Hallo, ich habe eine sehr quirlige erste Klasse - viele kleine Persönlichkeiten, die nach dem Motto "mit dem Kopf durch die Wand" und "Hauptsache, erst ICH" handeln - - gegenseitige Rücksichtnahme oder auch nur gegenseitiges Zuhören ist schier unmöglich. Für sich allein genommen sind die Kinder sehr liebenswert - ich denke, es ist die ungünstige Konstellation. Z.B. sind in meiner Klasse inzwischen 31 (!) Erstklässler (ich dreh wirklich durch!!), davon 3 extrem verhaltensgestörte, 2 ADS-Kinder, 2 ausländische Kinder, die kaum deutsch können... Insgesamt viele Scheidungskinder und vor allem auch Einzelkinder. Bisher dachte ich, dass ich diese Situation ganz gut managen könnte, doch allmählich läuft mir das alles aus dem Ruder. Partnerarbeit ist immerhin möglich, Gruppenarbeit funktioniert gar nicht. An einen Erzählkreis ist nicht zu denken - und das nicht nur aus Platzmangel, sondern weil sich die Kinder gegenseitig überhaupt nicht zuhören und weil den einen das Wochenenderlebnis vom anderen überhaupt nicht interessiert. Was kann ich denn dagegen machen? Hat jemand einen Tipp? Viele Grüße von der verzweifelten Jule... *heul*
laute Klasse, kein Sozialverhalten
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Hallo Jule,
dein Beitrag hat mich zu meinem ersten Posting motiviert, doch einen Tipp kann ich dir leider auch nicht geben. Ich kann dir nur erzählen, dass ich mich in einer ähnlichen Situation wie du befinde. Die Beschreibung deiner Klasse trifft größtenteils auch auf meine Lerngruppe zu (ebenfalls erste Klasse). Habe zur Zeit leider auch das Gefühl, dass mir die Kinder "auf der Nase herum tanzen", wobei sich ihr Verhalten sicherlich nicht gegen mich richtet. Für die Kinder stehen zur Zeit ihre sozialen Konflikte im Vordergrund. Gerne würde ich diese zum Unterrichtsinhalt machen, aber auch dazu wäre eine Grundvoraussetzung, dass sich die Schüler an die Gesprächsregeln halten. Ich fühle mich zur Zeit unheimlich schlecht, wenn ich vor der Klasse stehe und meine Hauptbeschäftigung darin besteht, für Ruhe zu sorgen.
Wo kann man ansetzen, um eine "schwierige" Klasse "in den Griff zu bekommen"? Auf positive Verstärkung reagieren nicht alle meiner Schüler, Strafen scheinen die meisten auch nicht zu interessieren .
Viele Grüße von der ebenfalls verzweifelten Feli -
Die Beschreibung deiner Klasse erinnert mich an meine, die sind mittlerweile in der 2. Kinder, die aus entspanntem Elternhaus kommen, habe ich nicht so viele. Tipps zu geben ist auch schwer, denn in Zwischenphasen ist meine Klasse immer noch laut, doch wird es langsam besser. Sie brauchen Erfahrungen, dass Stille wohl tut, denn das haben sie bislang noch nicht gelernt. Meistens läuft der Fernseher oder Radio...
Meine Kinder sind oft überfordert mit selbstbestimmtem Lernen, weil sie nie gelernt haben,sich selbst zu bestimmen. Auch das ist ein Weg. Nicht gerade sofort einen Wochenplan, sondern vielleicht Auswahl aus 2 Aufgabenstellungen...., jeden Morgen ein Mandala anmalen, dabei ruhig sein.
Verstärken, belohnen, wenn es mal ruhig ist....Erzählkreis ist auch jetzt noch anstrengend, weil es einfach lang wird und damit auch langweilig. Nun lasse ich eher Geschichten vom Wochenende aufschreiben, die das Kind dann erzählt - so gibt es nur einen kurzen Beitrag.
Wenn ein Kind mit sich selbst nicht klar kommt, hat es extreme Probleme bei Gruppenarbeit, deswegen, wenn PArtnerarbeit klappt, ist doch immerhin ein Anfang.
Lass dich nicht verrückt machen, du kannst deine Klasse nicht mit anderen vergleichen und wenn die Konstellation nun so unglücklich ist, dann versuche die kleinen Schritte aufzuschreiben und zu bemerken, dann bist du nicht so frustriert.
Ansonsten gab es mal einen Threat, der in deine Richtung ging .
flip -
Ich habe ja auch 'einen wilden Haufen' in der ersten Klasse übernommen (nach Weihnachten). Zuhören? Was ist das? Bei mir war auch keine Partnerarbeit möglich - es gibt schier niemanden, der nicht mit irgendwem streitet .
ABER: sie sind nun in der zweiten Klasse und ich merke schon eine deutliche Verbesserung zum ersten Jahr (meistens ).
Ich habe für's Reden im Kreis einen Redestein eingeführt. Nur wer den in der Hand hält, darf reden. Mehr als drei - fünf Kinder kommen bei einer Erzählkreisrunde nicht dran. So lange, bis du merkst, dass sie nun mehr schaffen können.
Die Triangel ist unser Zeichen, wenn es zu laut wird. War den Kindern natürlich völlig einerlei, ob die erklingt oder nicht, du musst es also immer wieder spielerisch ÜBEN.
Außerdem habe ich dann irgendwann jeden Tag mit einer Geschichte gestartet, einfach, damit die Kinder mal ZUHÖREN lernen (DAS war mühsam ), in der Früh klappte das besser, als am Ende des Tages. Positive Nebeneffekte waren natürlich, dass den Kindern verschiedene Literatur nähergebracht wird, und dass sie danach immer sehr entspannt und friedlich waren, was auch mehr Ruhe brachte. Die Geschichte gab es allerdings nur, wenn wir schnell anfangen konnten, sonst wäre zuwenig Zeit gewesen - somit bemühten sich die Kinder auch schnell ruhig zu sein (positive Verstärkung).
Du könntest genausogut immer am Stundenbeginn beruhigende Musik einschalten, damit die Kinder wissen, dass es JETZT losgeht, oder irgendein anderes Ritual mit ihnen vereinbaren.Und dann ist man natürlich selber ein entsprechender Faktor - je lauter ich agiere (weil ich nach hinten rufe, anstatt hinzugehen z.B.), umso lauter wird es in der Klasse. Das krieg' ich an manchen Tagen besser geregelt, an anderen wieder nicht so - aber es ist mir immerhin bewusst ;). Und manchmal ist einfach NICHTS zu machen, so sehr ich mich auch bemühe.
Noch etwas ist mir aufgefallen, Je weniger ich mir einplane (an Stoff), desto eher habe ich das Gefühl, die Kinder haben ihr Pensum geschafft und bin dann nicht so empfindlich, wenn nicht die notwendige Arbeitsruhe herrscht - und witzigerweise geht gerade an solchen Tagen dann weit mehr voran, als man sich je erträumt hätte :D.
Nur nicht aufgeben - solche Kinder brauchen ganz klare Strukturen, dann wirst du auch allmählich (!) den Erfolg merken.
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Hallo Jule,
31 Erstklässer sind eine riesige Herausforderung, ganz egal wie lange sie oder er schon im Lehramt tätig ist. Das kann man /frau in einem halben Jahr kaum hinkriegen, dass die Kleinen zuhören und sich konzentrieren. Von daher gesehen ist es prima, wenn deine Klasse schon in Partnertarbeit arbeiten kann! Kompliment! Wie meine "Vorrednerinnen" bin ich auch der Ansicht, dass Gruppenarbeit in einer solchen Klasse noch zu viel verlangt ist. Ich würde lieber versuchen, ab und zu mit einem Tagesplan zu arbeiten (mit Laufzettel zum Abstempeln). Das gibt dir vielleicht ein bisschen mehr Luft für einzelne Kinder, die Hilfe brauchen. Und schont auch deine Nerven ein bisschen, wenn die SuS begriffen haben, wie es funktioniert.
Und: Ab Weihnachten geht es normalerweise deutlich besser mit den Erstis! Nur Mut!!
Gruß venti
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Hi!!!
An der Grundschule, an der ich seit einigen Wochen arbeite, haben die Lehrer der 1. Klasse einen "Stille-Stuhl" nach der Super Nanny eingerichtet - mit Erfolg!
Was hier auch ganz gut funktioniert, ist eine Ampel. Diese Idee hatte unsere Referendarin.
Ich persönlich habe eine Bildkarte (Stilles Arbeiten)und einen Energy Chime (Klangstab).
Besonders leise arbeiten meine Drittklässler, wenn ich leise Entspannungsmusik (für Kinder )abspiele. Vielleicht ist das auch was für dich!?
Du könntest auch Hörübungen machen und mit einem Instrument einen Klang erzeugen. So müssen die Kinder ganz still sein, um den Ton hören zu können.
Was sich auch ganz gut eignet sind Phantasiereisen. -
nur mal so als tipp: eine andere einstellung, eine andere arbeitsweise. ich habs dokumentiert drei jahre lang.
selbst organisiertes kooperatives lernen.
http://www.rolf-robischon.de
Lernen ist wie Netze spinnen -
Zitat
...haben die Lehrer der 1. Klasse einen "Stille-Stuhl" nach der Super Nanny eingerichtet - mit Erfolg!...
Was ist das denn - Ich denke mal, nicht alle Lehrer sehen diese pädagogisch wertvolle Sendung immer...
Ich habe heute in der 5./6. Stunde mit meinen 25 Erstklässlern "geprickelt", für ein weihnachtliches Fensterbild. Es war so ruhig wie selten im Klassenraum, die Kinder hatten die Zunge meist zwischen den Zähnen, voll konzentriert. Bei manchen "künstlerischen" Techniken kann man ein wahres "Stille-Wunder" erleben (Pustebilder, Mosaik kleben...)
Gruß,
Peter -
Zitat
Ich habe heute in der 5./6. Stunde mit meinen 25 Erstklässlern "geprickelt", für ein weihnachtliches Fensterbild. Es war so ruhig wie selten im Klassenraum, die Kinder hatten die Zunge meist zwischen den Zähnen, voll konzentriert. Bei manchen "künstlerischen" Techniken kann man ein wahres "Stille-Wunder" erleben (Pustebilder, Mosaik kleben...)
genau das habe ich neulich beim prickeln der laternen zu st.martin auch beobachten können man war die klasse leise, dachte schon ich hätt mich verirrt!
man konnte wirklich (!) eine stecknadel fallen hören.
wegen mir muss nicht absolute stille herrschen, aber schön, wenn mal keiner was sagt.sabi
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Hab mal ne Frage: Was ist den "prickeln"? habe ich vorher noch nie gehört..
Gruß leppy
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Du nimmst eine Art Nadel und ein Filzkissen, legst dazwischen Papier, Pappe, was auch immer, und "prickelst" ein Muster hinein, indem du hineinstichst.
Gab's früher bei mir auch nicht. Ich hab ziemlich doof geschaut, als mich letzten Dezember eine Kollegin fragte, ob ich die "Prickelnadeln" hätte.
LG, das_kaddl
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Aha, danke! Die Technik habe ich schon mal gesehen, wusste nicht, dass das einen Namen hat . D.h. es gibt spezielle "Prickelnadeln"? Gibst die im Bastelgeschäft?
Gruß leppy
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ja, es gibt spezielle prickelnadeln und auch unterlagen. sicherlich im fachhandel.
da das aber meist recht teuer ist, habe ich für meine klasse (die kolleginnen auch ) pinwandnadeln (die mit dem kleinen farbigen "griff") genommen. die kann man gut anfassen und stechen genauso gut wie die "echten" nadeln.
als unterlage habe ich ein autoallzwecktuch zweckentfremdet und das in passgerechte stücke geschnitten - klappt hervorragend
sabi
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hab' gerade DAS noch gefunden:
http://www.gbiu.de/Hamsterkiste/
ganz unten im gelben Kästchen stehen Tipps für den Alltag in der Klasse
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