Mir hat das Monti-Diplom letztendlich zu einer festen Stelle verholfen, obwohl es bei den Ausschreibungen nicht als hartes Einstellungskriterium gelten darf bzw. bei der Stellenvergabe über Liste von der BezReg ignoriert wird. So landete eine Freundin von mir an einer Montessorischule, ohne überhaupt die Absicht bekundet zu haben, das Diplom erwerben zu wollen. Für Ausschreibungen reicht es jedenfalls aus, eine Erklärung für den nachträglichen Erwerb abzugeben, es sei denn, es handelt sich um eine Montessorischule, die sofort eine vollausgebildete Monti-Lehrerin braucht. Das aber nur am Rande und sehr subjektiv meine Erfahrung.
Ich habe den Kurs über die VHS gemacht und muss sagen, dass ich mich öfter als einmal hinquälen musste. Insbesondere die theoretischen Vorträge sind grottenlangweilig. Die Anwesenheitspflicht war oft der einzige Grund durchzuhalten. In meinem Kurs waren zur Hälfte Erzieherinnen, die von ihrem Arbeitgeber geschickt wurden. Die andere Hälfte bestand aus motivierten Sonderschullehrern und Grundschullehrern, die auf eine Festanstellung warteten. Von diesen haben es zwei bis zum Ende durchgehalten. Die anderen sprangen ab, weil sie im Laufe der zwei Jahre eine Stelle bekamen oder es einfach zeitlich und kräftemäßig nicht schafften. Wir bekamen immer auch Hausaufgaben auf, die kritisch begutachtet wurden. Was nicht ordentlich war, musste neu gemacht werden! Deshalb waren wir alle höchst diszipliniert - ein typischer Monti-Effekt. Die Samstagsveranstaltungen waren zwar entspannter, weil man nicht nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zum Kursort fahren musste, aber das Wochenende war kaputt.
Ich bin irgendwie stolz, es durchgezogen zu haben. Die Prüfung am Ende (zwei Klausuren und eine mündliche Prüfung mit praktischer Demonstration) hat mich Nerven gekostet, aber das lag an dem Druck, den ich mir selbst auferlegt hatte.
Für meine tägliche Arbeit habe ich versucht, die Grundsätze der Montessoriarbeit so oft wie möglich zu beachten. Das ist am Anfang nicht einfach und man muss erstmal die eigene Klasse gründlich beobachten, um Ansätze zu finden. Da ich das Glück hatte, in zahlreichen Schulen mit unterschiedlichen Konzepten hospitieren zu dürfen, habe ich mir eine persönliche 'Bestenliste' erarbeitet. (So mancher strenge Montessorianer würde wahrcheinlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. ) Soweit ich es aus den engagierten Beiträgen in diesem Forum entnehmen kann, arbeiten viele Kollegen nach einem ähnlichen Konzept, ohne vielleicht bewusst die Ursprünge bei Montessori und Co wahrzunehmen. Es ist auch schwierig, alles in ein paar Punkten zu beschreiben. In den letzten Jahren kommen die Erkenntnisse aus den Universitäten endlich in der Lehrerfortbildung an und ich sitze so manches Mal da, kommentiere spontan "Das ist Montessori." und meine Sitznachbarn starren mich erstaunt an. Insofern hatte ich für den Start in die Eingangsstufe leichte Vorteile.
In meiner jahrgangsübergreifenden Klasse merke ich seit einem Jahr deutlicher als vorher, dass es z.B. die Momente der Polarisation der Aufmerksamkeit wirklich häufig gibt. Durch tägliche Arbeit an einem Tagesplan, Wochenplan oder einer Werkstatt bekomme ich den Raum für Beobachtungen oder die Zeit, mich für ein paar Minuten nur einem Kind zuzuwenden. Diese Momente sind wertvoll und man muss sie schätzen lernen. Was viele Eltern nicht wissen und deshalb die freie Arbeit kritisch beäugen: ohne eine gewisse Disziplin geht gar nichts!
In meiner Schule gibt es kein orginales Montessori-Material. Ich besitze lediglich ein Seguinbrett und ein paar Einzelteile vom (holländischen) Trödel. Selbst hergestellt habe ich ein paar Zehnerstangen aus Perlen.
Wenn ich nun überlege, ob ich ohne das Monti-Diplom auch so weit wäre, müsste ich spontan verneinen. Vielleicht muss es nicht unbedingt der komplette Kurs sein. Die Hospitationen, vor allen Dingen auch im Kinderhaus, waren sehr interessant. Die Übungsabende und der Austausch mit den Kollegen waren mehr als hilfreich.
LG Talida