Hallo menell,
ich denke, dass du zur Zeit noch zu wenig Autorität ausstrahlst. Damit meine ich nicht, autoritär zu sein. Mir ging es damals im Referendariat ähnlich, dass mir eine Musikklasse nur auf dem Kopf herum tanzte. Es ist schon ein guter Ansatz, zu warten, bis alle auf dich reagieren. Natürlich geht dafür einiges an Zeit drauf, bis man mit dem eigentlichen Unterricht anfangen kann. Trotzdem würde ich lieber JETZT die Zeit investieren, denn sonst kann es passieren, dass solche eingefahrenen Schienen kaum noch zu beheben sind.
Eine Ampel und ähnliches ist sicher sinnvoll, funktioniert aber auch manchmal nur, wenn die Kinder dich als "Lehrerin" ansehen. Ist denn deine Lehrerin oft mit dabei? Meist reagiert man auch dadurch unsicherer, weil das Gefühl bleibt, man ist ja noch "Auszubildende". Ist man allein, hat man auch zu kämpfen, tritt aber anders auf.
Kannst du deinen Störenfrieden nicht spezielle Aufgaben geben? Es hilft manchmal sogar, wenn man spontan welche erfindet und es ihnen schmackhaft macht. Sitzkissen wegräumen oder so etwas. Sei es bloß das Zumachen der Tür oder ähnliches. Dann sind sie für einen Moment abgelenkt. Ein kurzes Lob natürlich nicht vergessen, auch wenn man manchmal vielleicht innerlich "kocht".
Ich muss sagen, ich begrüße es, wenn die Kinder viel laufen. Nicht zu verwechseln, dass sie dabei laut redend durch die Klasse gehen. Aber ich lasse sie oft was holen, wegbringen, sie dürfen zu mir nach vorn kommen, wenn sie Fragen haben. Das bringt zwar auch eine Art von Unruhe mit sich, aber nicht die du beschrieben hast. Ich finde, durch viel Bewegung "staut" sich innerlich nicht so viel auf.
Besonders die Sitzkreise werden in der 1.Klasse unterschätzt. Man selber empfindet es noch gar nicht so lang, aber 5min können für die Schüler schon eine Ewigkeit sein. Anstrengend ist es für Erstklässler auch, über das Verhalten zu reden, zuzuhören, was man darf und was man nicht darf. Bei mir hat geholfen, dass ich mich manchmal in der Woche nur auf EINE Regel beschränkt habe. Z.B. Wir melden uns! So lange besprochen und darauf geachtet, bis sie den Sinn verstanden haben. Dann die 2. dazu genommen oder eine andere ausgewählt, je nach dem, wie die Klasse einzuschätzen war.
Derzeit habe ich eine 1. Klasse, wo ich direkt am ersten Tag eingeführt habe: Wenn ich den Zeigefinger auf den Mund mache und die andere Handfläche hebe, machen die Schüler ihre Hand hinter ihr Ohr. Das heißt, Achtung, die Lehrerin hat etwas Wichtiges zu sagen. Sicher wirkt es anfangs etwas "affig", zumal man die Geste ständig machen muss. Jedoch habe ich jetzt schon den Erfolg, dass sie mir bei wichtigen Sachen "ihr Ohr schenken".
Versuche für dich eine Linie zu finden und bleib erst mal dabei. Es bringt nichts, wenn du heute die Ampel ausprobierst und nächste Woche eine Regelverstoßkiste einführst. Es ist mühsam, durchzuhalten aber bleibt man dieser auserwählten Methode treu, die auf diese eine Klasse passt, ist es erfolgsversprechend.