Referendarin
Eine tolle Idee! Ich wollte unlängst vorschlagen, eine Rubrik 'Lehrer fragen Eltern' hinzuzufügen, aber wir haben hier ja einige engagierte Eltern mit guten Tipps in vielen Threads.
Ich kann mir gut vorstellen, mit welchen Problemen du mit Neuntklässlern zu kämpfen hast. Sie treten schon bei meinen Grundschülern auf - teilweise als Fortsetzung aus dem KiGa. Bei vielen Eltern ist es ein Kampf gegen Windmühlen. Sie sind hilflos, suchen die Schuld bei anderen (vor allen Dingen bei uns Grundschullehrern) und merken erst später, dass wohl in der frühkindlichen Erziehung so einiges schief gelaufen ist. Meine Beratung wird selten ernst genommen, Adressen von entspr. Ärzten, Beratungsstellen etc. zurückgewiesen oder nicht genutzt. Es sind leider große Ausnahmefälle, wo Eltern (meistens die Mütter) meinen Rat ernst nehmen und sich die Mühe (!) machen, den ersten Schritt zum Kinderarzt oder schulpsychologischen Dienst zu gehen.
Wenn du einmal nachforschst, auf welcher Grundschule deine Schüler waren, könntest du sicher wertvolle Anhaltspunkte darüber bekommen, welche Bemühungen vor einigen Jahren unternommen wurden. Vielleicht gab es in einigen Fällen schon Kontakt zum Jugendamt, zu Familienhelfern o.ä. Die Schülerakten werden einige Zeit aufbewahrt. Ich hefte z.B. aufschlussreiche Elternbriefe, Bescheinigungen etc. immer in Kopie dort ab und würde mir wünschen, die Kollegen der weiterführenden Schulen kämen auf diese Quelle zurück.
Doris
Ich wünsche mir mehr Mütter mit deiner Einstellung!
Der Kontakt mit Beratungsstellen, Ärzten etc. ist zumindest in meinem Ortskreis sehr schwierig. Die Kinderärtze hören viel Geschwätz über uns Grundschullehrer und sind höchst voreingenommen. Der schulpsychologische Dienst ist so überlastet, dass keine Zeit für ein Gespräch mit den Lehrern bleibt. Die schwierigen Fälle werden direkt an die Kinderpsychiatrie weitergeleitet. Dort gibt es einen Chefarzt, der nicht mit Lehrer spricht ... Fruchtbare Gespräche hatte ich hingegen mit Ergotherapeuten und in der Psychiatrie tätigen Diplom-Pädagogen. Das wird von Ort zu Ort unterschiedlich sein.
Daran merke ich aber, wie viel Zeit und Kraft es kostet, sich - neben dem normalen Unterricht - für seine Schüler zu engagieren. Wir werden immer mehr zur Schaltstelle zwischen Eltern, Ärzten, Jugendamt etc. Und immer wieder muss ich erwartungsvolle Eltern darauf hinweisen, dass ich für diese Beratungsfunktion nicht ausgebildet bin! Trotzdem helfe ich gerne, wo ich kann, werde dafür aber oft angegriffen, so dass ich z.B. in zwei Fällen meiner Klasse die Gespräche eingestellt habe. Ich werde niemandem mehr meine Hilfe aufdrängen. Die Eltern korrespondieren jetzt nur noch mit der Schulleiterin bzw. werden von mir an unsere Sonderschullehrerin verwiesen.
LG
Talida