahr eine 9. Klasse (G9 - der erste Jahrgang) in Englisch und Geschichte ... und bei denen ist es einfach nur toll, zu unterrichten. Interessiert, motiviert, (nett) ... einige sind etwas schwächer, werden das Gymnasium nur mit Mühe schaffen, aber der Großteil ist im sehr guten / guten Bereich (ähnliche Rückmeldung höre ich von der Klassleitung, die Latein in der Klasse unterrichtet).
Gleichzeitig habe ich eine 10. Klasse in Englisch (letzter G8 Jahrgang) ... und über die kann ich genau das Gleiche schreiben.
Mein Q12 Geschichtskurs (G8) ist lahm, vorwiegend schweigsam / unmotiviert.
Mein Q11 Geschichtskurs (G8) ist ein Traum ... vor lauter interessanten Diskussionen (mit tollen Beiträgen, absolut zu den Themen passend) muss ich manchmal etwas aufpassen, dass wir den Stoff schaffen ... da wissen sogar noch einige SuS den Stoff aus der 8./9./10. Klasse im Detail.
Andererseits: Ich habe drei 8. Klassen (G9) in Geschichte. Die sind sehr heterogen. Viele schwächere SuS, viele etwas weniger motivierte, da hapert es auch beim Lesen / Schreiben ... aber es sind auch viele aus Elternhäusern mit Migrationshintergrund (und das ist erst einmal völlig in Ordnung) ... das war "früher" anders.
Und: da schlägt halt auch die Pubertät voll durch - früher ging die meist erst in der 9./10. Klasse so richtig los. Das spielt jetzt sicher auch eine Rolle.
Ja, generell bin ich immer noch der Ansicht, dass auch die guten Klassen mit Schreiben und Lesen mehr Probleme haben, als SuS vor 10-15 Jahren.
Dafür diskutieren sie besser ... erstellen bessere Präsentationen (das ist natürlich jetzt verallgemeinert: natürlich gibt es SuS, die sehr gut schreiben und beim Lesen auch alles verstehen ... und es gibt welche, die nicht diskutieren können bzw. deren Präsentation ein Graus ist).
Ich würde mir eher wünschen, dass - wenn man das dreigliedrige Schulsystem schon fährt - man wieder mehr darauf achtet, die passende Schule für ein Kind zu wählen, damit es nicht überfordert wird.