Beiträge von tina40

    So, habe noch mal ein bisschen drüber nachgedacht.


    Überschrift war ja sinngemäß "Frontalunterricht hilft den schwachen Schülern" - und unter schwachen Schülern würde ich jetzt nicht unbedingt den Gymnasiasten sehen, der besser auf der Realschule wäre sondern wirklich die Kinder, die Probleme mit dem Lernen haben. Ganz massiv fällt mir im Moment die ADHS-Problematik auf - zum zweiten Mal habe ich eine Klasse mit diagnostiziert 50% betroffenen Kindern, gefühlt 75%.


    Und was lese ich, wenn ich einige Minuten Dr. Google befrage:



    Zitat


    Das Lernumfeld des ADHS-Kindes:


    • Immer in der Nähe des Lehrers sitzend (vorne an der Tafel)
    • Neben einem ruhigen Mitschüler / Mitschülerin (Stichwort: positives Modell)
    • U.U. auch alleine Sitzend als Hilfe (Ablenkungsgefahr minimieren)
    • Nicht direkt neben dem Fenster sitzen lassen
    • Möglichst kein Sitzplatzwechsel während des Schuljahres
    • Darauf achten, das beim ADHS-Kind nur die Arbeitsmaterialien auf dem Tisch liegen, die auch benötigt werden
    • Stillarbeit (Kurzzeit; später längere Stillarbeiten)


    1 ist undurchführbar, 2-4 in Kombination logistische Feinarbeit und 7 hört sich jetzt verdammt nach ziemlich lehrerzentriert an - jedenfalls nicht nach offener Unterrichtsform.



    Zitat

    Unterrichtstruktur

    • Ein ADHS-Kind braucht eine möglichst feste Unterrichts-Struktur, z.B. viele konkrete Anweisungen und eine Überprüfung ihrer Einhaltung und immer wieder Hilfestellungen.
    • Platzieren Sie das ADHS Kind in der Klasse so, dass Sie ständigen Kontakt zu ihm herstellen und seine Aufmerksamkeit wiederholt auf Wichtiges lenken können (möglichst nonverbal und ohne dass es zur Bloßstellung vor dem Rest der Klasse kommt)
    • Versuchen Sie dem Kind die Hausaufgaben am Anfang der Stunde, wenn es noch aufnahmebereit ist, zu sagen und tragen sie sie evtl. direkt ins Aufgabenheft ein.
    • Hilfreich ist es oft, Verträge für Kleinigkeiten abzuschließen (Immer, wenn Du am Anfang der Mathestunde Deine Mathesachen genauso schnell bereit legst wie die anderen, bekommst Du einen Punkt!) und ihre Einhaltung zu überwachen. Punkte können dann in Belohungen eingetauscht werden.
    • Nehmen Sie "Explosionen" des Kindes nicht persönlich, gehen sie zunächst zur Tagesordnung über und besprechen sie die Situation erst, wenn das Kind sich wieder beruhigt hat. Bei sehr großer Erregung (Wutausbrüchen) das Kind evtl. kurz aus der Klasse herausnehmen.


    Punkt 1 und 2: Sag ich doch!

    Interpretiere das Smiley mal als "Oh Gott, davon sind wir unendlich weit entfernt"!



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    ich habe das gefühl, dass sich einige kollegInnen auf den schlips getreten fühlen, sobald ihr althergebrachter und seit jahrzehnten (evt. durchaus erfolgreich) praktizierter frontal- oder lehrgangsunterricht infrage gestellt wird.


    Das muss nicht so sein - soo neu ist das nun auch nicht, das war durchaus schon Thema in meiner Ausbildung und ich habe schon wesentlich stärkere Klassen gehabt, in denen man auch viel verwirklichen konnte.


    Was mich jetzt eher verstört ist, dass ich - für mich - den Eindruck habe - das unsere Schülerklientel da nicht mehr passt und für die Umstände, die wir haben, die Pädagogik nicht so viele praktisch verwertbare Antworten gibt.

    Ja, da brauchen sie "es" wohl auch - aber "es" ergibt sich bei manchen Kindern halt nicht von selbst bzw. "es" ging bis jetzt an ihnen vorbei, so das sie "es" halt einüben müssen und bevor sie "es" zumindest zeitweise beherrschen müssen sie so lange es nötig ist ohne "es" lernen.


    In der Ausbildung wird "es" wohl erwartet, aber auch Grundlagen in Mathematik und Deutsch und eine gewisse Allgemeinbildung, die bis Mitte neunter Klasse sitzen müssen und die ich nicht völlig außer Acht lassen kann, nur weil "es" so wichtig ist. :teufel:

    Grundsätzlich sehe ich Selbstständigkeit und eigenverantwortliches Arbeiten schon als wünschenswertes Ziel. Meine Schüler sind aber noch nicht so weit. Das wird immer ein bisschen übersehen, wie lang der Weg für manche sein kann, bis sie wirklich "frei" arbeiten können. Wenn ich jetzt also auf Biegen und Brechen einen "freien" Unterricht gestalte haben wir Lärm und keinen Wissenszuwachs, da auch noch die, die grundsätzlich könnten, nicht die passende Arbeitsathmosphäre haben. Ich arbeite dran - aber momentan kommt noch in stark gebundenen Phasen eindeutig mehr raus - und das wird sich wohl auch nicht von heute auf morgen ändern. ;)

    Zitat

    Ich denke, um so länger die "freien" Arbeitsphasen sind, um so genauer müssen die Instruktionen sein.


    Jepp, und dann stellt sich mir die Frage - und ich habe leider keine Gymnasiasten - wie ich die Instruktionen über einen langen Zeitraum so deutlich mache, dass es klappt, da ich mit zwei Problemen kämpfe:


    - meine Schüler können Informationen schlecht erlesen


    - sie haben eine kurze Konzentrationsspanne und eine hohe Ablenkbarkeit


    Also gehe ich kleinschrittig vor, muss viel überprüfen und immer wieder zum Thema zurückführen. Einfach mal Material vorbereiten und dann machen lassen ist einfach nicht. Momentan versuche ich Stationentraining mit Selbstkontrolle einzuüben. Fakt ist aber im Moment , dass das nur wenige schaffen, viele schlampern vor sich hin oder holen sich erst das Ergebnis und versuchen dann, irgendeine Rechnung drumherum zu basteln. Das Regelheft zur Hilfe rauszuholen fällt zu schwer. :autsch:


    Also kann ich diese Phasen nur kurz halten und muss immer wieder eingreifen und besprechen. Und ich habe jetzt nur einen einzigen Kandidaten, der offen nichts tut und versucht, sich in der "Menge" zu verstecken. Im Grunde kommt mehr bei rum, wenn ich Aufgabe für Aufgabe rechnen lasse und dann an der Tafel vorrechnen lasse.

    Ich finde, das ist auch ein Problem der Begriffsabgrenzung. Wenn für dich, Cambria, frontal = Lehrervortrag bedeutet, dann ist der Artikel daneben.


    Ich bilde mir aber ein, dass frontal auch Partnerarbeit und Übungsphasen miteinschließen kann. ??


    Aber eigentlich würde ich eher den Begriff "lehrerzentriert" wählen und dann kann das schon passen. Ich meine auch festzustellen, dass für unsere inzwischen sehr schwachen und ADHS-geplagten Schüler viel Struktur und Führung besser ist als zu lange freie Phasen - da entgleiten einfach zu viele.

    Wenn das Niveau eher Hauptschule ist, ist das den Schülern vermutlich sch...egal und das Unterrichten wird immer anstrengender, je mehr verloren gehen. :autsch:


    Manchmal hast du eine reelle Chance über eine intensive Elternarbeit, indem du immer wieder die Mithilfe der Eltern einforderst. Manchmal klappt das. :)

    Zitat

    *kopfschüttel*
    Warum machst du das?

    Bescheuert, ich weiß. Aber ich habe nur 14 8) und wenn 7 eine Sechs schreiben, dann nervt mich das an. Und wie gesagt - hab´s bei den Eltern dementspechend kommentiert, einigen war das schon peinlich - vielleicht sind´s ja dann nächstes Mal weniger. :autsch:

    Bist du dir sicher, dass sie überhaupt ihr Material zuhause dabei hatten?


    Muss mal eine Runde mitjammern: Gestern abend bin ich mit meiner Dreijährigen an der Hand durch die eiskalte Nacht gejagt um 7!! Schülern aus der Klasse ihre Mappe für die Probe am Montag nachzutragen, die sie einfach unter der Bank liegen ließen.


    Schön blöd einerseits :autsch: - andererseits hoffe ich auf einen gewissen Peinlichkeitseffekt bei zumindest einem Teil der Eltern. :autsch:

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    tina40
    Handhabe ich meist genau so.
    Ich schätze aber auch die Unterschiedlichkeit der Schüler und gerade dann, wenn Schüler, die einfach noch nicht die Reife besitzen, um für ihren weiteren Lebensweg die richtige Entscheidung zu dem Zeitpunkt zu treffen, der wichtig ist, dann stelle ich mich nicht in den Weg und sage es ist vorbei.... Es gibt immer eine Hintertür. Es kommt nur auf uns darauf an, ob wir diese Tür verschlossen halten.


    Na ja, aber das ist doch die Arbeit von all den Jahren vorher, den Schülern zu Eigenverantwortung und Selbstständigkeit zu helfen. Ganz knapp vor der Prüfung muss es doch dann mal funktionieren. :autsch:


    Die Türen öffne ich gerne monatelang - aber irgendwann halt nicht mehr - und da hat man dann auch x mal gebetsmühlenartig darauf hingewiesen. :sauer:

    Blöd, dass die Schüler schon dort waren.


    Meine Idee wäre noch gewesen: Wir sind ja (Bayern, Mittelschule) gehalten, parallel und vergleichbar zu arbeiten. Zumindest sagt das unsere Chefin immer. :) Bestimmt ist das aber auch irgendwo schriftlich verankert. Du könntest mehr oder weniger bestimmt regelmäßige Treffen anberaumen und so zumindest versuchen deinen Schülern zu helfen, zu einem vernünftigen Unterricht zu kommen. Vielleicht lässt du dabei noch einfließen, dass Elternteil x sich immer beschwert, wenn parallel scheinbar schlechtere Bedingungen herrschen.


    Nur so eine Idee...

    So eine Situation ist ätzend, ich habe das auch mal wieder ähnlich im Moment.


    Ich konnte meinen Schülern jetzt auch nur raten, sich unauffällig zu verhalten, sich dennoch zu bemühen und habe ansonsten klargemacht, dass ich einem Kollegen gegenüber nicht weisungsbefugt bin und auch nicht Partei ergreifen kann/will. Ist irgendwie total unbefriedigend. Gott sei Dank ist es bei uns kein wichtiges Hauptfach betroffen. :ohh:

    Und - was sagt uns das jetzt für die Praxis?


    Zitat

    Die Schulen sind im Übergang, sie haben viel Nachholbedarf, die unterrichtlichen und schulischen Prozesse im Sinne einer inklusiven Pädagogik weiterzuentwickeln. In dieser Übergangsphase wird es eine Reihe von Verwerfungen geben. Aber der Weg ist insgesamt richtig und unumkehrbar."


    Bestimmt super für die Kinder, die in die Jahre der "Verwerfungen" geraten. Auch so zufriedenstellend für die Lehrer. :sterne:

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