Hallo blue_airplane,
ich kann dir die Situation sehr gut nachfühlen: Vor nem halben Jahr war ich genau in derselben Situation und gebe seit Februar eigenverantwortlichen Unterricht an einer Hauptschule.
Zunächst mal: Im Moment ist mir mein eigener Unterricht lieber als der Unterricht, wo noch jemand hinten drin sitzt. Zum einen hab ich da ne realistische Situation (Denn die Schüler sind immer leiser, wennd er Fachlehrer noch dabei ist) und ich kann auch mal Sachen ausprobieren ohne dass das etwas konservative Kollegium sich auf die Zehen getreten fühlt. ;o)
In der ersten Stunde in meiner eigenen Gruppe passierte folgendes: Eine Schülerin quatschte ständig mit ihrer Nachbarin und hörte auch nach einigen Ermahnungen nicht auf. Als ich sie etwas nachdrücklicher ermahnt habe kamen von ihr dann Kommentare á la: "Von ihnen lass ich mir eh nix sagen." "Warum soll ich denn auf sie hören?" "Sie sind doch eh noch keine richtige Lehrerin!" Als ich sie dann daraufhin rausschicken wollte, weigerte sie sich zu gehen. Daraufhin hab ich dann die Schulleiterin geholt und die hat sie dann erstmal rausgenommen, mit ihr geredet und dann für den Tag nach Hause geschickt.
Was passierte danach: Ich hab mit der Gruppe nochmal ein kurzes Gespräch geführt darüber und auch später nochmal mit der Schülerin. Sie ist inzwischen eine der Besten und Eifrigsten und auch mit dem Rest der Gruppe hatte ich nie wieder Schwierigkeiten. Der Unterricht macht sowohl mir als auch den Schülern sehr viel Spaß.
Warum schreibe ich das? Weil es wirklich wichtig ist, am Anfang klare Grenzen aufzuzeigen und diese auch einzuhalten. Die Schüler testen am Anfang immer aus, wie weit sie gehen können und wenn du dann nicht irgendwann sagst: Bis hierher und nicht weiter, werden sie immer weiter gehen. Hätte ich der Schülerin das durchgehen lassen, hätte sie immer mehr ausprobiert und die anderen Schüler hätten mich auch nicht mehr ernst genommen. Es ist einfacher am Anfang klare Grenzen zu setzen und dann nachher wieder etwas lockerer zu werden als anders herum.
Was auch ganz hilfreich und wichtig ist: Den Schülern erklären, warum du das so möchtest und eventuell - je nach Klasse - auch gemeinsam erarbeiten. Aber: Nicht immer wieder in endlose Diskussionen verwickeln lassen. Die Regeln stehen irgendwann und dann müssen sie sich auch dran halten und du musst es nicht noch 5 mal erklären, jedenfalls nicht in der Stunde, sondern - falls nötig - nach der Stunde.
Und: Klare Regeln und konsequentes Handeln schließen den guten Draht zu den (schwierigen Schülern) keineswegs aus. Man kann sehr wohl beides machen und fährt auch - meiner Erfahrung nach - ganz gut damit. Man darf nur nicht 'zu nett' werden und den Schülern alles durchegehen lassen...
Was die Systeme angeht: Ich würde mich vorher erkundigen, wie genau das andere Lehrer in der Klasse machen. Je nachdem wie viel Unterricht du in der Klasse hast, kann es schwer sein, da was komplett neues einzuführen. Und grad jüngere Schüler tun sich oft schwer damit, sich so umzustellen. Das muss natürlich nicht heissen, dass du es 1:1 übernehmen musst, aber vielleicht kann es als Anregung dienen.
Viele Grüße
Shada