Seit nunmehr 1994 habe ich meine Ausbildung beendet und gehöre nicht mehr zu den Jungen, fühle mich immer noch auf einem anderen Stern. Immer noch muss ich mich für mein Arbeiten ohne Fibel kämpfen, immer noch kriege ich zu hören, wenn ich differenziertes Rechtschreiben ermögliche, ich würde mir anmaßen, besser als ein Schulbuch die Materie durchdrungen zu haben. Gestern musste ich gegen einen Kollegen argumentieren, der am liebsten mit der lateinischen Ausgangsschrift anfangen würde. Mir lag auf der Zunge, wann hast du am letzten mal ein Fachbuch gelesen. Doch habe ich keine Lust mehr zu solchen Diskussionen, die verändern nichts. Das Kollegium besteht im Kern aus Leuten, die 20 Jahre zusammenhocken, von daher....
Über Computer lästern alle und blockieren die Arbeit, der Staat müsste mehr tun, im Gegenzug werden für ca. 6000 Euro u.a. LÜK Kästen, Paletti u.ä. angeschafft, Bücher werden gekauft, indem man sie einmal aufschlägt und sagt: sieht aber nett aus.
Ich bin so weit, dass ich mir ganz, ganz viel selber gekauft habe, im Jahr z.T. für 500 Dm im Monat, als ich noch keine Familie hatte und wir beide verdient haben. Nun werden alle Bücher nach und nach überarbeitet, was ich wieder frustrierend finde, denn noch mal so viel investieren will ich auch nicht. Computerprogramme bekomme ich erst recht nicht durch. Es ist echt frustrierend. Zwar könnte ich mich versetzen lassen, doch müsste ich erst wissen, wo es besser ist, da der Weg für mich im Moment wichtig ist (kurz) und an den benachbarten Schulen es anscheinend auch nicht besser ist, keine Alternative.
Genauso frustrierend ist, dass alle lästern, dass ich im Moment für ein halbes Jahr nur 5 STunden arbeite (Erziehungsurlaub), sie hätten es mit 3 Kinder geschafft, ganz zu arbeiten. Aber man muss es doch jedem selber überlassen. So fühle ich mich nur noch als Fremdkörper. Im Unterricht bin ich z.B: in Musik doppelt eingesetzt, eine nette Kollegin (die ich außerschulisch und ansonsten wirklich nett finde), sitzt nun jede STunde hinten drin und guckt zu. Einmal habe ich gesagt, ich fände es zu schade, die Zeit mit Musik zu vergeuden, aber sie will es nciht anders. Schade um Einzelfördermöglichkeiten, Gruppenfördermöglichkeiten, Computerunterricht, aufwendigere Untersuchungen im SU, was könnte man alles machen. Aber Tenor ist, wir arbeiten mehr, soll die mal ruhig schaffen. Zu jeder Konferenz muss ich kommen, gestern waren es 3 Stunden, bei fünf Stunden auf zwei Tage verteilt, lohnt es sich nicht. Ich kann nur jedem von Teilzeit abraten. Im nächsten Schuljahr werde ich ein erstes Schuljahr bekommen. Die STundenzahl, die ich will muss ich noch festlegen. Im Moment tendiere ich zu mindestens 16 Stunden oder 18 Stunden, lieber mehr Geld verdienen und dann eine Putz- Bügel- und Haushaltshilfe beschäftigen, denn die Arbeit lässt sich nicht reduzieren.
Hat einer von euch auch im Primarbereich Erfahrungen mit Teilzeit? Wie ist es bei euch mit innovativen (eigentlich ja schon bald antiquitierten Methoden). Den Lehrplan in NRW gibts sseit 1985. Bald soll es einen neuen geben, der alte ist aber noch nicht umgesetzt.
eine frustrierte, aber immer noch idealistische
flip<br>
Und sie bewegt sich nicht, ich muss mal meinen Frust los werden
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Hallo Flip,
bin zwar noch im Ref., kann dich aber voll verstehen. Finde ich klasse, dass du versuchst etwas zu bewegen und dich nicht vom Alltag mitreißen lässt. Aber als Einzelkämpfer ist es sicherlich schwer. LG. Natalie<br> -
Ich kann dich gut verstehen. Ich bin 30 Jahre im Schuldienst und kenne Kollegen, die immer noch so unterrichten wie damals. Ich war auch meist der Vorreiter. Ich war die Erste, die die VA in der Klasse ausprobieren durfte(vor 20 Jahren nach großem Kampf). Bei der Revision wurde ich allen Ernstes gefragt, ob ich diese Schrift denn schön finden würde. Man sollte doch am alten Kulturgut festhalten. Ich habe dann gewagt zu widersprechen und meinte, dann wären wir heute noch bei Sütterlin. Die Schulrätin fand das gar nicht witzig, was sich dann in der Note ausdrückte. Später habe ich mit Wochenplänen und Freiarbeit begonnen, was auch mit Argusaugen verfolgt wurde. Gott sei Dank fand ich immer Kollegen, die nach einiger Zeit mitgemacht haben.
Es dauert so frustrierend lange, bis sich in der Schule etwas bewegt. Viele Kollegen machen immer noch Frontalunterricht und glauben, dass alle Kinder zur gleichen Zeit das Gleiche lernen können. Dabei ist es erwiesen, dass gerade in der Grundschule es Entwicklungsstufen von bis zu 4 Jahren in einer Klasse geben kann. Die neuen RL und Lehrpläne reagieren darauf. Allerdings glaube ich nicht, dass jeder Kollege es umsetzen wird. Außerdem ist auch in den neuen Plänen ein Widerspruch. Es soll auf der einen Seite individualisiert werden, auf der anderen Seite gibt es in Klasse 3/4 wieder Noten, also wieder ein Vergleich. Auch den schönen Satz "Die Kinder sollen Medienkompetenz erlangen"sollte man hinterfragen. Mit welchen Medien denn??
Ich könnte jetzt noch weiter lamentieren, lass es aber lieber. Weil du bis hier gelesen hast, darfst du dir eine kleine Entspannung gönnen. Guckst du hier:
http://www.rolfrobischon.de
Gruß aus Düsseldorf
Heidi<br> -
Hey Flip!
Beim Lesen deines postings habe ich das kalte Kotzen gekriegt - weniger wegen deiner negativen Einschätzung der Schulentwicklung (das sehe ich einfach anders) - sondern wegen des fiesen Mobbings, dem du ausgesetzt bist. Natürlich musst du selber wissen, was für dich und dein(e) Kind(er?) am besten ist. Lass dich nicht durch Sprüche zwingen, dein Leben anders zu gestalten, als du es willst. Und erkundige dich mal, ob du mit deinen wenigen Stunden wirklich zu jeder Dienstbesprechung/Konferenz kommen musst - ich bezweifle das! (Rechtsberatung GEW?)
Ich weiß, richtig helfen kann das auch nicht, aber fühle dich ganz doll gedrückt. (Und du weißt ja: Ich empfehle grundsätzlich die Schweizer Mandelschokolade von Aldi!)
Ciao,
Kaspar :D<br> -
Hallo Flip
Mein toltstes Mitgefühl. Wenn mich ein alter Kollege fragt, woher ich denn die tollen Sachen hätte, er wüßte gar nicht, wo es so was gibt, dann muss ich mich immer wieder fragen: Was machst du hier. Aber ich kenne auch alte Kollegen, die zum Schein einen offenen Unterricht anbieten, wo jedoch kaum was gelernt wird und mich die Eltern fragen, ob ich die Klasse übernehmen könnte. Ich denke inzwischen echt, das System krankt wirklich an allen Ecken und Kanten.
Gemeinsam sollten wir es schaffen, es zu ändern, ich hoffe es zumindest, vor allem im Hinblick auf die junge LEhrergeneration.
In diesem Sinne, eine gute Nacht
PETRA<br> -
Hallo Elefantenflip,
das ist das Los, welches ein Teil der innovativen Lehrkräfte über sich ergehen lassen muss. Ich kann gut verstehen, dass es dich innerlich zerreißt, so wenig Anerkennung von deinen "gestandenen" Kollegen zu bekommen. Aber es nutzt nichts. Zu deinem Selbstschutz solltest Du dir deine andere Taktik zulegen. Warum stellst Du nicht in den Mittelpunkt deiner Überlegungen, was Du deinen Schulkindern für die Zukunft mitgibst?? Glaubst Du nicht auch, dass deine Kolleginnen nur neidisch sind, weil sie selbst nicht mehr in die Puschen kommen?
Ich möchte Dich ermuntern so weiter zu machen und das Geschwätz deiner Kolleginnen nicht weiter zu beachten. Lese die neuen Lehrpläne (ich nehme, an Du unterrichtest in NRW) und Du wirst sehen, dass Du mit deinem Unterrichtsstil ganz weit vorne bist.
Das mit der Teilzeit kann ich gut nachvollziehen. Geht mir genauso. Ich unterrichte zur Zeit 18 Stunden an einer SI/II-Schule. Wenn man über 16 Stunden unterrichtet, muss man dort an allen Konferenzen, Elternsprechtagen etc. im vollen Umfang teilnehmen. Mehr möchte ich allerdings nicht arbeiten, da ich noch einen schulpflichtigen Sohn in der Acht habe, der ziemlich viele Tritte in seinen Hintern braucht, um die Schule gut zu schaffen. Da ich noch nicht so lange im Schuldienst bin wie Du, brauche ich noch recht lange für die Unterrichtsvorbereitung. Eigentlich wollte ich nur 12 Stunden arbeiten, jedoch hat der Schulleiter mich überredet mehr Stunden zu geben. Nachdem er mir zugesichert hat, dass ich viele Kurse paralell bekommen, habe ich zugesagt. Am Anfang habe ich daran gezweifelt, ob es nicht zu mutig von mir war, aber es klappt gut.
Von daher, wenn Du es schaffst jemand nettes für den Haushalt zu finden, trau dich ruhig. Ansonsten kannst Du immer noch nach 1 Jahr deine Teilzeit wieder reduzieren. Da ich annehme, dass Du schon reichlich Unterrichtsmaterial hast, wirst Du es schon schaffen. Außerdem ist es doch schön, wenn man viele Stunden in seiner eigene Klasse unterrichten kann. Da haben alle was von, die Kinder und natürlich auch Du selbst.
Nur Mut, die Sonne ;)<br>
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