Eine Erfolgsmeldung und eine Frage

  • Ich habe einen Schüler (2. Kl.), der 'amtlich betätigt' Legastheniker ist. Es war ein langer Weg dorthin, er war schon völlig demotoviert und hat schließlich jegliche Leistung verweigert, weil 'eh nie was dabei rauskam'. Nun habe ich wenigstens die Möglichkeit, ihn seinen Bedürfnissen entsprechend zu 'behandeln'. Anweisungen, wie ich ihm konkret helfen soll, bzw. wie ich ihn beurteilen soll, habe ich nicht. Ausgebildet bin ich ebenfalls nicht. ich wurschtel sozusagen rum, wie ich es für gut halte.
    Ich habe ihn also - um seinen Leidensdruck zu mindern - die wöchentlichen Lernwortübungen seit einem dreiviertel Jahr immer abschreiben lassen, wenn die anderen Schüler sie angesagt bekamen - damit auch er mal Erfolgserlebnisse hat. Das hat ihn sehr beruhigt (bis dahin war er VORHER schon jedesmal nicht ansprechbar). Nun wollte ER gestern von sich aus selber mitschreiben, auswendig! Ich bin einerseits richtig stolz auf ihn, dass er sich wieder etwas zutraut, und fühle MICH andererseits bestätigt, dass die Kinder nicht 'faul' werden, wenn man sie nicht ständig zu Leistung zwingt.


    Aber, ich habe nun das Problem, dass er natürlich viele Fehler in den Wörtern hat. Er schreibt z.B. dukel, statt dunkel, usw. - für mich typische Legasfehler, aber es sind halt Fehler.


    Wie verklickere ich ihm, dass die Leistung trotzdem großartig ist?? Und: wie beurteile ich so eine Übung, dass er (sich) nicht wieder völlig aufgibt?? Ich mein' Note bekommt er eh nicht (auch die anderen nicht), aber die Fehlerzahl steht normalerweise drunter, bzw. die kann er ja leicht nachzählen.

  • Mache es bei meinem legasthenen Schüler so, dass ich die richtig geschriebenen Wörter einkreise und nicht die Fehleranzahl, sondern die richtig geschriebenen Wörter darunter schreibe - motiviert sicherlich mehr, wenn drunter steht "Du hast ....Wörter richtig" Funktioniert bei mir sehr gut - meine Schüler müssen jeden Tag beim Rechtschreibfrühstück 15 Wörter schreiben, die ich ansage
    mg shopgirl

  • "Entlastung" ist erstmal der richtige Weg.


    Die Methode nach Carola Reuter-Liehr könnte weiterhelfen, silbenweises Mitsprechen und Schreiben. Jedes Wort wird zu Anfang mit dem Arm zunächst geschwungen und gesprochen, dann aufgeschrieben, die Silbenbögen darunter gezogen.
    Dann sollte "du -kel" nicht mehr vorkommen.
    Zusätzlich hilft eine TKK-Textkorrekturkarte der Eigenkontrolle.


    Möglich ist es, ein schwer betr. Kind zunächst einen Lückentext mit geübten Lernwörtern mitschreiben zu lassen.


    Am Anfang fehlen nur die kurzen Wörter, die sicher bekannt sind (ist und oder ein eine ......), dann ergänzen un die lauttreuen Wörter.
    Der Lernfortschritt wird auch für das Kind beachtlich sein, wenn man ihm vermelden kann: Prima, du hast heute alle 5 Lückenwörter richtig geschrieben, beim nächsten Mal schafft es vielleicht schon 8....


    Vor fast zwei Jahren hat so eine schwer traumatisierte Schülerin mit einer extremen Verweigerungshaltung ihre Diktatkenntnisse von 0 auf 100 steigern können - im Zeitraum von 7 Monaten. Wir fingen an mit rudimentären Buchstabenkenntnissen...sie lernte erst einmal lesen... dann vom Umfang her steigende Lückenwortdiktate, bei denen sie sich überzeugen konnte, dass sie nicht "dumm" war.


    LG cecilia

  • Also ich definiere mein Rechtschreibfrühstück so: Schüler haben ein eigenes Frühstücksheft in das dann jeden Morgen 15 Lernwörter geschrieben werden (ich sage dabei jeweils das Wort, dann einen Satz mit dem Wort und nochmals das Wort). Außerdem werden in das Frühstücksheft jeden Tag nach den Lernwörtern die Ergebnisse von 5 Malsätzchen und 5 Divisionen geschrieben (ich sage die Rechnung und die Schüler schreiben die Lösung ein). Ich notiere mir dann jeweils die angesagten Lernwörter mit und schaue bei der Kontrolle der Hefte, welche Wörter von sehr vielen Schülern falsch geschrieben wird, diese Wörter notiere ich mir zusätzlich und sie kommen im Laufe der Woche erneut zum Frühstück. Die Schüler erhalten das Heft nach jedem Schultag mit nach Hause, dort müssen die falschen Wörter verbessert und zusätzlich die Seite im Wörterbuch dazu geschrieben werden.
    Ich hoffe das war verständlich ?(


    mg shopgirl

  • Ich habe sehr gute Erfahrungen mit dem Computer gemacht. Kennst du das Programm "Schreiblabor"? Dort werden zunächst lautgetreue Wörter geschrieben (damit wäre dann das Schreiblabor wegzulegen) - alternativ: lautgetreue Wörter lernen lassen. Meistens haben legasthene Schüler eigene Fehlerschwerpunkte, vielleicht deiner auch?
    Die Methode mit dem Silbenschwingen ist auch anzuraten.
    Ansonsten ist einerseits die dauernde Arbeit mit einer Wörterkiste (ergänzt durch das Gut PC- Programm) zu empfehlen (Elternmitarbeit). Bei der Erarbeitung des Wortschatzes wird dein legasthenes Kind viel mehr Zeit benötigen, als die anderen Kinder. Hilfreich ist es auch, das Wort 3 dimensional darzustellen, den Wortklang und die Wortbedeutung zu erarbeiten.
    flip

  • Danke euch allen!


    Cecilia
    was meinst du genau mit Textkorrektukarte? Reicht es, ihm die Wörter auf seiner Wörterliste zum Kontrollieren zu geben, sprich, er macht einfach Selbstkontrolle?
    (wobei ich ja fast fürchte, dass dann die anderen Kinder protestieren, und das gleiche Recht einfordern werden ).
    Oder ist die TKK etwas Spezielles?


    @ elefantenflip
    Mitarbeit des Elternhauses besteht in Schlägen für ihr dummes Kind (dabei ist er imo sogar seeehr intelligent) - ich habe wohl so eine ähnliche Klasse wie du :( .


    @ shopgirl
    Wie oft wechselst du die Lernwörter? Wie 'beurteilst' du diese Übungen? Wie viel Zeit brauchst du dafür?
    Klingt ja interessant!
    Meine Schüler üben eine Woche lang täglich auf ihrem Faltblatt eine Spalte mit den Lernwörtern - das klappt mittlerweile ganz gut - aber das sind dann eben immer die gleichen Wörter. Ist das dann jeweils die HÜ, oder gibst du noch mehr dazu?

  • TKK (Eigenanfertigung) oben (unten Aufsatzkarten, vorder- und Rückseite, laminiert):


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    Kind korrigiert genau lesend von vorne UND von rückwärts Wort für Wort lesend.
    ....................................................................
    Als durchsichtige Version aus transparenter Kunststofffolie hier:


    [Blockierte Grafik: http://www.arcor.de/palb/alben/56/776456/800_3437373836613639.jpg]


    Ich nutze dafür feste Folie, Din-A-4 aus dem Bürofachhandel, eigentlicher Verwendungszweck-> Deckel für selbstgeb. Spiralmappen, günstig 30 Cent pro Bogen, mehrere Farben.
    .......................................................................
    Manchmal "Massenproduktion" mit Wackelaugen,
    gut auch als Lesehilfe , statt Zeigefinger, zu verwenden.



    [Blockierte Grafik: http://www.arcor.de/palb/alben/56/776456/400_6565393366303466.jpg]


    LG cecilia

  • danke cecilia für die Mühe!



    Sagst du tatsächlich Tu-Wörter? Oder hast du nur das n vergessen (erste Karte)


    Und: soll der Schüler anhand dieser Karte die Wörter nochmal durchgehen, oder wie wird die Karte verwendet? Kann mir gar nicht vorstellen, dass er so Fehler findet.

  • Eine sehr ähnliche Textkorrekturkarte verwendet auch Sommer-Stumpenhorst ( www.rechtschreib-werkstatt.de ). Durch den "Trick", dass das Kind die rechte untere Aussparung auf der Karte(der ersten von 3 Karten auf dem oberen Bild) verwendet und den Text von hinten nach vorne liest, bemerkt es wesentlich mehr Fehler als beim Lesen von vorne nach hinten. Zusätzlich soll es , bevor es die Karte zum vorangehenden Wort weiterschiebt, am "Bogen" in der Ecke der Karte entlangfahren, also einen Zwischenstrich machen und so abhaken, dass es dieses Wort nachgesehen hat.


    Auch wenn das Kind erst nur weniger Fehler findet: Positiv verstärken, drunterschreiben, wie viele Fehler es gefunden hat, loben usw.


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

  • müllerin
    Wir haben jede Woche 10 neue Lernwörter, die die Schüler auch in einem Faltblatt jeden Tag schreiben müssen (du hast doch auch die Lilo, oder?) - zum Wörterfrühstück kommen die Lernwörter der letzten Jahre (sind inzwischen so an die 200), dabei vewende ich eine Rechtschreibkarteibox für die ganze Klasse (falsche Wörter bleiben vorne, richtige wandern nach hinten) - Maßzahl: wird ein Wort von 4 Schülern falsch geschrieben, bleibt es vorne im ersten Fach)
    Schau doch mal nach bei www.wegerer.at - die hat recht guten Angebote zu den Lernwörterübungen (sie hat auch die Lilo).


    Cecilia
    wo, wie und wann "dürfen" die Kinder die Aufsatzkarten verwenden? Hast du die selbst erstellt?



    mg shopgirl

  • hallo müllerin :)


    etwas OT: aber hier in nrw sagen wir auch TUwörter.


    war etwas erschrocken, als ich erstmals fremde arbeitsblätter sah, auf denen von TUNwörtern die rede ist.


    sabi ;)

  • Da sieht man wieder mal:
    "Deutsche und Österreicher unterscheiden sich durch die gemeinsame Sprache!"


    Schönen Sonntag!

  • 1. Tu(n)-Wörter: Ich lebe in Niedersachsen.


    2. Ja, alles selbst gefertigt, da ich die Sachen in der Regel verschenke und Kaufen daher mein Budget sprengt.


    3. Benutzen? Zuhause immer. In der Schule abhängig von dem, der vorne steht. Wenn derjenige aufgeschlossen ist und daran interessiert, den Kindern weiterzuhelfen, bekommt er einen ganzen Klassensatz (bzgl. des Arguments: "Chancengleichheit", wenn dann alle) und es arbeiten ALLE damit - mindestens in der Übungsphase...
    (öffentliche kostenlose Auslage hab ich auch schon gemacht, wurde mir nicht gestattet)


    4.Anleitung TKK:


    Die „TKK“ = Text-Korrektur-Karte - Arbeitsanleitung


    Mit Hilfe der TKK gelingt jedem Kind die genaue Kontrolle seines selbst geschriebenen Textes oder Diktates.


    Schritt 1: Führe das obere linke Fenster von vorn nach hinten über den Text. Lies` jedes Wort genau und sil-ben-wei-se und achte darauf, ob du Wörter vergessen hast.


    Schritt 2: Nun führe das untere rechte Fenster beim letzten Wort beginnend von rückwärts über den Text – ja genau: von hinten nach vorne. Lass` dich nicht vom Inhalt ablenken, sondern konzentriere dich auf das einzelne Wort. Lies`, was da steht und korrigiere, wenn nötig!


    Schritt 3: Als letztes kontrollierst du nochmals, ob du wirklich alle Nomen und alle Satzanfänge groß geschrieben hast. Schau`, ob die Vorsilben -ver/-vor immer ein Vogel-Vau haben, ob die „stummen-h ` s“ richtig verteilt sind.
    Die Schreibweise der Tu-Wörter leitest du (fast immer) vom Wortstamm ab. Den bekommst du, wenn du „Die Affen.....“ sagst und das Tu-Wort in der richtigen Form dahinter hängst.
    „Die Affen... springen!“ „Die Affen... laufen!“ „Die Affen...schreiben!“


    Streiche die Endung -en vom Tu-Wort weg, - übrig bleibt: Der Wortstamm! Daran hängst du die Personenendung.
    .....................................................................................


    Wie ihr mit der TKK umgeht, ob ihr sie verändert, abschreibt, für das einzelne Kind modifiziert (für einen 2.Klässler würde weniger draufstehen), überlasse ich euch!


    Genauso die Lesefenster! Ich habe auch mal "Lese-Fu` s" gebastelt aus orangem Moosgummi mit einem Plastikfensterchen - ist auch eine schöne Sache für einen Elternbastelabend.


    cecilia

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