Hallo,
klingt alles sehr gut, aber dabei wird leider (und gerne) übersehen, das auch Seminarleiter/innen, Fachleiter/innen und Schulleiter/innen alle nur Menschen sind, d. h. sie beginnen den Tag mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Zielen und bei einigen spürt man eben, das sie private Probleme mit in ihren Beruf nehmen. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Jede Bewertungs- und Beurteilungsphase, die einem Menschen übertragen wird, steht in Abhängigkeit von anderen Menschen, bzw. in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation, dem individuellen Befinden und der Umgebung. Die Annahme im Seminar, man würde objektiv den Unterricht beurteilen, ist schon ein falscher Ansatz, denn alles was eine Person (selbst wenn sie in der Gruppe anwesend ist) wahrnimmt, ist subjektiv und selbst der Dialog mit anderen Prüfern oder Beobachtern ist lediglich eine Ansammlung von subjektiven Sichtweisen, die damit nicht automatisch objektiv werden oder für sich in Anspruch nehmen, eindeutig und richtig zu sein. Dazu müsste man die Beobachtung Computern überlassen, die nach bestimmten Kriterien eine Situation erfassen, analysieren und auswerten. Doch als Mensch, ist man außer Stande, Faktoren wie die Emotionen auszuschalten, die jedoch mit zu dem Ergebnis beitragen, um das es dem Prüfling geht.
Somit wird ein Beratungsgespräch am Ende einer Unterrichtsstunde nicht nur auf der Grundlage von subjektiven Beobachtungen geführt (die durchaus eine professionelle Sicht der Dinge für sich in Anspruch nehmen können), sondern ebenfalls auf der emotionalen Ebene, die sich weder steuern noch kontrollieren lässt. Wenn einem Seminarleiter die Nase eines Prüflings nichts passt, dann ist das kein Vorwurf, aber ein Faktor, der bei einer persönlichen Beurteilung seinen Einfluss finden wird, auch wenn der Seminarleiter Argumente findet um diesen Verdacht nicht aufkommen zu lassen.
Insbesondere die Einflüsse von Sympathie und Antipathie können auf ein Ergebnis großen Einfluss haben. Kein Schüler wird zum Lieblingsschüler nur aufgrund guter Leistungen! Wenn die "Chemie" nicht zwischen den Personen funktioniert, dann nützen die besten fachlichen Voraussetzungen nichts um ein gutes Ergebnis zu garantieren! Die sachliche Ebene wird gerne missbraucht, um emotionale Widerstände in Worte zu fassen. Das berühmte Fingerspitzengefühl ist sicher nur bei wenigen Menschen ausgeprägt, denn jeder ist sein eigener Diplomat und nimmt kein Blatt vor dem Mund um den Prüfling zu schonen, selbst bei Fehlern nicht, die offensichtlich wären. Ein bisschen mehr Diplomatie wäre deshalb hilfreich.
Zwar behaupten alle Prüfer immer, sie wären neutral in ihrer Beobachtung und Beurteilung aber man sollte auf die Nuancen achten, wie man auch ohne Worte auf die Personen wirkt. Gut zu beobachten im Studienseminar, wo es die Teilnehmer gibt, die den Seminarleitern ständig widersprechen und Anwärter vertreten sind, die an den Lippen der Seminarleiter hängen.
Keine Frage, wer im Laufe der Ausbildung das Rennen macht und wer sich steigern muss um überhaupt noch im Rennen zu bleiben. Man sollte ein guter Schauspieler sein, denn jede Situation verlangt eine andere Rolle. Authentisch zu agieren, ist und bleibt der Wunsch vieler Lehrer, doch wer kann schon von sich behaupten authentisch zu sein, wenn doch jede Situation eine Anpassung erfordert und jeder Mensch, dem man begegnet anders auf einen reagiert? Wunschdenken, wenn auch als Ziel erstrebenswert. Doch von den emotionalen Einflüssen kann sich niemand frei sprechen, solange es keine Computer übernehmen, einen Unterricht zu bewerten. Und vergessen wir bitte nicht den beliebtesten Faktor, der stets seinen Einfluss ausübt: Das Glück -- oder ist es Schicksal?
Es kommt wie es kommt, oder wie es kommen muss? Keine Ahnung, aber wer annimmt, das eine Showstunde als UB hilft, der sollte auch an das denken, was eventuell schief gehen kann. Es macht einen Unterschied, ob der UB am Montag um 8.00 Uhr beginnt und der Fachleiter ohne Frühstück den Weg zur Schule nicht rechtzeitig findet oder ob die Stunde gegen Freitag Mittag stattfindet, wo der knurrende Magen der Gäste gefüllt ist und das Blut in den Magen gepumpt wird, damit der Kopf Pause machen kann. Eingeschlafen ist bisher zwar noch niemand, doch das hat nichts mit dem Unterricht zu tun, sondern ist ein Prozess, der nach dem Essen immer stattfindet und welcher auf das Wohlbefinden der Zuschauer einen großen Einfluss hat. Die falsche Kaffee-Sorte, saure Milch oder einfach nur billige Plätzchen tragen zur positiven oder negativen Stimmung einer Nachbesprechung bei. Man achte also darauf, dass die Gäste die volle Aufmerksamkeit erhalten, die der Sache förderlich wären.
Viel Spaß bei den kleinen, aber wichtigen Dingen im Leben, die eine Situation stets beinflussen!
Beatrice