Zitat
wolkenstein schrieb am 20.03.2006 17:50:
Ihr Lieben,
ich würd jetzt gern laut und lange über die Geschichtsunkenntnis meiner Schüler jammern, und zwar auf allen Ebenen... ist das normal, dass 8-Klässler KEINE wichtigen historischen Ereignisse der letzten 60 Jahre nennen können (nach lnagem Prompten kam dann "Mauerfall", wobei sie aber "Fall" im Sinne von "case" interpretierten und auch nicht wussten, was denn da wohl gewesen war) ? Dass in der 12. keiner was von der 1848ger Revolution oder dem 1. Weltkrieg weiß? Und so weiter und so fort...
Hi,
auch wenn ich die Pauschalkritik in diesem thread nicht ganz teilen kann, mal der Versuch einer Antwort von einem Geschilehrer, der mitunter an seinen Fähigkeiten zweifelt. Du, Wolkenstein, sprichst sozusagen Pest & Cholera zugleich an, denn wie man's macht, macht mans falsch... entweder man kloppt den Schülern Wissen rein wie Anno dazumal. Ein Kollege von mir macht das, unterrichtet durchgehend frontal und die Schüler können's, haben Wissen und können sogar Quellentexte lesen. Von Gruppenarbeit, entdeckendem Lernen, historischen Erkundungsgängen in der eigenen Stadt, der Entwicklung historischer Fragestellungen usw. haben sie natürlich keine Ahnung und motiviert sind sie auch nicht, aber im Druck. Bei mir haben sie weniger Druck, müssen z. B. bei Karl dem Großen 2 (zwei) Jahreszahlen können, aber sollen Zusammenhänge analysieren können, selbsständig und kritische arbeiten, etc. pp... Beides zu verbinden schaffe ich in 2 Stunden nicht und frage mich, ob der andere es nicht besser macht.
Soweit so schlecht. Manche Sachen, die du angesprochen hast, gibt natürlich das Curriculum vor (NS-Zeit und Mauerfall kommen in der 10 - deine 8er konnten's nicht wissen). Die 12er hatten in der 9 wohl anderes zu tun, andererseits soll man in einem Schuljahr dort von Renaissance über Aufklärung, franz. Revolution, dt. Revolution und Imperialismus bis zum ersten Weltkrieg auch einige Themen machen. Ich mache 1848 in ca. 2 bis 3 Wochen = 4-6 Stunden. Und wozu in der knappen Zeit nur Wissen eintrichtern, wenn es genügend Wissenspeicher überall zugriffsbereit gibt, da sind mir Zugriffs- und Analysefähigkeiten wichtiger. Was dann auf den ersten Teil meiner Ausführungen zurückführt.
Im übrigen leidet das Fach darunter, dass wohlmeinende Kollegen anderer Bereiche gern den Steinbruch Geschichte auspacken, das geht schon in der Grundschule los und macht einen manchmal richtig wütend; da werden Motivationshäppchen aus der Antike verwendet, Projekt "die Griechen" oder sowas. Das dadurch aufgebaute Geschichtsbild ist ungefähr auf dem Niveau von RTL 2, und wir dürfen dann zusehen wie wir damit umgehen ... Noch schlimmer ist es, wenn dann jemand den Topf "Betroffenheit" = Nationalsozialismus aufmacht, aber darüber hab ich in diesem Forum ja schon öfter geschrieben.
Grüße,
JJ