Beiträge von andreal

    Hallo zurück!


    Ich kann mich mit meiner Zurückhaltung in dem Thread nur the_rani anschließen: Ich wollte hier keine Grundsatzdiskussion über das Verhältnis von Theorie und Praxis aus der Taufe heben. Ich denke, dort lässt sich auch schwierig eine Einigkeit herstellen, da jeder seinen eigenen Bezug zu den beiden Herangehensweisen hat. Keiner wird es schaffen, den anderen schlussendlich von seiner Meinung 100%ig überzeugen zu können. Ein Angriff auf die ein oder andere Position, wie es vielleicht einige aufgenommen haben, war nicht impliziert.


    Wie ich jedoch eingangs erklärte, bin ich in der Praxis des bilingualen Unterrichts noch nicht so bewandert, daher war es meine Frage (an euch Praktiker), inwieweit einige meiner Ergebnisse der Masterarbeit überhaupt relevant sind bzw. ob die vorgeschlagene Form der Spracharbeit sich nicht nur in der Theorie gut anhört, sondern auch tatsächlich im Unterricht eingesetzt wird und mit welchem Erfolg.


    Ich danke the_rani für die Bestätigung, dass sich einige der theoretisch beschriebenen Probleme auch in der Praxis widerspiegeln und ernsthaft Handlungsbedarf für Spracharbeit außerhalb von Vokabeleinheiten besteht. Ich merke jetzt als Vertretungslehrer selbst, welche teilweise elementaren Sprachformulierungen den Schülern nicht gegeben sind, um sich deutlich auszudrücken - selbst in der 12. Klasse. Abgesehen davon, dass ihnen ein gewisses Sprachgefühl fehlt, welches erst kommt, wenn man real in Kontakt mit Muttersprachlern tritt, frage ich mich, wie man ihnen helfen kann, Inhalte zu verstehen aber auch so auszudrücken, wie sie und ihre Intelligenz es eigentlich in der Lage sind. Mich würde daher interessieren, wie ihr (the_rani, DFU & all the others) das Problem gelöst habt. Von der Themenauswahl angefangen: Besprecht ihr prinzipiell die gleichen Inhalte wie der muttersprachliche Fachunterricht nur auf einer anderen Sprache oder handelt ihr z.B. nach dem Bilingual Triangle von Hallet (1999)? Nutzt ihr die Chancen des BiliU zur Erweiterung des Fremdverstehens, Mulitperspektivität, Einblick in die fremdsprachliche kulturellen Traditionen? Wie brecht ihr den Inhalt herunter? Wie viel Zeit geht für den sprachlichen Support drauf? Wo hakt es am meisten? Welche Formen der Spracharbeit helfen den Schülern wirklich? Welche vielleicht auch nicht?


    unter uns: Ich wollte nur noch mal kurz darauf hinweisen, dass es mehrere Modelle des bilingualen Unterrichts gibt, dennoch sind sich diese Modelle (CLIL, BiliU, biling. Module etc.) einig, dass es kein fachbezogener Fremdsprachenunterricht ist, sondern Sachfachunterricht auf einer Fremdsprache/mit Arbeitssprache ***. Es ist und bleibt Fachunterricht. Und wir müssten uns nun fragen, warum ist Unterricht in der Muttersprache so viel differenzierter? Ich denke doch auch, weil die Schüler an die wissenschaftlichen Diskurse/Diskursmuster in der Muttersprache gewöhnt sind und es ihnen deshalb leichter fällt sich sprachlich adäquat auszudrücken. Das Ziel des Lehrers kann es nicht sein, eine absolute Gleichwertigkeit herzustellen, aber doch eine Annäherung. Mit Hilfe der Spracharbeit und natürlich der inhaltlichen Schwerpunktsetzung soll dies erreicht werden.


    Viele Grüße

    Nunja, wie gesagt, ich habe mich dabei auf die gängige Forschungsliteratur gestützt und wurde von einem Professor meiner Uni, der sehr viel auf diesem Gebiet forscht, angeleitet.


    Dürfte ich fragen, weshalb du der eigenständigen bilingualen Sachfachdidaktik so kritisch gegenüber stehst? Ich finde, die Beschäftigung mit diesem Thema wichtig, da Sprachlernen eben nicht einfach so passiert, nur weil die Schüler in einem Klassenraum sitzen, in dem der Lehrer eine andere Sprache spricht. Es geht eben nicht darum, wie du auch dieses klassische Beispiel angebracht hattest, um VOKABELN. Das ist eben genau der Irrtum. Es geht um Diskursfunktionen (sprachliche Umsetzung kognitiver Operationen), die im bilingualen Unterricht höhere kognitive Leistungen abfordern, als in dem auf allgemeine Sprachfähigkeit angelegten Fremdsprachenunterricht. Diese Diskursfunktionen sind durch sprachliche und grammatische Exponenten markiert und diese herauszuarbeiten und zu trainieren, sollte einen Großteil der Spracharbeit im bilingualen Unterricht ausmachen. Außerdem befinden sich SEK II Schüler auf einem ganz anderen Sprachniveau. Sie verfügen bereits über die sprachlichen Mittel (zumindest sollten sie das bis zur 10. getan haben). Wenn jedoch z.B. Geschichte oder Geographie in der 7. Klasse bilingual einsetzen, sind den Schülern vielleicht nicht einmal alle grammatische Strukturen bekannt und so können sie bestimmte Zusammenhänge im Sachfachunterricht nicht ausdrücken. Spracharbeit ist deshalb auch vorrangig an den beginnenden bilingualen Unterricht gerichtet.
    Ich muss es leider sagen, aber Spracharbeit nur auf Vokabeln und Vokabelgleichungen abzuwälzen, ist sehr ignorant und negiert, dass es eine bestimmte Fachsprache gibt, die sich von der alltäglichen Kommunikation in der Fremdsprache (aber auch Muttersprache) abhebt. Außerdem ist auch die Einführung von Vokabeln nicht ohne. Die Fachbegriffe sind oft kulturspezifisch aufgeladen, womit deren Einführung nicht immer mit einer Übersetzung getan ist, und müssen an das Abstraktionsniveau der Schüler angepasst werden. Dass das alles in der SEK II einfacher ist, will ich hiermit überhaupt nicht bestreiten.


    "Ungemeine Hürden" ist eine Paraphrasierung einer Aussage, die von der KMK 1994 bereits in den ersten Anleitungen zum bilingualen Unterricht gegeben wurde.

    Im Rahmen meiner Masterarbeit habe ich mich intensiv mit dem Thema bilingualer Geschichtsunterricht und Spracharbeit beschäftigt. Ich habe mich dabei durch die gängigste Forschungsliteratur gearbeitet und bin dabei schlussendlich bei der Unterstützung der Lernprozesse durch grafische, visuelle und sprachliche Gerüste (scaffolding) gestoßen.


    Der bilinguale Unterricht als Form des Sachunterrichts auf einer Fremdsprache stellt ungemeine Hürden für die Sprachkompetenzen der Schüler dar. Der gängige Fremdsprachenunterricht verhilft den Schülern nur zu einer allgemeinen Sprachfähigkeit. Aber im bilingualen Unterricht geht es vielmehr um Fachsprache und daher müssen sich die Schüler lernen, sich auf akademischem Sprachniveau zu bewegen. Grammatik und Vokabeln des Fremdsprachenunterrichts werden hier zur direkten Anwendung gebracht und haben hier nur eine dienende Funktion für das Textverständnis und die Textproduktion. Wenn die Sprache jedoch nicht verstanden wird, dann kann kein inhaltliches Lernen stattfinden. Darum beschäftigte ich mich mit Spracharbeit. Wie kann man Schülern/Schülerinnen die Rezeption und Produktion fachlichen Wissens zu erleichtern?


    Im praktischen Teil meiner Arbeit habe ich ebenfalls ein Arbeitsblatt entwickelt, mit dem z.B. der Ausdruck von cause and effect, insbesondere von Bedingungen und Konsequenzen, geübt werden kann. Es geht darum, dass die Schüler die Aussagen der Domino Theorie von Dwight D. Eisenhower verstehen und selbst sprachlich adäquat ausdrücken können. Da ich mich bereits in meinen Praktika im bilingualen Unterricht betätigt habe und auch in Zukunft vorhabe, mich darin zu spezialisieren, würde ich gerne euer Feedback dazu hören.


    http://verlag20.de/document/vi…domino-theorie-if-clauses


    Außerdem beschäftigt mich die Frage, wie man das Scaffolding noch umsetzen könnte als nur mit einem schnöden Arbeitsblatt, das nicht nur sehr zeitintensiv in der Vorbereitung, sondern auch nicht gerade sehr umweltfreundlich ist. Welche Möglichkeiten und Medien nutzt ihr im (bilingualen) Unterricht zur Visualisierung bzw. zur Unterstützung der sprachlichen Umsetzung der Fachinhalte?

Werbung