Ich hoffe hier auf ein paar Sichtweisen von außen und vielleicht auch hilfreiche Tipps...
Ich habe gerade die Schule gewechselt und bin nun als Fachlehrerin mit Mathematik und Religion in einer 3. Klasse eingesetzt. Ich hatte nie Schwierigkeiten mit der Klassenführung oder damit, mich durchzusetzen und bin durch meine vorherige Arbeit an einer Brennpunktschule herausforderndes Verhalten aller Arten gewöhnt, muss ich dazu sagen.
Aber diese 3. Klasse sprengt wirklich alles, was ich bisher erlebt habe
Es ist kaum Unterricht möglich, da ca. die Hälfte bis 2/3 der Schüler auf Ansprache (bitten, auffordern, Belohnungen in Aussicht stellen, ermahnen, strenge Ansagen, Ankündigungen von Konsequenzen etc.) gar nicht reagiert. Sie unterhalten sich vom Platz aus oder laufen in der Klasse herum und drehen sich auf Ansprache nicht mal zur Lehrkraft um. Die totale Ignoranz.
Es dauert unfassbar lange, durchzusetzen, dass wenigstens alle auf ihren Plätzen sitzen und dann ist meist kein Unterrichtsgespräch möglich, weil sich alle unterhalten oder herumschreien. Das ist auch in Einzelarbeitsphasen so, es wird nie ruhig, viele Kinder arbeiten gar nicht, stören, geben freche Antworten usw. Eine minimale Öffnung des Unterrichts hat zur Folge, dass alle über Tische und Bänke gehen, die Situation eskaliert dann völlig.
Die bisherige Mathematiklehrerin und alle Fachlehrer (Sport, Musik) berichten das gleiche. Die Klasse ist inhaltlich sehr zurück, da kaum gearbeitet und ständig gestört wird und unglaublich viel Zeit dafür drauf geht, Ruhe herzustellen. Die Atmosphäre in der Klasse ist fürchterlich Davon abgesehen ist es so UNFASSBAR anstrengend.
Dabei wird mir von der Klassenlehrkraft berichtet, dass viele Schüler sich durchaus besser verhalten können - sie wollen aber nicht. Das ist auch mein Eindruck. Es scheint sich in der Klasse eine ganz merkwürdige Dynamik entwickelt zu haben, die dazu geführt hat, dass bei sehr vielen Kindern gar keine Hemmschwelle mehr für störendes Verhalten vorhanden ist.
Nun ist mein Problem nicht nur, dass es so unglaublich anstrengend ist, die Klasse zu unterrichten. Um die Situation zu verbessern, würde ich gerne einige Maßnahmen umsetzen.
Einigen Kindern möchte ich gern ein Rückmeldeheftchen geben, in das ich nach jeder Stunde eintrage, wie das Verhalten in der Stunde war. Die Einträge sollen dann von den Eltern unterschrieben werden. Darauf basierend möchte ich gern ein Belohnungssystem einführen.
Außerdem haben die Lehrkräfte der Parallelklassen angeboten, stundenweise Schüler aus der Klasse in ihren Klassen aufzunehmen, um den Rest der Klasse etwas zu entlasten und die Dynamik in der Klasse etwas aufzubrechen. Damit habe ich bisher gute Erfahrungen gemacht
Ich würde also gerne einige Maßnahmen umsetzen, habe aber den Eindruck, dass die Klassenlehrkraft dem nicht so besonders aufgeschlossen gegenüber steht. Sie äußert sich sehr widersprüchlich zu der Klasse.
Mal sagt sie, dass das Verhalten wirklich extrem schlimm ist, dann, dass es bei ihr im Unterricht eigentlich gut läuft, obwohl sie auch nur Einzelarbeit durchführen könne.
Jetzt frage ich mich, inwiefern ich ohne die "Rückendeckung" der Klassenlehrkraft einige Maßnahmen soll/darf/kann? Ich möchte mich mit der Klassenlehrerin nicht überwerfen und mag sie auch gern. Einfach alles so weiterlaufen lassen ist aber definitiv auch keine Option. Den Zustand in der Klasse kann ich nervlich einfach nicht durchhalten
Was würdet ihr tun? Habt ihr Tipps? Wie kann ich weiter vorgehen?
Etwas verzweifelte Grüße, Ruby