Material zum Thema "Vorurteile" gesucht

  • Im Fach "Praktische Philosophie" gibt es den Themenbereich "Urteile und Vor-Urteile"; entsprechend müsste es auch passendes Material geben.


    Fündig würdest du wahrscheinlich in dem Band Wirklich? Philosophie für Einsteiger von Gabriele Münnix (Klett); der ist auch nicht so fürchterlich teuer und m. E. auch sonst für den Deutschunterricht brauchbar.


    Hier gibt's eine themenbezogene Schulbuch-Bibliografie für das Fach; einige Bücher - vielleicht in der Schulbibiliothek vorhanden? - bieten Kapitel zum Thema "Vorurteil" (den Band Ethik 7/8 von Cornelsen hab ich und könnte mal reinblättern).

  • Im Cornelsen Deutschbuch 8 gibt es eine Reihe mit der Überschrift "Fremde Sichtweisen verstehen, den eigenen Standpunkt klären"
    Da geht es um "Argumentation" und eingestiegen wird über nationale Stereotype und auch über Klischees, die es in den Niederlanden über Deutsche gibt. Vielleicht hilft das weiter...als Text ist aber auch "Spaghetti für zwei" drin.
    gruß, juliet

    Traue jemandem etwas zu und er wird sich darum bemühen, diesem Vertrauen zu entsprechen. (Don Bosco)

    • Offizieller Beitrag

    Wenn du's etwas anspruchsvoller willst, ist Schillers Gedicht vonnützen:



    Ein Text der "Afro-Deutschen" May Opitz, in dem Vorurteile beleuchtet werden




    Noch ein Dialog von ihr:



    Zeitlos und schön: aus Alice in Wonderland



    Zitat

    Das Vorurteil ist gut, zu seiner Zeit: denn es macht glücklich. Es drängt Völker zu ihrem Mittelpunkte zusammen, macht sie fester auf ihrem Stamme, blühender in ihrer Art, brünstiger und also glückseliger in ihren Neigungen und Zwecken. Die unwissendste vorurteilendste Nation ist in solchem Betracht oft die Erste: das Zeitalter frem-der Wunschwanderungen und ausländischer Hoffnungsfahrten ist schon Krankheit, Blähung, ungesunde Fülle, Ahndung des Todes!" (J.G. Herder, Sämtliche Werke V, Seite 510, Ausgabe von 1891).


    Zitat

    A. Mitscherlich


    "Der Nationalismus, den Deutschland bietet, ist relativ unauffällig, sowohl im Vergleich mit den übrigen westlichen, sicher aber mit den Ost- und Entwicklungsstaaten. Dennoch fühlen sich viele Beobachter davon bedroht und alarmiert, dass sich mit deutschem Nationalgefühl nun einmal für zunächst unabsehbare Zeiten Erinnerungen an Auschwitz und Lidice verbinden und der blitzartige Szenenwechsel zu friedlichem und emsigen Fleiss und rasch gesammeltem Wohlstand nur zeigt, wie übergangslos sich hierzulande alles ändern kann." (Die Unfähigkeit zu trauern, S. 25 f.).


    Professor Burkhardt Müller
    in "das Thomas Mann Syndrom - die Wiederentdeckung der Vorurteile":


    Zitat

    Beobachtung 1: Wer einen oberflächlichen Eindruck vom Verhalten deutscher Teilnehmer in deutsch-französischen Begegnungsprogrammen hat, könnte finden, Mitscherlichs Aussage, der deutsche Nationalismus sei "relativ unauffällig", eher noch übertreibt. Dem ersten Anschein nach haben - jedenfalls für meine deutsche Wahrnehmungsfähigkeit - deutsche Teilnehmer überhaupt keine Verhaltensweisen, die man irgenwie als nationalistisch oder vorurteilsbeladen interpretieren könnte. Sie sind neugierig und höflich, auf die Sitten des anderen Landes orientiert, finden das Essen zumeist besser als Zuhause und bemühen sich nach Kräften, in der fremden Sprache zurecht zu kommen. Im Unterschied zu den Franzosen haben Deutsche an den französischen Verhältnissen zumeist wenig auszusetzen. Wenn in deutsch-französischen Begegnungsprogrammen kritisch oder auch mit Ressentiments beladen über die Verhältnisse in einem Land geredet wird, dann geht es gewöhnlich über die deutschen Verhältnisse. Eine selbstkritische Darstellung dieser Verhältnisse gehört für deutsche Teilnehmer, jedenfalls für solche mit höherer Schulbildung, sozusagen zum guten Ton. Die französischen Teilnehmer - jedenfalls die politisch bewussteren unter ihnen - misstrauen dieser deutschen "Vorurteilsfreiheit" gewöhnlich. Für sie gehört es nicht zum guten Ton, keine Vorurteile gegenüber Deutschland und den Deutschen zu haben. Und im übrigen verhalten sie sich so, als könnte es gar nicht stimmen, dass die Deutschen keine Vorurteile haben. Das Paradoxe an dieser Beobachtung ist: je internationalistischer, vorurteilsloser, weltoffener solche deutschen Teilnehmer sich geben, desto leichter sind sie für die anderen als "typisch" Deutsche zu identifizieren. Dies könnte damit zusammenhängen, dass vor allem diejenigen deutschen Teilnehmer, Animateure, Organisatoren etc., die sich in irgendeiner Weise für die "Begegnung" verantwortlich fühlen, leicht in eine etwas irreale Vermittlerrolle geraten. Sie verhalten sich als Teamer/innen oder Teilnehmer/innen so, als hätten sie selbst mit dem, was für die anderen "deutsch" heisst, persönlich gar nichts zu tun. So als sei ihre Aufgabe die neutrale Vermittlung von "internationaler Verständigung", was verstanden wird als die Fähigkeit, anderen mit geschichtsbewusstem Einfühlungsvermögen und pädagogischem Takt von ihren Vorurteilen herunterzuhelfen. Sie nehmen gleichsam eine pädagogische Haltung zu ihrer eigenen Nationalität ein - sehr selbstkritisch, versteht sich - und gerade so erscheinen sie den anderen als "typisch deutsch": Musterschüler, Musterarbeiter, Musterdemokraten, Vertreter musterhafter Verständigungsprogramme. Aber der Verdacht will nicht weichen, dass hier etwas überkompensiert wird: dass die "blitzartige Wandlung" (Mitscherlich) vom nationalsozialistischen Deutschland zum europäischen Musterland immer noch etwas zudeckt, was wirkliche Weltoffenheit von Deutschen verhindert.


    Heinrich Heine parodiert eine geistige Haltung "deutsch":



    Ganz groß zum Thema Vorurteile ist Karl May.


    Zum Beispiel eine Textstelle, die allen Karl-May-Lesern aus den Urtiefen der (späten) Kindheit vertraut ist: Die Szene spielt am ägyptischen Ufer des Roten Meeres, gegenüber dem Sinai; Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar, in der Absicht, sich quasi per Anhalter auf die andere Seite des Roten Meeres zu begeben, verhandeln mit dem Wergi-Baschi (Oberzolleinnehmer) Muhrad Ibrahim, dessen Schiff und Mannschaft an dieser Stelle vor Anker liegen, um die Überfahrt. Es entspinnt sich, eingeleitet durch eine Frage Muhrad Ibrahims, folgender Dialog:


    (allein schon die Namen! Karl May ist übrigens keine 10 Meter aus seiner heimat herausgekommen, ganz bestimmt war er nie im "Wilden Westen" oder im "fernen Osten".



    Jaja, die Dichter....


    Und schließlich und endlich noch dieses hier:


    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Ganz wunderschöne Stereotypen über Deutschland und die Deutschen finden sich in Madame de Stael "De l'Allemagne" ("Über Deutschland"). Dieses 1810 erschienene Buch hat die Wahrnehmung der Franzosen über die Deutschen geprägt und vieles schwirrt immer noch in den Köpfen herum: dass die Deutschen sich nicht gewandt ausdrücken können, dass sie viel saufen und singen, dass die Frauen alle blond und ein bisschen doof sind, aber so wunderschön natürlich, etc.
    Mit einem Auszug kann ich grad nicht dienen, aber man sollte es leicht in deutscher Übersetzung in der Bibliothek kriegen.


    So, das hilft dir zwar jetzt momentan wahrscheinlich nicht sehr viel weiter, abe ich fand das Buch (größtenteils) sehr interessant und vielleicht geht es ja noch jemandem so.


    LG,
    Lelaina


    Edit: Typo

    Give me a simple life
    With a book by the fire
    A stool to rest my feet on
    And a cushion for my head.

    Einmal editiert, zuletzt von Lelaina ()

  • Eine sehr witzige Lektüre, in der das Thema zwar nicht im Mittelpunkt steht, aber einen hohen Stellenwert hat, ist "Happy Brithday, Türke" von Jakob Arjourni.
    Außerdem gibt es noch eine schöne Kurzhgeschichte von Rafik Schami: "Der Kummer des Beamten Müller" (4 Buchseiten). Sie war mal im "LeseBuch", das zum Welttag des Buches 1998 gratis verteilt wurde, ist aber sicherlich auch an anderer Stelle zu finden.
    Sehr schön auch die "Learn German" Kampagne, die seit wenigen Jahren vom DAAD und GI ausgetragen wird, in der Vorurteile gegenüber Deutschen mit einem Augenzwinkern in Form von Plakaten auf die Schippe genommen werden. Die setze ich gerne im E-UR ein.

  • @ Eliah:


    Ich greife die Frage von Aktenklammer noch mal auf: Wo bekommt man die Sachen der "Learn German"-Kampagne vom DAAD? Ich habe schon gegoogelt, finde aber nicht das Richtige... ?(


    LG, Vivi

  • Ich habe die damals direkt vom DAAD bekommen, war aber auch damals als DAAD-Lektor im Ausland tätig. Keine Ahnung, ob man da so rankommt. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es da große Probleme gibt. Wende dich doch einfach direkt an den DAAD...


    EDIT:
    Hier ein paar Links:


    http://www.goethe.de/ins/gb/lon/acv/lhr/en1675584.htm
    http://www.goethe.de/ins/gb/lon/acv/lhr/en44283.htm
    http://www.ukgermanconnection.…guage/learn_german06.html


    Die 2006-Poster scheinen aber nicht mehr so gut zu sein...

    Einmal editiert, zuletzt von gelöschter User ()

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