Differenzierte Bewertung Geschichtenschreiben

    • Offizieller Beitrag

    Hallo ihr,


    mal wieder eine meiner Fragen... ;)
    Meine 4. Klasse schreibt gerade für den Wettbewerb "Deutschland sucht die Superdetektivklasse" den vorgegebenen Geschichtenanfang zu Ende. Vergangene Wochen planten sie die Geschichte und schrieben den ersten Entwurf. Dieser wird nun überarbeitet (Schreibkonferenz und Vorschläge von mir) und in eine ansprechende Form gebracht, um abgeschickt zu werden. Diese letzte Variante, die zum Wettbewerb geschickt wird, möchte ich als Klassenarbeit werten. Fast alle Kinder hatten gute Ideen und sind bereits gut vorangekommen mit der Geschichte.


    Probleme:
    In der Klasse ist ein ADHS-Schüler (nimmt Ritalin), der mäßige Konzentrationsprobleme hat, aber große Probleme mit kreativen Aufgabenstellungen. Solange alles sehr systematisch, der Reihenfolge nach geht, möglichst mit Lückentext oder kurzer Abschreibaufgabe, ist alles gut. Aber zur Planung der Geschichte hatte er keine Idee letzte Woche. Auch das Vorstellen von Ideen der anderen Kinder brachte ihn nicht weiter.
    Der Schüler hat glücklicherweise seine eigenen Bewertungsmaßstäbe und muss eine viel geringere Leistung bringen als die anderen, aber das ist dann auch problematisch: Wo sind z.B. 32 % der Leistung der anderen beim Geschichtenschreiben? Und was mach ich, wenn er keine Idee hat?
    Mit Stichpunkten zum Umsetzen in eine Geschichte helfe ich ihm auch nicht, dann würde er diese vermutlich aneinanderreihen und nichts Eigenes hinzufügen. Zudem braucht er Hilfe beim Formulieren. Was soll ich dann bewerten? Eine Idee kann ich dann nicht bewerten, denn das waren ja dann meine. Die Formulierungen auch nicht wirklich, weil ich ihm da vermutlich recht stark helfen muss.
    Eine Bildergeschichte zeichnen zum Fortsetzen der Detektivgeschichte - *hust* - sagte ich schon, dass ich Kunst nach der 8. Klasse abwählte? ;)
    Außerdem befürchte ich, wenn ich ihm etwas vorgebe, dass sich andere Kinder der Klasse daran orientieren und ihre eigenen Ideen hintenan stellen.
    Wenn ich ihm jetzt eine völlig andere Aufgabe gebe, dann kommt er durcheinander, weil er jetzt schon "Detektivgeschichte fortsetzen" im Kopf gespeichert hat und das erst "abhaken" kann, wenn er fertig ist damit.
    Der Klassenleiter ist nicht wirklich kooperativ und zwei Kolleginnen sagten, ist doch egal, der Junge hätte eh einen Freibrief.
    Habt ihr irgend eine gute Idee für mich? Was würdet ihr an meiner Stelle jetzt tun? (Der Junge will arbeiten, er will benotet werden. Formale und systematische Aufgaben erledigt er qualitativ meist gut.)


    Grüße,
    Conni mit dem Brett vor dem Kopf

  • Wie wäre es, wenn er am Tag der Arbeit das Ritalin wegließe? Ich könnte mir denken, dass er dann sehr kreativ ist zumal, wenn du ihm das vorher so "erklärst".


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

  • Bablin:
    Ritalin = man hat keine Phantasie mehr??? Sorry, aber das kann ich nicht ganz nachvollziehen.
    Mein Sohn nimmt auch Ritalin, gekoppelt mit Concerta, und kann trotzdem phantasievolle Geschichten schreiben. Vielleicht gerade wegen der Medikamente. So kann er seine Gedanken besser sortieren.


    Oder habe ich Dich falsch verstanden und Du meintest, er solle die Medis wegen der Bewertung der Geschichte nicht nehmen?? ?(


    Conni:
    Ich wundere mich, dass der Junge anders bewertet wird. Habe davon noch nie etwas gehoert. Warum ist das so?


    Noch einen schoenen Sonntag!
    Dotti

    • Offizieller Beitrag

    Bablin,


    ich möchte die Arbeit nicht in einer Stunde fertig schreiben lassen sondern in 3 Wochen erstellen über mehrere Zwischenstufen. Ich hab es den Kindern so erklärt, dass das ein Wettbewerb ist und die Geschichte besonders gut werden soll.
    Mit Ritalin weglassen, ich weiß nicht. Er war wohl vorher so unruhig, dass er durch die Klasse kugelte auf dem Boden. Dann kann er ja auch nicht schreiben. Bei Medikamenten bin ich mir recht unsicher.



    Dotti
    Es gab Gespräche mit Eltern, Schule und Arzt des Jungen, weil er im Fachunterricht keine Chance mehr hatte. Das Kind wurde auf Beschluss der Klassenkonferenz ein Jahr zurückgestuft in die 4. und muss vom Umfang her weniger Leistung erbringen. Er kann lt. Arzt nicht so schnell arbeiten wie die meisten Kinder seiner Altersgruppe. Der Junge schreibt z.B. extrem langsam. Manchmal schafft er 25 Wörter in einer Unterrichtsstunde, manchmal auch nur 7.


    Grüße,
    Conni

  • Zitat

    Ritalin = man hat keine Phantasie mehr??? Sorry, aber das kann ich nicht ganz nachvollziehen.


    Nachvollziehen kann ich es auch nicht - aber sehen, dass es bei manchen Menschen so ist. Ich kenne einen Musiker, der unter der Woche Ritalin nimmt und nur so seinen Alltag strukturiert kriegt, und es am Wochenende weglässt, weil er sonst nicht improvisieren und komponieren kann.


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

  • Bablin
    Interessant zu lesen.


    Conni:
    Ist diese Differenzierung denn tragbar? Wie sieht es aus, wenn er auf die hoehere Schule wechselt? Geht er dann auf die Sonderschule?


    Liebe Gruesse
    Dotti


    P.S.: Ich weiss, dass Gruesse mit "ß" geschrieben wird. Habe aber eine amerikanische Tastatur und bin zu faul umzuschalten! :D

    • Offizieller Beitrag

    Hallo ihr beiden,


    was mit dem Kind später wird, ist noch nicht klar. Er war zu Beginn des Schuljahres ja schon in der 5. Klasse und kam nicht klar.
    Eventuell nimmt ihn bald eine private Schule.
    Alternativ wäre wohl die Sonderschule denkbar. Aber gegen die Schule für Lernbehinderte spricht, dass er ja pfiffig ist. Gegen die Schule für Erziehungshilfe spricht, dass er auch dort den Stoff nicht in der gleichen Zeit bewältigen kann wie die anderen.


    Die weiterführenden Schulen integrieren bei uns auch nur verhaltensauffällige Schüler und da wird auf solche Probleme wahrscheinlich eher keine Rücksicht genommen.
    Schade eigentlich.


    Inzwischen hatte ich die rettende Idee: Ich hab die Geschichtenaufgabe für die Förderstunde mitgegeben, die Kollegin fragt mich manchmal, ob sie was für den Unterricht mit dem Jungen machen kann.


    Grüße,
    Conni

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