Beiträge von rotherstein

    An unserer Schule läuft das leider noch nicht rund. Neben vielen kleinen Reibereien auf allen Seiten regt mich hauptsächlich eine Grundhaltung der Kolleginnen und Kollegen auf, die da lautet: "das ist mein Klassenzimmer, da haben eigentlich andere nichts zu suchen und wenn sie schon drin sind, dürfen sie nichts anrühren". So kann das nicht funktionieren, ich bin da auch frustriert über den Starrsinn vieler Kolleginnen und Kollegen.


    Na ja, ich kann verstehen, dass dich dieser Starrsinn aufregt. Aber aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Klassenräume, die größtenteils auch mit privatem Mobiliar usw. liebevoll eingerichet waren, nach der Benutzung durch die OGS ( offener Ganztag NRW) teils zerstört und unbenutzbar waren. Die Damen, welche unsere "Großen" zu betreuen hatten, kamen einfach mit unserer Klientel nicht zurecht. Diese Probleme haben wir ab Klasse 7 schon seit Jahren. Im Unterstufenbereich läuft es inzwischen besser. Die haben aber auch separate Räume.

    Wie die Schließung der Förderschulen in der Sicht der Eltern aussieht, erkennen Sie aus dem Brief einer Mutter:


    Mein Name ist Tina Brune, ich bin Mutter von drei Kindern, sie sind 12,11 und 8 Jahre alt. Mein jüngster Sohn Max wurde Ende Januar 8 Jahre alt und hat in seinem Leben schon viele Hürden überwinden müssen .Gesundheitlich hat Max ein paar Baustellen und von daher war es für ihn immer schon schwerer sich im Leben zurecht zu finden, als es das für "normale" Kinder ist.
    Max wurde im Sommer 2012 eingeschult . Er kam in eine Klasse mit 25 weiteren Kindern. Die Schule und auch seine Klassenlehrerin kannte ich bereits von meinen beiden älteren Kindern.Max hat sich auf die Schule gefreut, doch leider stellte sich recht schnell heraus, dass die Schule für Max ein harter Weg werden würde. Er hatte große Probleme sich in der großen Klasse zurecht zu finden und den Leistungsanforderungen zu genügen. Max gab sich große Mühe, doch es gelang ihm nicht das zu leisten, was von ihm erwartet wurde. Er lernte nur sehr sehr langsam. Alle seine Klassenkameraden hatten ihn schnell abgehängt. Max spürte jeden Tag dass er an seine Grenzen stieß und er wurde immer trauriger.
    Mein zuvor fröhlicher Junge veränderte sich, er wurde immer trauriger, frustrierter und weinte nur noch. Ständige Bauchschmerzen stellten sich ein, wenn er zu Schule sollte, das Hausaufgabenmachen endete täglich in großen Weinarien.
    Mein Kind verzweifelte jeden Tag ein bisschen mehr und wurde immer unglücklicher. Er merkte, dass er jeden Tag an seine Grenzen kam und dass andere mehr konnten als er selbst.
    "Mama, ich bin dumm, ich kann nur Sport," war ein Satz, den wir sehr oft hörten und mir tat es im Herzen weh zu sehen, wie Max immer und immer mehr zerbrach innerlich.
    Ich hatte unzählige Gespräche in der Schule. Man wollte Max ja helfen, aber die Rahmenbedingungen ließen dies nicht vernünftig zu. Am Ende der ersten Klasse konnte Max 4 Buchstaben sicher zuordnen . Andere Kinder können zu diesem Zeitpunkt bereits schon fremde Texte lesen ...Ich konnte nicht mehr mit ansehen, wie schlecht es Max ging und begann mir Hilfe zu holen. Ich wollte Förderung für mein Kind, denn ich konnte einfach nicht glauben, dass es normal sein sollte, dass Max so große Probleme hatte. Wie gesagt, ich habe noch zwei Kinder und ich habe bei beiden erlebt, was sie am Ende der Klasse 1 konnten.


    Ich stieß bei meiner Recherche auf die Förderschule hier im Ort und rief dort an. Ich schilderte meine Sorgen und man richtete für Max zu Beginn der zweiten Klasse eine achtwöchige Probezeit ein. In dieser Probezeit blühte Max auf. Plötzlich ging Max wieder gerne zur Schule, er machte Fortschritte, wurde selbstbewusster. Max war wieder fröhlich und begann an sich selbst zu glauben. " Mama, hier kann ich lernen, es dauert nur, bis ich das alles kann, was die anderen machen."
    Ein Fortschritt nach dem anderen stellte sich ein, kleine Fortschritte zugegeben, aber sie waren für Max so wichtig. Endlich Erfolgserlebnisse !
    Als ich diese positive Veränderung mit Max miterlebte, beantragte ich das Verfahren zur Überprüfung des sonderpädagogischen Förderbedarfes. Das Gutachten, das erstellt wurde, bescheinigte Max den Bedarf einer besonderen Förderung. Er konnte auf der Förderschule bleiben.


    Warum schreibe ich Ihnen das nun? Ich schreibe es Ihnen um Ihnen zu zeigen, wie wichtig es ist, dass Förderschulen erhalten bleiben. Inklusion ist eine tolle Sache, aber es gibt auch Kinder, die den geschützten Raum einer Förderschule dringend benötigen. An einer Förderschule gibt es andere Rahmenbedingungen für diese Kinder und die sind so unglaublich wichtig. Zum jetzigen Zeitpunkt kann eine Regelschule eine solche Förderung nicht bieten und für viele Kinder wäre es der falsche Weg sie in Regelschulen zu geben. Aufgrund der Mindestanzahl von Schülern, die für eine Förderschule nun im 9. Schuländerungsgesetz festgelegt ist, sind viele Schulen nicht mehr in der Lage weiter zu bestehen. Viele Schulen müssen schließen. Aber auch wenn sie in Fusion mit einer anderen Schule gehen können, sind sie nicht gerettet. Die Teilstandorte haben ja ebenfalls festgelegte Mindestzahlen, die sie an Schülern aufbringen müssen.
    Ich als Mutter bin sehr erschüttert über diese Entwicklung und ich würde mir wünschen, dass die Förderschulen bestehen bleiben können. Ich habe an Max gesehen, wie wichtig sie sind und wie wertvoll ihre Arbeit ist. Ich kann nicht verstehen, wie man ein gut funktionierendes System so "vor die Wand fahren" lässt auf Kosten der Kinder. Natürlich gibt es Kinder, die in Regelschulen zurecht kommen können, aber es gibt eben auch die, für die das eben nicht gilt.
    Wenn eine Firma ihre Produktion umstellt, wird doch auch die laufende Produktion weiter belassen und das Neue nebenher eingeführt. Kein Unternehmen würde auf etwas Neues umsteigen und sofort etwas Altes einstampfen. Rahmenbedingungen würden erst angepasst und beide Systeme würden nebeneinander weiterlaufen, bis man eben sicher ist, dass das neue System sich etabliert hat und ohne Probleme läuft. Kein Unternehmen würde das Risiko eingehen, dass das neue System nicht funktioniert, man aber das alte zerstört hat, auf das man zurückgreifen könnte. Genau das tut man aber nun mit unseren Kindern, indem man Förderschulen mehr oder weniger in die Schließung drängt . Hier geht es nicht um Maschinen, hier geht es um das Kostbarste, was wir Menschen haben: um unsere Kinder, die wir doch beschützen müssen!


    Ich weiß, dass Sie nun argumentieren könnten, dass die Eltern ja entscheiden, wohin sie ihre Kinder zur Schule schicken und es eben viele Eltern gibt, die ihr Kind in den gemeinsamen Unterricht geben. Aber man muss auch sehen, warum sie das tun. Da ist zum einen das mangelnde Wissen darüber, welche Förderung an einer Förderschule geboten wird, wie Förderschulen arbeiten, wie viele Förderstunden zur Verfügung stehen oder welche Rahmenbedingungen die Kinder dort vorfinden. Es ist aber auch oftmals das gesellschaftliche Bild: Viele Eltern scheuen sich einfach ihr Kind auf eine Förderschule zu geben, weil Vorurteile im Raum stehen. Die langen Anfahrtswege sind ebenfalls ein Grund. Besonders hier im ländlichen Raum haben die Kinder lange Schulwege zu ihrer Förderschule. Viele Eltern entscheiden aufgrund des Schulweges ihr Kind in den GU zu geben, weil eben die Förderschule so weit entfernt ist.


    Da ich mit der Entwicklung absolut nicht zufrieden bin und ich mir für all die vielen Förderkinder wünsche, dass sie richtig gefördert werden und den Zugang zur Bildung erhalten, so wie sie es brauchen , habe ich in der letzen Woche eine Petition zum Erhalt der Förderschulen online gestellt. Über 1500 Menschen haben bereits in den letzten 5 Tagen unterzeichnet. Hunderte Eltern, aber auch Pädagogen. Wir alle wollen, dass unsere Kinder das bekommen, was Ihnen zusteht , nämlich ihr Recht auf Bildung und das ist ganz klar nur dann gesichert, wenn Förderschulen erhalten bleiben und Eltern die Möglichkeit haben auf diese Schule zurück zu greifen!


    Ich möchte Sie hiermit nun gerne bitten sich die Petition anzuschauen und uns zu helfen. Hier ist der Link:


    https://www.openpetition.de/pe…lerzahl-an-foerderschulen


    Vielen Dank!


    Tina Brune

    Na ja, daran ändern direkt kann man nichts, aber noch existierende Förderschulen entlasten euch von dieser unlösbaren Aufgabe bei Kindern mit Lernproblemen. Noch haben die Eltern das Wahlrecht und sie machen so langsam wieder die Rolle rückwärts. Manche Förderschulen haben wieder vermehrten Zulauf.Von daher vlt.doch nicht so sinnlos!

    Kinder mit dem Förderschwerpunkt GE werden nicht zielgleich unterrichtet. Die von dir erwähnten Themen scheinen mir viel zu schwer und abstrakt. Hier kann man nichts runterbrechen. Eigentlich müsste das Mädchen handlungsorierntiert unterrichtet werden, wir es die GE Schule halt machen. Aber das kann man im Regelslchlulsystem nicht leisten. Kannst du mir ihr nicht ein Deutschlandpuzzle machen?


    http://www.aduis.de/puzzle-pap…eutschland-art200317.aspx


    Oder die angrenzenden Städte eurer Umgebung. Vom Kleinen zum Großen? Meine Stadt, mein Kreis, mein Bundesland usw. Hast du einen PC mit Internet in der Klasse?
    Hier gibt es auch einfache Onlineübungen:
    Onlinepuzzle Deutschland ( Atlas zur Hand und Kind ordnen lassen)


    http://www.geopuzzles.ch/GeoPu…aender/bundeslaender.html


    Übt die Wahrnehmung und die Hand-augekoordination . Dazu passende Arbeitsblätter


    http://vs-material.wegerer.at/…slaender_AB_Variante1.pdf ( in verschiedenen Farben ausmalen lassen?) Vielleicht auf DIN A3 vergrößern und in die Klasse hängen?


    oder hier?


    http://www.aduis.de/arbeitsbla…efault.aspx?startId=48095


    Alles nicht so einfach mit der Inklusion. :autsch:

    Aus deinen Ausführungen schließe ich, dass bei dir die individuelle Förderung in einer wünschenswerten Form möglich ist. Was ich im Sek.1 Bereich der Regelschule kennen gelernt habe, war der Spagat zischen den Richtlinien ( heute Kernlehrpläne genannt) an die sich die Regelschullehrer zu halten hatten und der Anforderung von individueller Förderung. Wie bitte schön soll man hier beides unter einen Hut bringen, wenn spätestens in Klasse 8 zentrale Prüfungen anstehen. Die Lehrer müssen also immer versuchen auf Tempo zu machen, damit sie ihren Stoff auch durchnehmen können. Einen weiteren vorteilhaften Unterschied zu unserem Schulsystem sehe ich darin, dass du mit den meisten Stunden in deiner Klasse bist. So bin ich als Förderschullehrer auch gewohnt und konnte so jahrelang erfolgreich arbeiten. Bei uns herrscht im Sek1. Bereich das Fachlehrersystem. Das macht das Ganze so schwierig: Sehr viele Ansprechpartner mit denen man kooperieren müsste, die Klassenlehrer sind zum Teil nur mit sehr wenigen Stunden in ihren eigenen Klassen. Was du beschreibst erinnert mich sehr an meine eigene Arbeit in der Förderschule nur mit dem Unterschied, dass ich nur Kids mit Lernschwierigkeiten und keine "Normalos" in der Klasse hatte. Mein Klassenraum war so ausgestattet, dass ich auch wirklich in Leistungsgruppen arbeiten konnte, wenn auch nicht in allen Fächern, weil der Vorbereitungsaufwand enorm war. Er glich eher einem Wohnzimmer als einem Klassenraum. Platz satt, Materialien zur Hand, so dass man auch wirklich individuell arbeiten konnte. Wenn sich so in der Regelschule arbeiten könnte, würde ich sofort eine Klasse übernehmen, wenn man mich ließe.
    Zu den I-Helfern kann ich nur sagen, dass sie die Sozialisation der Kinder eher behindern: Schrecklich immer einen Erwachsenen im Schlepptau zu haben.

    Weiß jemand ob das Inklusionstagebuch weitergeführt wird. Irgendwie bricht es ab März 2013 plötzlich ab?


    Ja das ist richtig, dass ich das Tagebuch nicht weiter fortgeführt habe, weil ich mit einem Burn out für viele Wochen krank war.Habe wohl mein" Das Kritikmaul" zu weit aufgerissen und war den Anforderungen nicht mehr gewachsen. . Nun bin ich wieder im Dient, habe inzwischen einen Behindertenschein mit 50% und bin vorerst aus den sinnlosen Inklusionsversuchen raus und nur noch an meiner Stammschule. Allerdings weiß ich nicht wie lange wir noch existieren werden.Bin für diesen Fall nach einem neuen Betätigungsfeld. Ich will und kann mich nicht in diesen sinnlosen und strukturlosen Sparmaßnahmen der Politik auf Kosten meiner Gesundheit vor die Wand fahren lassen. Ich sehe aber täglich was meinen Kolleginnen und Kollegen im Regelschulsystem widerfährt. Nach meiner Meinung ist Inklusion nicht möglich. Selbst wenn die Kids einen I Helfer haben, bringt das wenig. Sie haben immer einen Erwachsenen im Schlepptau und können nicht auf Augenhöhe mit ihren Mitschülern kommunizieren. Was ich im Regelschulsystem erlebt habe war zum Teil eine wahnsinnige Verschwendung an Ressourcen ( 2 I-Helfer, 2 Sonderpädagogen und die Klassenlehrerin) Das größte Problem; viel zu viele Personen im Sek.1 Bereich involviert, Absprachen kaum möglich. Die Regelschullehrer durchaus bemüht, aber angesichts der vielen Anforderungen und fehlenden Rahmenbedingugen, die an sie gestellt werden, hoffnungslos überfordert. Und ich ein Spielball der jeweiligen Teamkollegen: Mal ein willkommenen Nachhilfelehrer, mal eher lästig, mal ein Besserwisser, selten willkommen, heimatlos und stets auf Reisen. Das ist nicht der Beruf, den ich gelernt, geliebt und gelebt habe. Die Realität der Inklusion hat mit krank gemacht. :( Vielleicht gelingt es mir noch meine Arbeit als reine Sicherung meiner finanziellen Existenz zu sehen. Nur dann hätte ich eine Chance in diesem Chaos zu überleben. Aber dafür müsste ich meine Persönlichkeit völlig ändern. Ich glaube kaum, dass mir das gelingen wird.

    Ich kann deine Erlebnisse nur allzu gut verstehen. Mir ist es auch nicht anders ergangen. Ich habe vor einiger Zeit hier ein Inklusionstagebuch hochgeladen. Leider bin ich den Belastungen und vor allen Dingen den unbefriedigenden, sinnlosen Förderversuchen nicht mehr gewachsen gewesen und bin für einige Monate krank geworden. Nun bin ich vorerst wieder an der Stammschule oder an dem was noch von ihr übrig ist. Hier der LINK zu meinem Tagebuch:


    Inklusionstagebuch


    Da unsere einstmals tolle Schule sich so langsam im Auflösungsprozess befindet, weiß ich auch nicht, wie ich in Zukunft meinen heiß geliebten Beruf ausüben soll: An einer Sek.1 Schule ganz sicher nicht: Hier habe ich nur das absolute Chaos vorgefunden.


    Ich wünsche dir ganz viel Kraft, die ich mit meinen fast 60 Jahren einfach nicht mehr habe. Vielleicht solltest du ins Grundschulpaket wechseln, hier läuft es teilweise noch etwas besser. :autsch: :autsch: :autsch:

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