Rechnen mit Anschauungshilfen

  • Bei mir in der Klasse (1. Schuljahr) sind immer noch einige Kinder, die mit Anschauungsmitteln (Zwanzigerfeld, Plättchen) im Zwanzigerraum rechnen. Ich hielt das für normal und legitim, bin aber heute von meinen Parallelkollegen angesprochen worden, dass sie langsam mal ohne Hilfen im Kopf rechnen sollten. Ich habe zum ersten Mal eine erste Klasse, also keine Erfahrungswerte. Aber was soll das denn bringen, wenn ich es ihnen nicht erlaube und sie stattdessen die Finger nehmen? Sind dann doch auch Hilfsmittel. Oder muss ich stur drauf achten, dass auch niemand seine Finger zur Hilfe nimmt. Meine Kollegen meinen, wenn ich jetzt nicht endlich durchsetze, wir rechnen ohne Plättchen, würden sie nie richtig rechnen lernen. Wie ist das in euren ersten Klassen? Rechnen da schon alle im Kopf? Kann ich ihnen das Zwanzigerfeld solange lassen, wie sie es brauchen?
    Ich bin im Moment ziemlich unsicher. ?(
    LG Meike

  • Selbst meine schwachen 2.Klässler brauchen teilweise noch Hilfen und ich halte das durchaus legitim...auf der einen Seite wird gefordert jeden Schüler individuell zu fördern und auf der anderen Seite sollen alle zur gleichen Zeit alles im Kopf rechnen ?( Ich lasse meinen Schülern immer die Hilfen so langen sie´s halt brauchen und wenn sie ohne Hilfe rechnen können, legen sie die Hilfen eh beiseite und sind stolz, ohne Hilfsmittel zu rechnen
    lg shopgirl

  • So was Bescheuertes!!!! Jedes Kind soll solange Hilfen nehmen wie es sie braucht! Da kräuseln sich mir echt sämtliche Nackenhaare! Es zeugt eher von einer gesunden Fehler- und Lernkultur, wenn sich die Kinder ihre Hilfsmittel nehmen oder sie eben weglassen, wenn sie sie nicht brauchen. Ich wende das auch strikt an und werde richtig "böse", wenn ich höre, dass Schü sich gegenseitig auslachen, wenn sie noch Hilfsmaterial verwenden. Sie sind ja - wie der Name schon sagt - dafür da, sie zur Hilfe zu nehmen, wenn das Rechnen eben noch nicht vollständig im Kopf vonstatten geht!


    Gruß Annette

  • grade als neuling ist es ja mal ganz schön von den erfahrenen kollegen zu profitieren!
    ich finds auch immer spannend parallel zu arbeiten, aber wenn dann sowas dabei rauskommt.. naja..
    wenn du nach deinem bauchgefühl gehst, dann liegst du sicher nicht soo sehr daneben. nicht nur hier, sondern auch bei anderen dingen. also lass den kindern ruhig die hilfen, und frag deinen kollegen im gegenzug wann seine mit dem freien schreiben anfangen würden :D :P ;)

  • Hallo Meike,
    vielleicht hilft dir der Beitrag unter diesem link weiter?


    http://www.bruehlmeier.info/cuisenaire.htm


    Ich arbeite privat mit rechenschwachen Kindern (vielmehr mit Kindern, die im Schulunterricht nicht rechnen lernten) und verwende dazu als Anschauungs- und Handlungsmaterial die vielerorts leider aus der Mode gekommenen Cuisenaire-Stäbe!
    Ganz unabhängig vom Alter des Kindes... Ich hatte auch Kinder jenseits des GS-Alters, die noch zählend rechneten...


    Kinder müssen solange sie es brauchen, handelnd Rechnen "begreifen" können...ansonsten läuft man Gefahr, dass zumindest aus einigen Kindern gute "Auswendiglerner" oder konzentrierte, angestrengte "Abzählkünstler" (insbesondere, wenn als Anschuungsmaterial ABZÄHLBARES Material verwendet wird!) werden!


    Gute Anleitung für Eltern, Lehrerr, Interessierte: Rainer Dürre "Rechenschwäche-das Trainingsprogramm für Ihr Kind" Herder Verlag


    LG Cecilia

  • Danke für eure Antworten. Das beruhigt mich ungemein und zeigt mir, dass mein Bauchgefühl richtig war. Man wird halt nur so unsicher, wenn Kollegen, die schon zig Jahre 1/2 haben, meinen, mach mache das nicht richtig. Wir sind eine relativ kleine Schule mit einem sehr alten Kollegium. Da werde ich sowieso schon merkwürdig beäugt. Ich bin mit Freiearbeit, Werkstattunterricht und freiem Schreiben allein auf weiter Flur. Zum freien Schreiben muss ich mir wöchentlich anhören, wie schlecht das für die Rechtschreibung sei, das sich die Kinder die lautgetreue Schreibung einprägen würden etc. X( Da wir relativ viel mit der Anlauttabelle schreiben und ich parallel einen "Buchstaben der Woche" behandle, meinen meine lieben Kollegen auch, ich sei viel zu sehr hinterher. Sie sind jetzt mit allen Buchstaben "durch". Aber dass meine Kinder durch den Umgang mit der Lauttabelle sowieso schon alle Buchstaben kennen, interessiert sie gar nicht. Aber da muss ich wohl durch.
    LG Meike

  • Hallo Meike!
    Das, was du durchmachst, habe ich auch durchgemacht. Es lohnt sich, obwohl ich das Gefühl habe, (fast) die einzige zu sein, die ackert und ackert.


    Ich habe sehr viel gelesen und mir Hintergrundwissen angearbeitet (das ich leider aus Uni und Ref zeiten nicht mitbrachte), um den Kollegen mit Fachwissen zu begegnen. Inzwischen sind sie sehr ruhig. Auch bei den Eltern spricht sich herum, dass man bei mir trotz merkwürdiger MEthoden etwas lernt. Ich mache bei den Eltern, die kommen, auch verstärkt Aufklärungsarbeit.


    Es ist ganz normal, dass die Kinder sich noch nicht vom Anschauungsmaterial gelöst haben, genau wie beim Schreiben gibt es eben versch. weit entwickelte Kinder. Ich kann mich nur anschließen, besser mit konkretem Material als mit Fingern (leider rechenen meine Erstklässler mit Fingern = eine Fachlehrerin unterrichtet Mathe und ich muss die Faust in die Tasche machen). Was ich wichtig fand, war das Erarbeiten von STrukturen, denn auch mit Plättchen kann man zählend rechnen. Wenn die Schüler keine Strukturen finden, muss man ihnen welche anbieten - das meine ich, entgegen vielen gängigen Lehrmeinungen. Das Schaffen von Ankeraufgaben kann auch helfen (5+5, dann weiß ich auch 5+6...). Auch der Wechsel von Anschauungsmaterialien bringt es bei einigen Kindern.


    Zum Schreiben, ich mache es wie du. Ich habe auch noch kein komplettes Alphabet eingeführt und meine Kinder kennen doch alle Buchstaben. Warum die Eile? Wir haben doch Zeit. Die Krönung ist bei solchen Kollegen u.U. noch das parallele Einführen der Druck- und Schreibschrift (lateinisch!!!!). Lass dich nicht beirren. Trotz freiem Schreiben finde ich wichtig, Silben hervorzuheben, Silbenkapitäne zu erarbeiten und die Länge von Vokalen herauszuarbeiten (im Laufe der 1). Sicherheit gibt u. U. die HSP am Ende der Klasse 1 oder die Beobachtungen von Mechthild Dehn, Tests, so dass man den Lernstand einschätzen kann.
    Gut ist auch der Austausch mit Kollegen, die ähnlich arbeiten.


    Viel Durchhaltevermögen!!!!!!
    flip

  • Hallo
    meine Tochter ist ebenfalls in der 1. Klasse und rechnet mir "hilfen" Rechenkette, Schieber, Plättchen.
    Ich hab mir auch meine Gedanken gemacht - auf der Didacta habe ich mir dann von einer Frau "Rechnen nach Montessorie" erklären lassen und dort gesehen, wie wichtig diese Hilfen für das eigentliche "Begreifen " von Zahlen und zahlenräumen ist ist.
    Ich unterrichte Deutsch und Englisch und finde in meinem Fächern Selbsthilfe an jeder stelle sinnvoll!


    Wann ist denn ein Kind in der 1. Klasse rechenschwach zu nennen! Kann man das in der ersten Klasse überhaupt schon so sagen.....??????


    lg
    Isa

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