Schulstrafen

    • Offizieller Beitrag

    Hallo ihr,


    ich bin mal wieder am Verzweifeln: Die 4. Klasse, die ich in Deutsch hab, ist so unruhig. Ständig quatscht wer laut dazwischen und mindestens 5 Kinder reagieren.
    Ich hatte mit dem Klassenleiter gesprochen, der zuerst eine Mitteilung an die Eltern vorschlug und dann die Androhung eines Verweises bei permanent störenden und frechen Schülern.
    Nun hatte ich mir ein paar Eltern zum Sprechtag eingeladen. Naja, mit zwei Müttern habe ich konkrete Vereinbarungen getroffen, wenn ihre Söhne stören, soll ich ins Hausaufgabenheft eintragen. Einer konnte ich auch meine bescheuerte Position (will nicht gleich ne Schulstrafe verhängen, aber Klassenleiter sieht die Hausaufgabenhefte) verständlich machen. Die andere meinte, der Klassenleiter wär strenger, das wäre viel besser, will aber auch die Einträge ins Heft statt der Schulstrafe.... :rolleyes: Die dritte (Oma) meinte, wenn die Kinder im Frontalunterricht unruhig wären, dann solle ich doch mal richtig tollen Frontalunterricht machen, Literaturanalyse, damit könne man doch alle begeistern. (Ich glaub, sie wollte meine Argumente nicht hören.) Die 4. Mutter sagte mir, sie wisse halt auch nicht, was sie machen soll. Mit den anderen (ungeladenen) Eltern hatte ich entspannte und nette Gespräche.


    Nun war es letzte Woche trotz aller Gespräche mal wieder so weit, dass die Klasse sich quer durch den Raum unterhielt und ich mir nur mit sehr laut werden Gehör verschaffen konnte.
    Die Kinder erklärten mir dann, das läge daran, dass sie keinen Respekt vor mir hätten. Vor ihrem Klassenleiter haben sie Respekt, denn der wäre streng und würde gleich einen Verweis beantragen. Ich würde immer sagen "Ich gebe euch noch eine Chance!" (Das hab ich nie gesagt, so rede ich gar nicht!) und nichts machen. (Das stimmt nicht, wir holen seit Wochen verquatschte Minuten in der Pause nach, ich habe Einträge verteilt und Elterngespräche geführt.)
    Nun ja, jedenfalls meinten die Kinder, sie könnten sich besser benehmen, wenn ich auch gleich Schulstrafen verhängen würde. :(
    Was würdet ihr denn an meiner Stelle jetzt tun?
    Eigentlich mag ich gar nicht sofort Verweise beantragen. Denn das bleibt 2 Jahre in der Schülerakte, das ist sehr weitreichend gleich. Außerdem will ich mich nicht nach ihrer Pfeife tanzen.
    Andererseits schreien sie ja quasi danach und ich befürchte, dass sie mich gar nicht mehr ernst nehmen, wenn ich jetzt nicht mal jemanden hart bestrafe. Vom Kollegium bekomme ich keinerlei Rückenstärkung, die sind für die Schulstrafen.
    Etwas Neues einführen möchte ich nicht mehr, denn es sind noch 4 Wochen bis zum Schuljahresende, von denen ca. 2 Wochen für Klassenfahrten, Projekttage etc. verwendet werden. Und in den verbleibenden 2 Wochen was komplett Neues einzuführen bringt nicht viel.


    Habt ihr ne Idee, wie das noch zu retten ist?
    Conni

  • Hallo,


    also erst einmal: Was für Früchtchen sind das denn? Die sind in der Klasse 4?


    Also ich finde es sehr bedenklich, dass sich Kinder nur benehmen, weil es eine Strafe gibt. Seit wann hat Respekt etwas damit zu tun, ob man gleich Strafen verteilt?


    Aber eines fordern die Kids: "Konsequenz"


    Also wenn die Kinder darum betteln: Dann beantrage doch Verweise!


    Gibt es nicht die Möglichkeiten von Strafarbeiten (Aufsätze, Sonderaufgaben ect...). Das ist nämlich mit Arbeit verbunden und das tut wirklich weh, weil man Freizeit investieren muss.


    Doris

  • Hallo Conni,


    ich denke auch, dass man Respekt nicht mit Strafen erzwingen kann. Bei uns sind es gerade die netteren Lehrer, die ganz besonders respektiert werden und mit solchen Methoden gar nicht agieren müssen.


    Da ich Kinderkurse veranstalte, die von Leuten gehalten werden, die keine Lehrer sind, erlebe ich es oft, dass die da nicht zurechtkommen (sind auch Grundschüler). Die Kinder haben das ziemlich schnell raus, wo sie sich was erlauben können und nutzen das auch reichlich aus. Ich denke, die Persönlichkeit und die Erfahrung spielen da eine große Rolle.


    Ansonsten finde ich, dass Probleme, die in der Schule entstehen, auch in der Schule gelöst werden sollten. Auf der Grundschule mag es vielleicht noch funktionieren, dass die Eltern da als Hilfspolizisten eingreifen und für Ruhe in der Klasse sorgen. Später sicher nicht mehr. Wobei das bei einzelnen Kindern, die ganz massiv stören, schon mal sinnvoll ist, die Eltern einzubeziehen, aber bei dem üblichen Durcheinander-Geschwätz halte ich das nicht für sehr hilfreich.


    Grüße Enja

  • Hallo Conni,
    du sprichst mir aus der Seele. Mir geht es mit einer vierten Klasse genauso. Ich unterrichte sie seit Anfang des Jahres in Englisch. Die Klasse macht Englisch total gerne, aber ich gehe schon gar nicht mehr gerne rein zu den Kindern. Die Englischstunden sind total anstrengend, da ich keine Ruhe in die Klasse bekomme. Die Jungs äffen mich nach und denken ich würde das nicht sehen, sie unterhalten sich quer durch den Raum. Die Mädchen stört das sehr, zwei bis drei schließen sich den Jungen aber immer an.
    Ich habe auch schon alles versucht: Gespräch mit den Kinder, Gespräch mit der Klassenlehrerin, Mitteilungen an die Eltern gegeben, Störenfriede in die Nachbarklasse geschickt (dann freuen sich sich - angeblich...) , ... nichts hat bisher geholfen.
    Zum Thema Respekt: ein Junge hat in sein Portfolio geschrieben, dass er sich folgendes wünscht: "Dass die Klasse genauso Respekt vor dem Englischunterricht hat wie vor allen anderen Fächern." Als ich das gelesen habe, war ich echt leicht geschockt.
    Was können wir tun?? Warten bis die Kinder in ein paar Wochen die Schule wechseln? Knallhart Strafen verteilen? Ihnen zum 1000sten mal klar machen, dass auch das Sozialverhalten benotet wird???


    Ich weiß es echt nicht. ?(
    Verzweifelt und genervt,
    Leila

  • Welche Konsequenzen "konsequente" Schulstrafen haben können, kann man diese Woche im Spiegel nachlesen.
    Heft 21/2005, S.78:
    " VERBRECHEN: Warum eine Ahrensburger Lehrerin getötet wurde"

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Ich kann mir nicht so richtig vorstellen, dass solche Verweise und ihre Wirkung Grundschulkindern überhaupt plausibel gemacht werden können. Wenn die dann zudem noch inflationär verwendet werden, verlieren sie vermutlich jede Wirkung.


    Noch zum Thema "Probleme lösen, wo sie entstehen":


    Kind rastet in der Grundschule regelmäßig aus. Die Schule ruft dann die Eltern an und lässt es abholen. Zu Hause kommen solche Situationen nicht vor. Die Eltern reden mit dem Kind. Es wird allerdings eher schlimmer als besser.


    Nächste Runde: Kind kommt zum Kinderpsychologen. Der diagnostiziert ADS und verordnet Ritalin. Die Schulleistungen werden besser, aber das Kind rastet nach wie vor heftig aus. Die Eltern werden dann in die Schule gerufen, um es abzuholen.


    Trotz sehr guter Leistungen ist an die Umschulung an ein Gymnasium nicht zu denken. Keines im Umfeld wäre bereit, das Kind aufzunehmen. Die Eltern suchen ein Internat, das mit guten Erfolgen bei ADS-Kindern wirbt. Das Kind rastet im Internat heftig aus. Die Eltern werden angerufen, müssen das Kind abholen und "zur Strafe" eine Woche zu Hause behalten. Diese netten Auszeiten gefallen dem Kind immer besser. Es ist kaum noch in der Schule, nachdem es die Technik einmal raus hat.


    Schließlich führen die Eltern ein heftiges Gespräch mit dem Internat. Folge: Auf Ausrasten werden jetzt Strafen an Ort und Stelle verhängt. Ein Jahr später kommt das praktisch nicht mehr vor.


    Es ist schwierig, einem 10jährigen klarzumachen, dass es sich mit seinem Verhalten unter Umständen eine glanzvolle akademische Karriere verbaut. Es ist beinahe noch schwieriger für die Eltern, auf die Situation in der Schule Einfluss zu nehmen, da sie nicht dabei sind. Das geht nur in ganz engem Rahmen.


    Grüße Enja

  • Hallo,


    mir geht es ja im Prinzip ganz genauso: Ich habe am Anfang nicht gleich zu massiven Strafen gegriffen und habe jetzt die Quittung dafür. Die Schüler sagen mir genauso offen wie euch, dass sie keinen Respekt vor mir haben und dass ich mich nicht durchsetzen kann. Respekt verschaffen kann ich mir demzufolge offenbar nur durch von Anfang an konsequent verteilte Strafen bzw. durch sehr strenges Auftreten.


    Ich finde das einfach nur schade. Anscheinend zieht sich dieses Problem wirklich von der GS bis zumindest ans Ende der Sek I. Letztlich haben wir dann in ein paar Jahren Erwachsene, die sich nur aus Angst vor Strafe korrekt verhalten und ansonsten jede Chance zum "Mogeln" (und zwar in jeglicher Hinsicht) nutzen. Wir können nur hoffen, dass bei einigen trotzdem noch ein gewisses Rechtsempfinden entwickelt.


    Liebe Grüße,
    Carla-Emilia

  • Ich finde Verweise in der GS schon sehr extrem und habe auch noch nicht erlebt, dass es so gehandhabt wird. Ich denke, dass viele Schüler auch mächtig durch den Wind sind. Der große Schulwechsel steht an, das Vertraute fällt weg, so viel neues kommt auf die Schüler zu. Musst du den noch viel "richtigen" Unterrichtsstoff machen? Die Kl meiner Tochter hat letztes Jahr die letzten Schulwochen mit Vorbereitungen auf die neue Schule verbracht. Sie sind die neuen Wege abgegangen, überlegt, wer mit wem in die gleiche Schule/Klasse kommt, was für Wünsche habe ich für die nächsten 1-2 Jahre, welche Befürchtungen...


    LG, Silja

  • Ich bin auch nicht für Verweise in der GS und fühle mich in der Rolle der "Strafenverteilerin" auch nicht wohl. Aber momentan gehe ich in keine Englischstunde ohne mich vorher nicht mit irgendwelchen Maßnahmen einzudecken. Wie blöd, wenn ich mir um solche Dinge mehr Gedanken machen muss als um den eigentlichen Unterricht. Und was den Unterricht angeht habe ich methodisch-didaktisch schon fast alle Register gezogen um die Kinder so zu unterrichten, dass sie erst gar nicht mehr auf die Idee kommen irgendwelchen Mist zu machen.
    Ach, morgen muss ich wieder in DIESE Klasse und ich habe gar keine Lust die Stunde vorzubereiten... Und wie mich das ärgert!


    Leila X(

    • Offizieller Beitrag

    Hallo ihr,


    Doris

    Zitat

    Doris schrieb am 23.05.2005 23:16:
    Hallo,


    also erst einmal: Was für Früchtchen sind das denn? Die sind in der Klasse 4?


    Naja, die "Früchtchen" sind (Einzel)Kinder, mit denen zu Hause alles ausdiskutiert wird. Dagegen sage ich nichts. Die Eltern, die ich zu den Elterngesprächen traf, fand ich auch sachlich bis sehr nett und verständnisvoll für ihre Kinder. Nur, dass die Lehrer in der Schule nicht alles mit jedem einzelnen Kind ausdiskutieren können, haben die Kinder nach fast 4 Schuljahren noch nicht verstanden. Das finde ich bedenklich.


    Zitat


    Also ich finde es sehr bedenklich, dass sich Kinder nur benehmen, weil es eine Strafe gibt. Seit wann hat Respekt etwas damit zu tun, ob man gleich Strafen verteilt?


    Naja, eben. Ich hatte vor sofort hart strafenden Erwachsenen früher keinen Respekt, sondern Angst oder Wut.
    Ich weiß nicht, manchmal denke ich, ich mache generell irgendwas falsch und muss als Mensch anders werden, wenn ich weiter Lehrerin bleiben will. Manchmal denke ich, das hat was mit der Region zu tun. Hier sind viele Kollegen noch so, dass sie strikte Ruhe fordern, schnell laut werden oder strenge Strafen verhängen und kaum Kooperation unter den Schülern im Unterricht zulassen. Da pass ich einfach gar nicht dazu. Das Dumme ist, dass die Kinder nichts anderes kennen und einige Kinder dadurch dann keinen "Respekt" haben können. (Einige kommen auch gut mit mir klar, manche trauen sich plötzlich mehr zu oder werden aktiver, von einigen Eltern kamen positive Reaktionen.) Leider stören eben die "respekt"losen den Unterricht so, dass es für die andern auch nicht mehr schön ist. Hinzu kommt, dass in der Klasse einige dem Klassenleiter nacheifern in der Kompetenz "Coolness".


    Enja
    Vielleicht erklärt das auch, dass bei uns die strengen Lehrer "respektiert" werden. Die müssen solche Strafen auch nicht oft verhängen, da reicht es, wenn sie die Kinder das Hausaufgabenheft vorn auf den Tisch legen lassen.
    Die Eltern mag ich auch so wenig wie möglich einbeziehen, deshalb verteile ich wenige Einträge. Das interpretieren die Kinder dann wieder als "Wir können machen, was wir wollen." weil Kollegen entweder mehr Einträge verteilen oder eben mit Strafen schneller dabei sind. Eine Mutter war sogar entsetzt darüber, dass ich so wenig Einträge verteile und bat mich, ihrem Sohn jedes Mal etwas einzutragen.


    leila
    Naja, wenn sie bald raus sind, gehts ja vielleicht noch. Ich krieg die Schüler nächstes Jahr in anderen Fächern wieder. Das macht mir auch Sorgen.
    Englisch stelle ich mir besonders schwer vor, grad weil man da ja viel mündlich und spielerisch arbeitet. Das ist so ähnlich wie in Musik: Man kann nicht einfach mal schnell ne schriftliche Arbeit geben, wenn es anders nicht geht.
    Ich hab ne 3. Klasse in Musik mal zur Ruhe bekommen, indem ich sie nach wochenlanger Schulung der Sozialarbeit (kaum Musikunterricht möglich) dann Verträge mit den von ihnen ausgahendelten Verhaltensregeln hab unterschreiben lassen. Die hab ich kopiert und in einem Hefter immer bei mir geführt, den ich gut sichtbar auf den Lehrertisch legte. Das half. Außerdem habe ich mit ihnen nur noch frontal im Sitzen gearbeitet, weil es bei offeneren Arbeitsformen und z. B. Tanzen oder Singen im Stehen ständig Rempeleien gab.
    In meiner derzeitigen Matheklasse hilft es, an der Tafel eine Strichliste der verquatschten Minuten zu führen. Sie wissen, dass ich diese Zeit in die Pause hineinarbeite. Ja, sie brauchen ihre Pause, aber das wirkt bisher am besten. Besonders vor der Hofpause, da klingelt es nämlich und sie spüren am besten, dass schon Pause ist. Die anderen Pausen sind leider ohne Klingelzeichen.


    In der Deutschklasse hilft das aber leider nur wenig. Ein bisschen schon, aber wenn der Klassenleiter hinterher drin hat, dann kommt er einfach rein und baut seine Sachen auf oder steht da rum. Heut sagte er sogar, es wäre keine Zeit mehr das Blatt mit der Hausaufgabe auszuteilen. Ich habe ihm zwar mein Konzept schon erläutert und er nickt dann, aber es ist mindestens einmal in der Woche das gleiche. :(


    silja
    Nein, für die Kinder steht eben kein Schulwechsel an. Ich habe noch viel Unterrichtsstoff, meine Vorgängerin hat mir fürs zweite Halbjahr 3/4 des Grundwortschatzes übrig gelassen. Die Kinder können sich teilweise kaum frei ausdrücken, nicht das Wesentliche mündlich wiedergeben, manche nur beim Lesen das wichtigste markieren. Eigentlich bräuchten sie ein Methodentraining, im Fachunterricht der 5. Klasse wird sehr viel vorausgesetzt. Dabei macht mir nicht der Deutschunterricht Sorgen, sondern die anderen Fächer, in denen z.B. sinnverstehendes Lesen vorausgesetzt wird.
    Wegen der Verweise: Kenn ich von Einzelfällen, manchmal Tadel vor der gesamten "Schülervollversammlung" (Nachfolger des Appells, gibts an meiner jetzigen Schule zum Glück nicht mehr), Ausschluss vom Unterricht.


    Zitat


    Gibt es nicht die Möglichkeiten von Strafarbeiten (Aufsätze, Sonderaufgaben ect...). Das ist nämlich mit Arbeit verbunden und das tut wirklich weh, weil man Freizeit investieren muss.


    Also "Strafarbeiten" gibt es gar nicht, die sind gesetzlich verboten. Es gibt die Möglichkeit, Unterrichtsstoff nacharbeiten zu lassen. Das Problem ist, das manche Kinder lieber zu Hause arbeiten. Denen ist es egal, ob ich ihnen eine zusätzliche Aufgabe für die Freizeitgestaltung gebe. Als ich neulich sagte, dass der Rest des Wochenplanes zu Hause bearbeitet werden muss, wollte ein Schüler gleich seine Sachen einpacken und die Zeit in der Schule lieber nutzen, um mit den anderen Karten zu spielen und sich zu unterhalten. Vielleicht sind manche einsam nachmittags? ?(
    Eine Aktion mit schulischem Nacharbeiten (inkl. vorheriger schriftlicher Elterninformation) möchte ich so kurz vor Ende des Schuljahres nicht noch starten, ich glaube kaum, dass das Sinn macht.


    Ansonsten habe ich heute ein Detektivspiel, an dem wir grade (unter Zeitdruck) teilnehmen abgebrochen, die Tafel zu geklappt und Rechtschreib/Grammatikaufgaben aus dem Buch angeschrieben, kurz erklären lassen, arbeiten und zwar ohne das im Wochenplan erlaubte Zusammensetzen. Dann haben sich ein paar ruhige Schüler bei den Mitschülern leise murrend beschwert, ein paar unruhige Schüler laut zeternd bei mir, dass ich zu streng sei. Als ich sie darauf hinwies, dass sie Strenge gestern noch von mir forderten, meinten sie, das sei nun wieder zu streng.


    Ich hab morgen nochmal 2 Stunden. Ich habe ihnen jetzt 2mal angedroht, dass ich das Detektivspiel nicht mit ihnen zu Ende mache, wenn sie so nicht arbeiten können (einige der Aufgaben muss man erklären oder zusammen lösen, die sind superschwer, manche gehen in Gruppen oder alleine, aber eben immer mit Erklärung vornweg und da stören einige schon massiv). Nun überlege ich, ob ich morgen das wirklich abbreche, wenn sie stören. Dann werden wir nicht fertig und können die Lösung nicht einschicken. Das wäre für die, die leise sind aber ziemlich unfair. Auf der anderen Seite, kann ich auch nicht alle lauten rausschicken und im Flur an einer anderen Aufgabe abreiten lassen, dazu sind es zu viele.


    Ach, ich weiß auch nicht. Ich bin ferienreif.


    Conni

  • Hi Conni,


    besonders aus deinem letzten Statement scheint etwas klar zu werden: Du experimentierst und diskutierst dein Lehrerverhalten mit den Schülern.
    Ich glaube, dass man genau dann arbeiten kann, wenn man als Person authentisch ist. Wenn du eine kooperative Arbeitsweise anstrebst ist das Klasse, wird aber per se wohl nicht honoriert werden.
    Versuche Dir doch mal einen Katalog an Massnahmen zuzulegen, mit denen Du unterschiedlichsten Störungen begegnen kannst. Und wenn du die klar legst und öffentlich machst, dann wirst du einschätzbar und die Regeln, nach denen Dein Unterricht ablaufen soll, werden klar.


    Viel Glück,
    Forsch

  • Ich denke, Forsch hat Recht - für mich klingt es auch so, als ob DU nicht sehr klar wärst - drohst z.B. an, das Detektivspiel nicht zu Ende zu machen, stehst aber eigentlich nicht hinter der Drohung.


    DU musst dir klar werden, wie viel du tolerieren willst, wo genau DEINE Grenze ist, und nach deinen Grenzen planst du deine Raktionen, Sanktionen und was weiß ich.
    Brich das Spiel ab, und aus! (z.B.) - denke nicht nach über die für und wider - WENN du angekündigt hast, musst du es durchziehen. Und beim nächsten Mal lieber VORHER überlegen, OB es dir diese Androhung tatsächlich wert ist.


    Die Schüler haben dir eigentlich eh gesagt, was Sache ist (finde ich eigentlich toll, dass sie das schon so verbalisieren können - und es spricht für DICH, dass sie es zu dir sagen, denn das bedeutet auch, dass sie viel Vertrauen zu dir haben)


    Für die letzten paar Wochen wird sich nicht viel auszahlen, aber mit zukünftigen Schülern würde ICH mich in so einem Fall mit den Schülern zusammentun, und einen Vertrag aufsetzen, wo drin steht, was erlaubt ist, was nicht, was passiert, wenn jemand den Vertrag nicht einhält,... - und du und alle Schüler unterschreiben diesen Vertrag.


    Ich habe ja grade heute geschrieben, dass ich Strafen nicht viel abgewinnen kann, aber in krassen Fällen *g* würde ich ev. gelbe und rote Karten verteilen - wie beim Fußball - wer die rote Karte kriegt, arbeitet vor der Tür weiter, oder in der Nachbarklasse oder was immer man sich dann eben (im besagten Vertrag) vereinbart hat.

  • Hallo Conni,


    folgende Vorgehensweise hat mir ganz gut geholfen:

    Du musst dir zuerst für dich selbst zu Hause im "stillen Kämmerlein" überlegen (und möglichst aufschreiben), was du von deinen Schülern erwartest.
    Also z.B.
    Wann müssen sie ganz ruhig sein? Wann ist Flüstern angebracht? Wann dürfen sie aufstehen und rumgehen? Wann sitzen sie am Platz? Wie schaut es mit Melden aus? Was erwartest du in puncto Hausaufgeben? usw. usw.?


    Das formulierst du als Regeln für die Schüler.


    Dann überlegst du dir ganz detailliert, was passiert, wenn ein Schüler nicht das macht, was du willst. Wie reagierst du?
    Was passiert beim 1., 2., 3. ...Regelverstoß? (z.B. Finger auf den Mund-Zeichen für ruhig sein, Ermahnung, Schwätzer auseinandersetzen, Strichliste, Zusatzaufgaben...)


    Und das ist der Knackpunkt:
    Erst wenn du selber weißt, welche Maßnahmen du wann anwendest, wirst du für die Schüler berechenbar und sie müssen dich nicht jede Stunde neu austesten.


    Natürlich musst du den Schülern die Regeln, die bei dir gelten mitteilen (schriftlich).
    Außerdem müssen sie auch wissen, was passiert, wenn sie gegen die Regeln verstoßen.


    Jetzt sind die Regeln und Maßnahmen bekannt und brauchen nicht mehr jedes Mal diskutiert werden. Jeder weiß, was passiert, wenn er sich "daneben benimmt".
    Der Schüler hat es jetzt selber in der Hand sich an die Regeln zu halten oder halt die Konsequenzen zu tragen.


    Und nun kommt der schwierigste Teil:
    Es braucht sehr, sehr viel konsequentes Verhalten von dir.
    (Deshalb ist es auch sinnvoll anfangs nur auf die Einhaltung einer oder zwei Regeln zu bestehen und das dann schrittweise zu steigern.)
    Denn die Schüler werden testen, ob du dich wirklich an deine "Versprechungen" hältst. Oder wieder umkippst und doch mal mehr oder mal weniger erlaubst oder dich auf Diskussionen einlässt.


    Und am Anfang lieber etwas strenger sein - lockerer wird’s von selber.


    Und noch was:
    Ich rede grundsätzlich erst, wenn es ruhig in der Klasse ist. (Anfangs kann das schon ein paar Minütchen dauern.) Sonst muss ich alles 10mal wiederholen.
    In lauten Klassen rede ich eher leiser.
    Ich versuche auch vieles nonverbal zu regeln. (Bilder, schriftliche Arbeitsanweisungen an der Tafel, Gesten)


    Viel Glück und Durchhaltevermögen


    :)

  • Da sagte doch vor einigen Tagen einer der lauten Schüler zu mir: Ich kann sie gar nicht verstehen Frau..., je lauter wir werden, umso leiser reden sie. :D


    Silja

  • Zitat

    carla-emilia schrieb am 24.05.2005 15:45:
    Hallo,


    mir geht es ja im Prinzip ganz genauso: Ich habe am Anfang nicht gleich zu massiven Strafen gegriffen und habe jetzt die Quittung dafür. Die Schüler sagen mir genauso offen wie euch, dass sie keinen Respekt vor mir haben und dass ich mich nicht durchsetzen kann. Respekt verschaffen kann ich mir demzufolge offenbar nur durch von Anfang an konsequent verteilte Strafen bzw. durch sehr strenges Auftreten.


    Hallo Carla,
    nur weil Du nicht gleich zu "massiven Strafen" gegriffen hast, ist die Situation sicherlich nicht "eskaliert"; wenn es sich ansatzweise so abgespielt hat, wie Du es in den anderen Threads beschrieben hast, dann redest Du Dir das nun allzu schön.
    Wenn Du in Strafen Deine einzigen "Waffen" und Möglichkeiten der De-eskalation zu haben glaubst, habe ich Deinen Beitrag in der Tat falsch gelesen und auch beantwortet.
    Ein "Wettrüsten" ist da nicht unwahrscheinlich (und liegt in meinen Augen auf dem gleichen Reife-niveau), und der "Stärkere" setzt sich dann durch. Du hast Deinen Gegenüber dann gezwungen, zu tun, was Du möchtest.
    Mit Respekt, der damit angeblich errungen wird, hat das nichts zu tun.
    Inwieweit das mit unserem demokratischen Grundverständnis zu vereinbaren ist, sei mal dahingestellt.


    Respekt erwirbt man - zumindest als Elternteil - gegenüber Kindern, in dem man ihnen und sich selbst Respekt gegenüberbringt, sprich auch, genau abgrenzt und ausdrückt, was man möchte (dazu muss man es allerdings auch *wissen* und nicht versuchen, sich diese Entscheidung abnehmen zu lassen) - und klare, sinnvolle Regeln für ein gemeinsames Miteinander aufstellt, die allerdings für alle gelten (nicht nach dem beliebten wie antiquierten "quod licet jovi noch licet bovi" - Prinzip ). Je nach Alter der Kinder können einige dieser Regeln "mitgestaltet" werden, aber eine klare Linie muss in meinen Augen von den Erziehenden vorgegeben werden, auch wenn man die Kinder als Menschen ernstnimmt, die "genauso viel wert sind, wie ein Erwachsener", hat man eben die Aufgabe, Ihnen das ein oder andere beizubringen und mitzugeben, bevor sie ihre eigenen Wege einschlagen können.
    Eltern/Erziehende sollten in dem was sie tun auch "authentisch" sein, und in der Lage, den Kurs immer mal wieder zu überprüfen, durchzudenken, hin und wieder zu korrigieren, und, wenn man übers Ziel hinausgeschossen ist, auch Fehler offen einzugestehen.

    Wenn Du die Schüler nun lediglich als Deine Feinde betrachtest, weil Sie auf Deine anfängliche Nettigkeit nicht eingegangen sind, nimmst Du *Dir* in meinen Augen jegliche Chance, aus dem "Dilemma" etwas mitzunehmen.


    Ich war ohne jegliche pädagogische Vorbereitung vor einem Haufen "schwieriger" Jugendlicher (Lehre abgebrochen, Drogen, Alkohol, vorbestraft, arbeitslos usw.) sollte Ihnen ein paar Wochen EDV beibringen und dachte, sie müssten ja ganz glücklich sein, etwas von mir zu lernen. Ich hatte gelernt, meine unterschiedlichsten Kurse mit Erwachsenen nach anfänglichen Schwierigkeiten recht gut aufzubauen und zu gestalten, hatte nach viel erfreulichem Feedback auch das Gefühl, darin ganz gut zu sein. Genaugenommen hatte ich aber von *echten* Jugendlichen nicht die geringste Ahnung.
    Mein kumpelhafter Einstieg ging erst mal gründlich schief und ich versuchte halbherzig einen oder zwei furchtbare Tage lang auf "autoritär" - die Schüler fanden es übel, fügten sich aber murrend - aber da ich nie das sein wollte, was ich meine Schülerlaufbahn über aufrichtig gehasst hatte, merkte ich recht schnell, dass das so nicht geht; ich fand mich einfach ekelhaft. Wir haben uns dann noch irgendwie zusammengerauft und sogar noch eine leidliche "Kurszeitung" zustandegebracht, aber alle waren froh, als der Kurs endlich vorbei war.
    Ich hatte irgendwas falsch gemacht, denn der Kursleiter, ein eher lockerer und lustiger Typ, kam mit den gleichen "schwierigen" Jugendlichen ganz gut klar, vielleicht hatte er aber auch von vorneherein eine andere Einstellung und auch keine *Angst*. Der nächste Jugendkurs, für den ich leider den Vertrag zuvor schon unterschrieben hatte, wurde sogar noch schlimmer und ich merkte, ich bin hier falsch. Vielleicht bin ich aber schlicht mit ganz falschen Erwartungen an das herangegangen.


    Achso "Mogeln" - ähm - hast Du nie gemogelt, gespickt, getrickst oder versucht, was rauszuhandeln? Hast Du Dich nicht aufgelehnt, in Frage gestellt, provoziert oder auch mal richtig daneben gegriffen und dann erst recht noch mit großer Klappe eins draufgelegt? Das gehört nunmal zum Prozess der "Selbstfindung" dazu (bei den autoritär erzogenen sicherlich noch heftiger).
    Das war schon immer so (meinte schon Herr Sokrates) und wird sich vermutlich auch in den nächsten 100 Jahren nicht ändern.


    In den Jammer-Kanon der schlechtesten Jugend aller Zeiten einzustimmen, wird sicherlich Keinem nützen, der mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat - und den Kindern ganz gewiss auch nicht.
    Freundliche Grüsse,
    Steffi (lehnt sich nun zwar schrecklich weit aus dem Fenster, aber dieses selbstgerechte Strafengerede ist wirklich furchtbar)

    • Offizieller Beitrag

    Steffi, hast du schon mal in einer 8. Klasse, die zudem schwierig war, unterrichtet?


    Ich hab Carla-Emilia jedenfalls nicht so verstanden, wie du es interpretierst. Bei ihrer Klasse wäre aber sicher ein konsequentes, Regeln einhaltendes und bei Vertößen auch konsequent strafendes Verhalten richtig. Aber das wurde ja in dem anderen thread schon diskutiert.


    Grüße, Melosine

  • Hallo,


    ich will diesen Thread nicht für mein Problem "missbrauchen", deshalb nur kurz: Ich betrachte die Tatsache, dass es nichts anders als mit Strafen zu gehen scheint, selbst als Armutszeugnis (für mich und die Schüler).


    Nur habe ich bereits alles andere versucht:
    - einen anonymen Fragebogen, um die Ursachen für die Unruhe zu ermitteln (Haupttenor: "Wir sind so laut, weil Sie keine Strafen geben")
    - Daraufhin habe ich gemeinsam mit den SuS Regeln erarbeitet und einen Vertrag geschlossen (mit Regeln und Konsequenzen)
    - Folge: Die SuS haben bei jeder Kleinigkeit nach Strafen für ihre Mitschüler geschrieen. Traf sie selbst eine Strafe, war das natürlich extrem ungerecht.
    - Ich habe immer wieder mit den SuS (auch einzeln) geredet und an ihre Vernunft appelliert. Alles ohne dauerhafte Wirkung.


    Die anderen Lehrer in dieser Klasse führen allesamt ein strenges Regiment samt konsequenter Durchführung von Strafmaßnahmen, an das ich mich jetzt (auch auf Druck der KL und weil es wirklich anders nicht mehr geht) anpassen muss.


    Wenn ich Strafen als "Heilmittel" betrachten würde und mit der jetzigen Situation glücklich wäre, gäbe es meinen Riesenthread nicht.


    Ich betrachte die SuS nicht als meine Feinde. Mir tun nur die leid, die unter der Situation leiden (die stillen SuS) und ich bin mir bewusst, dass das ganze Problem viele Komponenten hat, bei denen meine Person nur ein Teil ist und auf die ich keinerlei Einfluss habe (z.B. häufige Lehrerwechsel in der Vergangenheit, geringer Leistungsstand) und das ich deswegen auch wahrscheinlich nicht zu meiner 100% Zufriedenheit werde lösen können.


    Viele Grüße,
    Carla-Emilia

  • Ich glaube es wird immer vergessen, dass es nicht die Pubertierenden, die Lehrer, die Eltern und die Klasse gibt.


    Und deshalb gibt es auch nicht die Problemlösung.


    Und wie Carla-Emilia schreibt, sie sieht ihren Anteil und den versucht sie zu ändern und das ist der beste Ansatz.


    Wer eigene Kinder( Betonung auf Mehrzahl) hat, weiss, dass es auch da nicht die Strategie gibt. Und wenn eine gefunden ist, besteht die auch nicht lebenslänglich. Ganz im Gegenteil, durch die Entwicklung bedarf es ständig neuer, flexibler Überlegungen.


    Aber Grundrichtlinien, müssen in einer Gruppe, bestehen. Und die legen die Eltern fest, bzw. die Lehrer und kein anderer. Und das bedeutet in meinen Augen, Sicherheit und Halt für Kinder und Jugendliche. Und alles was dann auf mich zukommt, kann und sollte ich flexibel gestalten, aber das Grundgerüst muss stehen.


    Und wenn dieses Grundgerüst in einer Klasse nicht vorhanden ist, warum auch immer, dann sollte man als erstes daran arbeiten.
    Und ich würde das im Kleinen in Angriff nehmen und mich nicht selber unter Druck setzen.
    Große Rundumschläge frustrieren nur und bringen nichts und meistens hält man sie nicht durch, weils einfach zuviel auf einmal ist.





    woman123

  • Hallo Melosine,


    Zitat

    Melosine schrieb am 28.05.2005 12:46:
    Steffi, hast du schon mal in einer 8. Klasse, die zudem schwierig war, unterrichtet?


    Nein, natürlich nicht. Da ich mal davon ausgehe, dass das eine rhetorische Frage ist, vermute ich mal, dass ich gerade in meine "redet-wie-ein-Blinder-von-der-Farbe" Schranke verwiesen wurde ;)


    Dass ich die wenigen Erfahrungen, die ich *persönlich* mit Jugendlichen zwischen 15 und 19 hatte, alles andere als glänzend gemeistert und mich nicht gerade mit Ruhm bekleckert habe, hatte ich ja erwähnt - in diesem Zusammenhang ziehe ich wirklich den Hut vor Jedem, der das täglich aufnimmt und meistert.

    Ich gebe Dir recht, dass ich mich im Interpretieren nach der sehr bedrückenden Lektüre des Spiegel-Artikels etwas habe davontragen lassen.


    Die "Strafen" erschienen hier irgendwie allgegenwärtig und schon so quasi zum Patentrezept für schwierige Klassen präsentiert, von aussen betrachtet wirkt das auf mich einfach nicht stimmig und als mögliche allgemeine Tendez verursacht mir das regelrechte Bauchschmerzen.


    "Konsequenz" eines Verhaltens bewerte ich ganz anders als "Strafe" und betrifft beide Seiten und schliesst auch Willkür weitgehend aus - naja, seis drum, das wurde ja in den anderen Threads wirklich schon umfassend erörtert.


    Das schöne Wetter ruft :D


    liebe Grüsse,
    Steffi (Hochsommer im Mai )

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