Der richtige Beruf?

  • Hallo,
    gerade habe ich mein 2. Examen Grundschule mit sehr guten Noten bestanden und auch gleich ab dem 1.2. einen Vertretungsvertrag mit 28 Stunden für 1 1/2 Jahre bekommen (NRW). Ich bin nicht im Vertretungspool tätig, werde aber dennoch nach den jeweiligen Ferien an andere Schulen versetzt. Ich werde so eingesetzt, dass ich keine Klasse bekomme, sondern in allen Klassen der Schule die jeweiligen Nebenfächer Kunst, Sport, Musik, teilweise Sachunterricht und Religion unterrichte.
    Seit ich so arbeite macht mir der Lehrerberuf überhaupt keinen Spaß mehr. Ich habe jede Stunde andere Kinder und kann mir kaum Namen merken. In den Fächern, die ich unterrichte, bin ich bis auf Religion, nicht ausgebildet, so dass von klein auf anfangen muss. Vor allem mit Musik habe ich Probleme. Die Schüler sind bei mir immer sehr unruhig. Wenn ich nach der 6. Stunde aushabe, bin ich fix und fertig und meine Ohren dröhnen. Nachmittags muss ich mich immer ganz schwer aufraffen, um mir wieder etwas "Gutes" für die nächten Kunststunden zu überlegen. Ich habe mir inzwischen zum Glück einen entsprechenden Literaturfundus angelegt.
    Geht es jemanden anders auch so?
    Manchmal denke ich, dass ich für den Lehrerberuf vielleicht doch nicht geeignet bin und mir lieber einen anderen Beruf suchen sollte. Oder habe ich zu hohe Ansprüche an mich und es ist ganz normal, dass in so einer Situation die Kinder unruhiger sind und die Stunden nicht zum vorzeigen verlaufen?
    Wer weiß Rat? ?(

  • Erstmal: !!!
    Ich bin zwar nicht in der selben Situation wie du, kann aber dennoch sagen: es ist normal, dass nicht alle Stunden "zum Vorzeigen" verlaufen. Mir geht es so manches Mal ähnlich, wenn ich die genau vorbereiteten Ref-Stunden mit jetzt vergleiche. Bei vollem Lehrauftrag und als Anfänger ist das schwer schaffen, immer zufrieden mit sich zu sein. Ich versuche daraus einfach Folgerungen für die nächsten Stunden zu ziehen und es besser zu machen.
    Die Unruhe der Kinder - hm, ich würde an deiner Stelle auch berücksichtigen, dass ihr euch ja kaum kennt und du oft die Stelle wechselst... In meinen Fachlehrerstunden bin ich auch nicht immer so glücklich, wie in meiner eigenen Klasse.
    Wie erging es dir denn im Ref? Wenn du hier Spaß hattest und überzeugt warst - halte durch!!!
    Alles Liebe, Sternchen

  • Hallo Alem,
    ich fand mein Referendariat nahezu wundervoll, hab auch ein ganz gutes Examen gemacht und hatte direkt nach der Prüfung ´ne volle Stelle als Klassenlehrerin einer 6. Klasse (LH-Schule).
    Etwa ein Jahr lang war dieser Job für mich der blanke Horror. Die Arbeit in der Klasse war sehr schwierig, vom Fachunterricht in den anderen Klassen ganz zu schweigen....
    Ich fand meinen Unterricht mies und war mit 28 Stunden völlig überfordert. Ich ging keinen Abend vor 12 ins Bett, hatte nur äußerst selten mal ein "freies" Wochenende und alles in allem viel viel mehr Stress und Arbeit als im Ref. (so kam´s mir jedenfalls vor!)
    Jetzt -1,5 Jahre später- hat sich das zum größten Teil gelegt und ich finde meinen Job durchaus wieder wundervoll (zugegeben nicht jeden Tag, aber doch oft
    ;) ) Man bekommt in vielen Dingen einfach Routine, die den Schulalltag erleichtert.
    Wenn ich mich bei meinen Kollegen so umhöre, glaube ich, dass die anfänglichen Zweifel, die "Überforderung" und die eigene Unzufriedenheit völlig normal sind. Ich kenn keinen der nicht in den ersten Wochen bzw. Monaten nachmittags ab und zu heulend zu Hause saß :(
    Aber glaub mir - alles wird gut!
    Du musst nur´n bischen durchhalten!
    Wünsche dir viel Erfolg und Kraft dabei,
    Gruß
    Potilla

    Man muss nicht immer jeden da abholen, wo er steht - manchmal ist es auch wichtig jemaden da zu lassen, wo er sein will!

  • Hallo Alem,


    zuerst einmal: Nicht verzweifeln!
    Ich hab ganz ähnlich angefangen, wie du. Ich hatte zunächst für 6 Monate einen 24-Std.-Vertrag an 2 verschiedenen Schulen - das waren 8 verschiedene, mir unbekannte Klassen. Unterrichten musste ich auch 'alles' und war genau wie du als Berufsanfängerin total überfordert! Wie oft saß ich bis spät abends am Schreibtisch und brütete über den Vorbereitungen... Zudem musste ich jeden Tag in den großen Pausen hin- und herpendeln - alles in allem: Echt ätzend! :( Aber ich war in erster Linie froh, dass ich überhaupt erstmal einen Job hatte, Geld verdiente!
    Aber was das Wichtigste war, was mich immer 'oben' gehalten hatte: Ich war optimistisch, hatte den Glauben (!) nie aufgegeben, dass ich bessere Verträge bekommen würde, bis hin zur festen Stelle!
    Schon nach 3 Monaten bekam ich ein Pool-Angebot, für 1 Jahr. Den Vertrag konnte ich problemlos wechseln. Die Unterrichtssituationen verliefen zunehmend entspannter, wenn auch natürlich noch immer nicht wirklich befriedigend. Nach weiteren 10 Monaten bekam ich dann endlich die lang ersehnte feste Stelle! :) Ich "erbte" eine dritte Klasse und wurde direkt ins 'kalte Wasser' der Klassenleitung geschmissen.
    Aber glaub' mir, die harte Arbeit der Vertretungsstellen hatte sich ausgezahlt; ich hatte so viele Erfahrungen gesammelt, dass mir der "wirkliche" Einstieg kaum noch schwer fiel! :)


    Leider verläuft die Stellensituation nicht immer so glücklich, wie bei mir, das ist klar. Dennoch bin ich überzeugt, dass meine positive Grundhaltung mit der Hauptgrund dafür war - ehrlich! Auch wenn ich ob der Situationen oftmals am Verzweifeln war, so wie du gerade, wusste ich immer, dass ich in diesem Beruf am richtigen Ort war und bin - gepaart mit der richtigen Portion Optimismus, dass ich irgendwann 'in und an' der "richtigen" Stelle landen werden würde...


    Auch du wirst nicht immer 'so' arbeiten müssen, und dass du 1 1/2 Jahre in der Stelle feststecken wirst, ist ja gar nicht gesagt! Versuch es positiv zu sehen, denk an die vielen wertvollen Erfahrungen, die du jetzt mitnehmen kannst und die es dir später wirklich erleichtern werden!
    Wenn du Unterrichtsanregungen brauchst, schau dich hier um, dies ist eine wahre Fundgrube!


    Halt die Ohren steif, mit deinem super Examen hast du doch die besten Voraussetzungen, optimistisch zu sein! :)


    Alles Gute wünscht
    Lea

  • hallo alem
    für mich sieht das so aus als ob du gnadenlos verheizt wirst.
    so darf niemand mit jungen lehrkräften umgehen.
    soll ich an deine vorgesetzte stelle schreiben?
    es ist unglaublich was schulbehörden anfangenden lehrkräften zumuten. ich kenne mehrere von solchen geschichten.

  • Hallo alem
    wenn jemand "nur" Nebenfächer unterrichtet in ständig wechselnden Klassen, hat das ja mit dem Lehrerberuf, den du gelernt hast und den du ausüben willst, eigentlich herzlich wenig zu tun. Ich stimme robischon voll zu, dass du da verheizt wirst. Da würde auch "gestandenen" Lehrkräften der Spaß vergehen ...
    Also wenn robischon als anerkannte pädagogische Autorität (darf ich doch mal so formulieren, gell?) für dich ein Machtwort einlegen würde, dann täte ich nicht lange überlegen :):):)
    Danke an robischon und alles gute für dich!!
    venti :)

  • Hallo,
    danke euch allen für die aufmunternden Antworten!
    Das hat mich daran bestätigt, dass meine Unlust und schlechten Erfahrungen nur an der Situation und nicht an meiner Lehrerpersönlichkeit liegen.
    Also auf bis zu den nächsten schulscharfen Stellenausschreibungen und nie die Hoffnung aufgeben, auch einmal eine tiefere Bezieuhng zu Sch aufbauen zu können.
    Liebe Grüße
    Alem

    • Offizieller Beitrag

    Hi Alem,


    ich meld mich mal so als "Nachzüglerin".
    Mir gehts ein wenig so wie dir, wenn auch nicht ganz so krass.
    Habe seit Ende meines Refs im Herbst 19 Wochenstunden (und lange Fahrzeit, da ich mich mit dem Arbeitsort gar nicht anfreunden kann). Die ersten 3 Monate als Krankheitsvertretung, davon über 3 Wochen die meiste Zeit in einer 3. Klasse, das war zwar nicht einfach, aber hat Spaß gemacht. Dann kamen 2 Monate als Teilungs- und Vertretungslehrerin. Zum Glück wurde ich nicht "verheizt", sondern wenn irgend möglich fachgerecht zur Vertretung eingesetzt.
    Jetzt bin ich seit 1.2. an meiner "endgültigen" Stelle, obwohl ich mir das noch gar nicht so vorstellen kann.
    Ich bin momentan Nur-Fachlehrerin und unterrichte innerhalb von 19 Wochenstunden 6 Lerngruppen mit insgesamt etwa 90 Kindern. Seit letzter Woche steh ich immerhin nicht mehr immer in der Nähe des Sitzplanes.
    Zum Glück habe ich auch eine Klasse in Deutsch und eine andere in Mathe, so dass ich in diesen beiden Klassen mehrere Stunden bin und die Kinder langsam besser kennen lerne. Der Rest sind Musik- und Chorstunden.
    Ich arbeite total viel, bereite viel vor und bin auch nie zufrieden, dieser Perfektionsanspruch, der uns im Ref eingeimpft wird, ist nicht so hilfreich grad. Fachlich/methodisch fühle ich mich in 3 Lerngruppen mit für mich völlig neuer Situation / Fach sehr unsicher, bei den andern 3 ist es ok.
    Mit der Hälfte meiner Lerngruppen klappt es disziplinmäßig ganz gut, die andere Hälfte hat mich letzte Woche zum Verzweifeln gebracht.
    Die Chorstunden mit den "Kleinen" sind die Hölle: Für die Kinder ist das nämlich eindeutig "Freizeit" = Spiel und die Kinder albern viel rum, ich hab schon immer Angst, die Kinder nicht heile vom Hort in die Schule zu bekommen, weil ihnen Bürgersteige, Straßen und Autos trotz Ermahnungen ziemlich egal zu sein scheinen. In den Chorproben lachen sie, stacheln sich gegenseitig mit dem Lachen an.... Das einzige, was bisher mal für 10 Minuten half, war die Kinder anzuschreien. (Der eine Chorleiter vom Chor der älteren Schüler sagte, das müsse man, das seien die Kinder aus dem Unterricht gewöhnt. )
    Auch die eine Musikklasse ist total unruhig, eine Aussprache ergab, dass sie mich strenger wollen: Mehr schimpfen, Hausaufgabenhefte einsammeln, Einträge verteilen, Stundennoten fürs Verhalten inkl. Pausenverhalten (!!!), Schüler rauswerfen, mit dem Schnellhefter an den Kopf hauen oder mal (aus Spaß) die Faust ins Gesicht halten (alles Vorschläg der Schüler!!!!!!)
    An solchen Tagen möchte ich nur noch nach Haus und nie wieder eine Schule von innen sehen! (Naja, zumindest für ein paar Stunden... )


    Aber weißt du, ich hatte im Ref auch schon solche Erfahrungen: So lange ich "nur" als Fachlehrerin drin war, gab es Unruhe und teilweise Konflikte mit Schülern, einfach weil man grad als Musiklehrer nicht so ernst genommen wird wie der Klassenleiter und auch weil ich nicht so wie viele KollegInnen (auch Klassenleiter) oft laut werde oder Einträge verteile. Die meisten Kinder waren dann aber doch traurig, wenn ich mal krank war oder als ich ging.


    Das ist bei dir natürlich alles noch blöder, weil du auch häufiger die Schule wechselst. Sind denn die Lehrer, die du vertrittst auch alle nur Fachlehrer?


    Grüße,
    Conni

  • Hallo,
    och Mensch!!! Das darf nicht war sein. Ich habe heute die NAchricht erhalten, dass ich ab morgen schon wieder in eine andere Schule muss. (Auch wieder nur die Fächer und Stunden, die sonst keiner machen will). Dabei habe ich gerade die Namen der Kinder gelernt gehabt und die Unterrichtsreihen für die nächsten Wochen geplant.
    Jetzt muss ich auch noch in den Pausen pendeln.
    Die Schulen sind 15 Minuten voneinander entfernt. Egal, wie ich mich beeile, ich werde immer zu jeder Stunde zu spät kommen.
    Langsam vergeht mir wirklich die Lust an Schule!!!
    X(
    LG, Alem

  • Hallo alem,
    ich finde, dass du richtig gute Arbeit machst (auch nach Deinen Berichten in anderen Threads zu urteilen ...)
    Chapeau!!
    meint, der Forsch

    • Offizieller Beitrag

    hallo alem,


    erstmal auch von mir ein


    Zitat

    alem schrieb am 03.03.2005 15:43:
    Jetzt muss ich auch noch in den Pausen pendeln.
    Die Schulen sind 15 Minuten voneinander entfernt. Egal, wie ich mich beeile, ich werde immer zu jeder Stunde zu spät kommen.


    Das ist ja völlig bescheuert! Können die nicht rechnen? Ich find das einfach unglaublich.


    Conni

  • Hallo alem,
    was sagt der Personalrat dazu? Ich würde mich erstmal überall beschweren, auf dem Dienstweg wenn's sein muss. Hast du robischon schonmal kontaktiert? Das würde ich auf jeden Fall machen!
    Viel Erfolg!!
    venti
    :)

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