ist seine adresse etwa geheim?
hättest du eine andere antwort erwartet?
ich hab wieder zurück geschrieben:
Sehr geehrter Herr Dormann
Ich danke Ihnen herzlich für Ihr Antwortschreiben.
Dem Schreiben der Mutter ist vor allem zu entnehmen, dass es ihrem kleinen Sohn in der Ersten Klasse richtig schlecht geht.
Dazu darf ich anmerken, dass ich immer wieder Mitteilungen in dieser Art bekomme. Es ist kein Einzelfall, es ist noch nicht einmal selten, dass sich Kinder oder Jugendliche in der Schule äußerst unwohl fühlen und sich quälen.
Viele bleiben dann der Schule fern oder sie werden richtig krank.
Ich bin immer wieder Adressat solcher Klagen, weil ich in meiner Arbeit mit Kindern im Schulanfang Grundsätze der klassischen Schule aufgehoben hatte. Meinen vorgesetzten Schulbehörden musste ich jahrelang beweisen, dass die Kinder tatsächlich lernten und erfolgreich waren, obwohl ich nicht belehrte und erklärte, keine Aufträge und Anweisungen gab und Kinder sich im Schulzimmer immer frei bewegen konnten und immer miteinander reden konnten. Sie suchten sich aus, woran sie arbeiten wollten und mit wem.
In klassischer Schule sollen Kinder gleichzeitig belehrt werden, sollen stillsitzen an zugewiesenen Plätzen und sollen Arbeiten mit denen sie beauftragt wurden, abliefern. Sie werden ständig kontrolliert und dürfen nicht „stören“.
Dass ich die Frage und Klage dieser Mutter an das Kultusministerium in Mainz weitergeleitet hatte, soll keine „Anzeige“ von Fehlverhalten von Lehrkräften in einer bestimmten Schule sein, dem man nachgehen müsse um Schuldige zu ermitteln und zur Verantwortung zu ziehen.
Es ist vielmehr ein Hinweis darauf, dass es für unendlich viele Kinder quälend ist, gleichzeitig das Gleiche in kleinen Schrittchen der Reihe nach lernen zu sollen.
Damit Kinder so verfahren, wird versucht sie zu manipulieren mit Freundlichkeit, Versprechungen oder Drohungen. Solche Schule wirkt auf mich gelegentlich wie Zirkus, Bühne, Andacht oder Strafvollzug.
In einer Schule die Lern- und Lebensraum ist, in der Kinder sich frei bewegen dürfen, in der Erwachsene Lernbegleiter sind, in der Lerngelegenheiten zur Verfügung stehen und nicht „Lernstoff“ aufgedrängt wird, geht es keinem Kind schlecht.
Wenn Kinder nicht gleichzeitig um die Wette Erfolge haben sollen, können alle Kinder erfolgreich sein.
So eine Schule unterscheidet sich von klassischer Schule. Meine Arbeitsweise wurde misstrauisch kontrolliert, nicht die der Kolleginnen, die Kinder belehrten, bestraften, entmutigten, mit Belohnungen köderten.
Lehrer werden für klassische Schule ausgebildet.
Die Klage und Frage dieser Mutter verwende ich hier, um das Kultusministerium (ich hatte meine erste Mail ja an die Ministerin gerichtet) aufmerksam zu machen, dass durchaus üblicher Schulalltag für Kinder quälend und entmutigend sein kann.
Ihre Antwort hab ich natürlich der Mutter weitergeleitet.
Vielen Dank und herzliche Grüße
Rolf Robischon
(eigene Schulzeit in Prüm und Trier, 40 Jahre Lehrer)
http://www.robischon.eu Lernen ist wie Netze spinnen