Beiträge von robischon

    nicht am nächsten Tag, auch nicht am übernächsten
    Kennst Du den Artikel "Vom Übergang zur Freiheit?"
    Der Junge hat ein Jahr gebraucht.
    Ich hab immer mit mindestens 3 Monaten gerechnet, wenn ein Kind neu dazu kam.
    Sind Lehrer zu ungeduldig?
    Dann dürften sie nicht als Gärtner arbeiten.
    Kinder die mit Mathe so schlechte Erfahrungen gemacht haben, lass einfach bauen mit Holzklötzen oder mit Steckwürfeln oder den Geoclix von Spectra. Oder gib ihnen mein Material zur Mathematik. Das gibt es vielleicht noch bei ebay oder amazon.

    dass es Kinder gibt, die schlichtweg überfordert sind, wenn sie ihr Lernen selber organisieren sollen
    Glaub ich nicht.
    Es gibt sicher jede Menge Kinder denen das nicht zugetraut wird, die das überhaupt nicht kennen, die es einfach nicht dürfen.
    Wenn ein Kind sich beim lernen verheddert, sich nicht zurechtfindet, keinen Weg findet, dann kann es den erwachsenen Menschen der sein lernen begleitet, jederzeit fragen.
    Wie oft haben Kinder mich gefragt: Was muss ich da machen.
    Meine Antwort war immer: Was kannst Du da oder damit machen?
    Oder ich hab das genommen, woran das Kind gearbeitet hat und hab weitergemacht, bis es "ah" gemacht hat. Und es hat seine Arbeit sofort zurückbekommen.

    schön klingende Phrasen
    So wird gerne gebremst: Klingt schön, aber...meine Kinder können das nicht...
    Eine meiner Kolleginnen las tatsächlich mal in einem Buch von mir, meinte dann, es wäre schön wenn man so arbeiten könnte und hatte nicht wahrgenommen, dass ich das längst tat.
    Sie hatte nur gemerkt, dass man sich mit sowas das Schulamt auf den Hals holte und davor haben viele panische Angst.
    Haben Kinder mit sehr niedrigem IQ keine eigene Meinung und keinen eigenen Willen? Ich hab da andere Erfahrungen.

    Ärgerlich
    einen Kompromiss zwischen den beiden völlig unterschiedlichen Umgangsweisen mit dem Lernen und mit Kindern gibt es wohl nicht.
    Man kann nicht einem Kind erlauben immer mit den anderen zu reden. Und dann immer wieder einmal das reden verbieten.
    Man kann nicht sagen, es sei verboten ein Kind bei der Arbeit zu stören.
    Und es dann immer wieder einmal als Lehrer dabei stören.
    Man kann sich nicht dafür entscheiden, lernen zu lassen und dann doch immer wieder belehren.

    Das was in vielen Schulen als Freiarbeit angeboten wird ist etwas anderes als selbstbestimmtes Lernen.
    Aber freies Lernen ist natürlich auch eine Unterrichtsform
    Selbstbestimmtes Lernen ist keine Unterrichtsform. Es ist eine andere Einstellung zu Lernen und zu Kindern als in Pädagogik und Didaktik üblich.
    Ich bin zu meiner Arbeitsweise geraten, weil ich eine Fibel herstellen wollte. Jedes Jahr gibt es zahlreiche "neue" Fibeln und schließlich bin ich Zeichner und hatte schon etwas hergestellt zum Rechtschreiben und zur Grammatik (das gibt es immer noch).
    Und meine Fibel sollte keine Erklärungen und Anweisungen brauchen. So wurde sie dann auch, als Kopiervorlagen. Inzwischen sind davon nur noch kleine Lernhefte übrig, weil Lehrerinnen nicht gerne auf Erklärungen, Einführen und Anweisungen verzichten. Die Lernhefte sind dann Zusatzmaterial oder sind für Kinder die alles andere verweigern.
    Und dann hab ich mich jede Woche in den Kindergarten gesetzt und kleinen Kindern einfach zugeschaut und zugehört.
    Und so entstand dieser Umgang mit dem Lernen, von den Schulbehörden misstrauisch abgeschottet und ständig kontrolliert. In Schulservern etlicher Länder ist inzwischen auf meine Arbeit hingewiesen, in Baden-Württemberg gibt es mich nicht. (Hier bin ich allerdings auch als GEW Cartoonist besonders suspekt.)
    In zweihundert Jahren ist sowas vielleicht selbstverständlicher Alltag in Kinderlernhäusern und in Seminaren an Hochschulen.
    Ich hab nicht erfunden, wie man Kinder erfolgreich zum Lernen bestimmter Fertigkeiten und Zusamenhänge veranlasst, sondern nur gehört und gesehen wie sie das machen. Jedes etwas anders. Miteinander besonders erfolgreich. Eins meiner ersten Zitate dazu war: "Kinder lernen nicht in kleinen Schrittchen, nicht der Reihe nach, nicht gleichzeitig und schon gar nicht das Gleiche."(Robischon 1988 )
    Unzählige Lehrerinnen und Lehrer verschleißen sich bei dem Bemühen, genau das Gegenteil erreichen zu wollen. Und denken nach über pädagogische Maßnahmen. Wie bringt man 28 kleine Kinder gleichzeitig zum Schweigen und Zuhören? Wie führt man den Buchstaben W ein?

    passt nicht in den deutschen Schulalltag
    Danke Monika.
    Sunny meint, mein Lehrstil passt nicht in den Schulalltag.
    Welchen Schulalltag.
    Da draußen außerhalb der Klassenzimmertür hat sich schon allerhand bewegt.
    Da gibt es schon eine Weile die TQSE, ein Papier der Uni Bremen für die Schuleingangsphase in Thüringen.
    http://www.tqse.uni-bremen.de/…ten/bestandsaufnahme.html
    In verschiedenen anderen Bundesländern ist da auch allerhand in Bewegung. In Ulm und hier etwa 1 Kilometer von meinem Haus gibt es Lernumgebung für Kinder ab drei Jahren, Kindergarten und Grundschule ohne Übergang. Da kann es sowas wie einen Lehrstil und Wissenvermittlung mit Erklärung, Anweisung, Auftrag und Kontrolle mit Bewertung nicht mehr geben. Keine Ostereierpädagogik mehr.
    Vor Jahrhunderten hat schon mal jemand gesagt: Wenn die Lehrer aufhören zu lehren, können die Schüler endlich lernen.

    Hospitieren?
    Ja das konnte man jederzeit, auch als die Behörden mir es verboten hatten.
    Du hättest ja doch nicht geglaubt, was da zu sehen und zu hören war.
    Ich hab ca. 18 Jahre von meinen 40 Dienstjahren so gearbeitet. Es kamen viele Besucher.
    Einen der Berichte kannst Du ja mal lesen
    http://www.rolf-robischon.de/besuchausbasel.htm
    Meine Antworten auf diese Fragen zu massiven Unterrichtsstörungen können jemanden wie Dich natürlich nicht zufriedenstellen. Du müsstest dazu ja Deinen Umgang mit dem Lernen und deine Einstellung zu Kindern verändern. Wer will das schon.
    Also bleiben die Probleme in so vielen Schulklassen: Nur die restlichen Schüler würden weiterwüten und für die rund 15 Kinder, die vielleicht lernen wollen würden, wird dies unmöglich.
    Bei mir kannst Du nicht mehr hospitieren. Wie wäre es mit der Freien Schule Kapriole, dem Kinderlernhaus in Freiburg-Ebnet, der Freien Schule Dreisamtal, der Reformschule Heidelberg.....?

    Jetzt fass ich einfach mal zusammen.
    Da kommen immer wie Fragen mit "Ja aber was ist wenn...?
    Und Misstrauen und Vorhaltungen.
    Störungen gibt es, wenn Inszenierungen unterbrochen werden.
    Zu spät kommt ein Kind, wenn ein Verfahren einen Anfang und ein Ende hat.
    Sonnenscheinpädagogik könnte man eine Pädagogik nennen, die besonders erfreulich ist und bei der es in den Inszenierungen keine Unterbrechungen gibt. Bei der Kinder tun was man von ihnen will.
    Das wovon ich schreibe ist nicht Pädagogik und nicht Didaktik.
    Es ist Epistemologie (Die Lehre davon wie ein Mensch zu Wissen kommt) und Mathetik (Die Kunst lernen zu lassen).
    Lernen fängt nicht an und hört nicht auf. Es gibt nur unterschiedliche Orte und Gelegenheiten dafür. In einem Schulzimmer und einer Schulumgebung wie ich sie hatte, gab es reichlich Gelegenheiten. Dagegen wehren sich Kinder nicht. Das können alle Kinder. Kürzlich hab ich gesehen, dass die Grundschule für die ich mal zuständig war eine Rollstuhlrampe bekommen hat, endlich. Es sind noch gar keine Rollis da. Sie könnten auch kommen.

    Ich hab einen Schreib- und Lese-Anfang entwickelt, bei dem Kinder Wörter in Großbuchstaben sehen mit dem Bild (Zeichnung) dazu. Die Wörter können Schulanfänger schreiben. Ausländerkindern konnte ich dazu sagen, wie das Wort gesprochen wird. Die anderen Kinder sprechen es selber. Nach wenigen Tagen fangen die ersten Kindern an, mit den Wörtern zu experimentieren und eigene Wörter zusammenzustellen. Bei den Kindern die damit Deutsch lernen, dauert es länger.
    Das Material für den Mathematik-Anfang ist für alle gleich einfach.
    Hunderterbahn oder bunte Steckwürfel in fünf Farben sind nicht von einer Sprache abhängig.
    Kinder die viel miteinander reden, lernen schnell sich zu verständigen.

    95% KK mit nicht deutscher Muttersprache
    Was bitte sind KK?
    So hoch war der Prozentsatz bei mir nicht. Ich hatte Kinder aus Polen, Kasachstan, dem Kosovo, aus Eritrea, aus dem Libanon... in den Klassen.
    Mit meinem Lernmaterial für den Schulanfang haben sie auch deutsch gelernt.
    Selbstständig lernen zu dürfen hängt doch nicht von einer bestimmten Sprache ab.

    zwei fallen vom Stuhl, kriechen durch die Klasse oder was auch immer, ein weiterer schreit lauthals "ich bin nicht da, ich bin nicht da" und ein vierter versucht durch irgendeine andere Art eure Aufmerksamkeit zu erlangen.
    Die Kinder versuchen Aufmerksamkeit zu erlangen?
    Sie hatten alle meine Aufmerksamkeit und Beachtung. Ich hielt ja keinen Unterricht.
    Wenn ein Kind besonders viel Beachtung brauchte, ging es vielleicht bei mir an der Hand mit. Einmal hatte ich so an jeder Hand am Montagmorgen einen kleinen Jungen. Da kam ein dritter und sagte: Ich bin auch böse.
    Ich bat ihn einen Moment zu warten. Er stellte sich tatsächlich an.
    Ich hatte in meinen Klassen Kinder mit den unterschiedlichsten Problemen, sogenannte Verhaltensauffällige, ein gefährliches (so vom Spezial-Kindergarten gekennzeichnet), ein autistisches, sogenannte ADHS-Kinder. Kinder mit besonders niedrigem IQ (getestet) und hochbegabte Kinder.

    Von den Erlaubnissen gelten zwei auch bei mir und eines ab und an, wenn es passt.
    Und bei mir galten die drei Erlaubnisse immer. Kinder konnten sich drauf verlassen.
    Wenn Kolleginnen in den Klassen "Unterricht" hatten, galten sie natürlich nicht. Das wussten die Kinder. Auch, dass dann viel mehr Verbote mit den zugehörigen Strafandrohungen in Kraft waren.

    Nein, ein Leben völlig ohne Probleme gibts nicht.
    Es gibt allerdings unterschiedliche Umgangsweisen mit Problemen.
    Dein Kater weiß selber, wenn es ihm nicht gut geht. Er frisst dann Gras oder rollt sich in einer dunklen Ecke zusammen.Zum Tierarzt wird er nicht von selber gehen.
    Kinder die miteinander lernen und arbeiten sind nicht krank oder behandlungsbedürftig. Etwas noch nicht zu können ist kein Leiden und keine Behinderung. Noch nicht an einem Ziel zu sein ist kein Makel.
    Unterricht, Belehrung, Anweisung, Erklärungen sind gutgemeintes Vorwärtsschubsen in Richtungen die ein Kind vielleicht auf Umwegen angepeilt hätte. Wenn es geschubst wird, wehrt es sich eventuell. Das soll es in Schulen bei traditioneller Arbeitsweise durchaus geben.
    Kinder, die erlebt haben dass man ihnen viel zutraut und die ihre eigenen Lernwege einschlagen dürfen, müssen nicht "motiviert" werden oder ermahnt. Kinder die bei mir in der Schule waren mussten in ihrer nächsten Schule nicht zum Arbeiten gedrängt werde. Sie fingen von selber an, weil sie das so gewohnt waren.
    Rückgemeldet wurde mir sowas nur aus der Hauptschule. Die waren dort sehr froh darüber.
    In den anderen Schularten waren Lehrerinnen und Lehrer die von mir gehört hatten und , wie Du, äußerst misstrauisch und ablehnend waren.
    Kinder brauchen feste Strukturen und Regeln. Das gab es bei mir. Ein ganz festes Ritual im Tagesablauf, drei Verbote und drei Erlaubnisse, Vertrauen und Achtung der Würde jedes Kindes.
    Kennst Du das Zitat von Piaget: Bei allem was wir einem Kind beibringen, nehmen wir ihm die Chance es selbst zu finden. ?
    Ich überlege noch, welche Probleme Du bei der Arbeitsweise von Monika oder bei mir Du beschrieben haben möchtest.
    Unterrichtsstörungen, Gewalt, Arbeitsverweigerung, Aufsässigkeit, Lärm, Fehler, Dummheit?

    Robischon, meinst du nicht, dass Kinder auch damit überfordert sind, alles immer selbst entscheiden zu müssen?
    Nein, das meine ich nicht.
    Kinder denen nicht Entscheidungen vorsortiert werden, denen zugetraut wird, dass sie wissen was sie möchten und was sie nicht möchten, können Entscheidungen treffen für sich. Wenn sie nicht sicher sind, fragen sie.
    Wenn ein Kind nicht arbeiten will, gibt es Gründe. Vielleicht ist es müde oder krank. Oder es ist gewohnt, immer wieder Vorgekautes nachkauen zu sollen und das kotzt es an. Wenn es wirklich frei und selbstbestimmt sein darf, lernt und arbeitet es so viel wie möglich. In vielen Umgebungen darf es das nicht.
    Meinst du, dass alle Kinder in der Lage sind, ihr Lernen selber zu planen, diese große Verantwortung selbst zu tragen?
    Ja das meine ich. Sie können auch selber essen und atmen und wissen wann sie Durst haben oder wann sie müde sind.
    In meinem Schulzimmer hab ich Kindern nicht vorgeschrieben wo sie sitzen sollten. Sie haben sich ihre Plätze selber gesucht und die Tische umgestellt, immer so wie es für sie passend war.
    Was macht man denn nun, um 28 Erstklässler in einigermaßen gelenkte Bahnen zu bringen?
    Ich hab sie auf ihren eigenen Bahnen lernen und arbeiten lassen.

    Das Bild von 28 Kindern in einer Klasse, die alle selbst entscheiden, was sie lernen möchten oder eben nicht halte ich für höchst idealisiert.
    Hast Du sowas denn schon mal gesehen oder gehört?
    In meinem Schulzimmer fand kein gleichzeitiger "Unterricht" statt, es gab keine vorgeschriebene Sitzordnung und nur drei Verbote und drei Erlaubnisse. Es gab feste Zeiteinteilungen und vor allem von mir aus ein absolut zuverlässiges Verhalten. Die Kinder erlebten, dass ich sie achtete.
    Das was Kinder lernen können und woran sie arbeiten können, stand einfach zur Verfügung, ein Jahr lang oder gerne auch zwei. So haben Schulanfänger schreiben und lesen gelernt, ihr mathematisches Verständnis entwickeln können, herausfinden können wie ein Stromkreis funktioniert, was für Saurier es gab, welche Meerestiere es gibt, wie man Landkarten lliest, wie mit Wasser oder mit Luft experimentiert werden kann, was es mit dem Mittelalter oder mit den Weltkriegen auf sich hatte, welches Essen gesund ist und vieles mehr. Das haben sie selbstständig und miteinander lernen und bearbeiten können. Informationen gab es an den Tafeln, auf Arbeitsblättern, in zahlreichen Sachbüchern und Nachschlagewerken und ständig mündlich oder schriftlich von mir auf Anfrage. Ich hab Kinder nicht gefragt, sondern hab sie fragen lassen. Und das taten sie ausgiebig. Wenn Du mehr wissen willst: Meine drei letzten Schuljahre hab ich auf einer Internetseite dokumentiert.
    Von meinen 40 Schuljahren hab ich in den letzten 18 zunehmend so gearbeitet
    Die Schulbehörden stellten die ständigen Kontrollen schließlich ein, weil sie sehen konnten, dass eigentlich nichts zu beanstanden war. Nur war es eben kein Unterricht mit Erklärungen, Anweisungen, Bewertungen und misstrauischen Kontrollen. Wers nicht glaubt, wird vielleicht nie erfahren was Kinder alles können.

    Also ich war an einer Staatlichen Schule.
    Die Schulbehörden und etliche Eltern waren sehr misstrauisch. Die Kinder haben trotzdem gelernt was sie erreichen konnten, auch wenns nicht im Lehrplan vorgesehen war.
    An den staatlichen Regelschulen ist es nicht in dieser Konsequenz umsetzbar und viele Lehrer möchten es auch gar nicht.
    Natürlich wäre es möglich. Viele Lehrer trauen sich einfach nicht. Die glauben vielleicht auch nicht, dass das Licht im Kühlschrank wirklich ausgeht.
    Und so gibt es eben immer wieder mal Situationen wie im Eingangsbeitrag. Ich mochte solche Situationen nie und hab daran gearbeitet sie überflüssig zu machen. Monika offensichtlich auch.

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