Podiumsdiskussion

  • Hallo,


    ich möchte im Deutschunterricht (11. Klasse) eine Podiumsdiskussion durchführen.
    Hat jemand Erfahrung damit und Tipps für die Durchführung?


    Welche Ablaufregeln, Diskussionsregeln, Sitzordnung sollte ich vorgeben?


    Bin für jeden Hinweis dankbar! :)

  • Ich setze die Diskutanten in V-Form (Moderator sitzt am Ende) gegenüber, so dass die Klasse sie beobachten kann und die "gegnerischen" Seiten sich im Blickkontakt haben.


    Ablauf:


    Jeder Vertreter gibt sein Eingangsstatement ab. Danach haben die Teilnehmer die Möglichkeit, auf die Eingangsstatements einzugehen, zu widersprechen oder Fragen zu stellen. Ich achte darauf, dass in der Regel ein Wechsel Pro/Contra stattfindet. Fallen die Äußerungen einer Seite sehr mager aus, kann man einen weiteren Vertreter der Seite hinzuziehen. Am Ende gibt es noch ein Schlussstatement.


    Neben der Argumentation, die ich in Gruppen vorbereiten lasse, sollte auch ein Eingangsstatement ausgearbeitet werden, um einen vernünftigen Einstieg in die Diskussion zu haben.


    Beim ersten Mal moderiere ich, sonst Schüler.


    Wird das Thema erwartungsgemäß hitzig, kann man auch nach einer Runde das Ganze fürs Plenum öffnen und 2-3 Meldungen oder Fragen aufnehmen.


    Regeln gibt es sonst keine, außer dass man sich zuzuhören und auf die Beiträge des anderen einzugehen hat (keine Politikertalkshow, in der nur jeder seine Argumente ohne Bezug zum anderen runterbetet).

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Ich habe dazu mal eine tolle Stunde in Klasse 9 Hauptschule gesehen:
    Damit den Rednern die Diskussion bzw. die Argumente leichter fielen, wurden diese zuvor im Plenum gesammelt, so dass eine erste Hemmschwelle überwunden war.


    Zum Einstieg ist es vielleicht auch sinnvoll, ein Thema zu nehmen, zu dem jeder etwas zu sagen hat. Damit nimmt man den Schülern eine weitere Hürde.
    In der Stunde war es übrigens "Fernsehen macht blöd".

  • Ich danke euch,
    das sind ja ganz tolle Tipps.:)


    Das Thema steht und alle haben was beizutragen. Es handelt sich um die letzte Stunde zu Brechts "Galilei". Thema: Gefahren und Chancen der wissenschaftlichen Forschung - was halten Sie vom hippokratischen Eid?
    Es sollen versch. Vertreter zu Wort kommen (Kirche, Forscher usw.).


    Timm, gibst du für die Zuschauer Beobachtungsaufträge? Wenn ja, welcher Art? (Man müsste ja Kriterien vorgeben, die beobachtet werden o.Ä.).
    Ich wollte eigentlich das Plenum teilhaben lassen, dachte an einen freien Stuhl (wie bei fish-bowl) oder einfach daran, dass der Moderator Meldungen/Fragen aus dem Publikum aufgreift.


    Und wieviel Zeit muss ich einplanen, wenn 6 Vertreter zu Wort kommen sollen?Ich dachte an 15 Minuten...


    Methodisch ist meine Klasse geschult (Rollenspiele, Präsentationen usw.), eine Hemmschwelle muss darum nicht überwunden werden. Ich dachte eigentlich, da könnte auch ein Schüler moderieren (auch wenn die S. das noch nie selbst gemacht haben.) Aber wahrscheinlich würde ich sie damit überfordern und muss selbst moderieren...hm. :-/

  • Zitat

    Peh. schrieb am 21.06.2006 19:18:
    Timm, gibst du für die Zuschauer Beobachtungsaufträge? Wenn ja, welcher Art? (Man müsste ja Kriterien vorgeben, die beobachtet werden o.Ä.).


    Ich finde, Beobachtungsaufgaben lenken von der Diskussion ab. Wenn du das Erarbeitete sichern willst, gebe doch den Gruppen/Schülern die Aufgabe, die vorher erarbeiten Argumente auf einem Blatt zusammenzufassen, das dann an die Klasse als Kopie ausgeteilt wird. Das hat m.E. auch den Vorteil, dass Argumente, die während der Diskussion nicht untergebracht werden konnten, nicht verloren gehen.


    Zitat


    Ich wollte eigentlich das Plenum teilhaben lassen, dachte an einen freien Stuhl (wie bei fish-bowl) oder einfach daran, dass der Moderator Meldungen/Fragen aus dem Publikum aufgreift.


    Ich finde, das Plenum gibt den etwas zurückhaltenderen Schülern leichter die Möglichkeiten, Fragen zu stellen, als wenn sie sich auf einem Stuhl exponieren müssen. Insofern habe ich die Stuhlmethode noch nicht benutzt.
    Ich würde genau vorgeben, wann das Publikum Fragen stellen darf. Z.B. lasse ich nach den Eröffnungsstatements einen Durchgang laufen, in denen alle auf dem Podium zur Wort kommen (sollen). Dann geht es mit dem Plenum weiter, anschließend kommt wieder eine Podiumsrunde usw. Klare Regeln haben den Vorteil, dass nicht Reinschreien und Wichtigmachen belohnt und die Diskussion gestört wird.


    Zitat

    Und wieviel Zeit muss ich einplanen, wenn 6 Vertreter zu Wort kommen sollen?Ich dachte an 15 Minuten...


    15-10 Minuten sind m.E. angemessen.

    Zitat


    Methodisch ist meine Klasse geschult (Rollenspiele, Präsentationen usw.), eine Hemmschwelle muss darum nicht überwunden werden. Ich dachte eigentlich, da könnte auch ein Schüler moderieren (auch wenn die S. das noch nie selbst gemacht haben.) Aber wahrscheinlich würde ich sie damit überfordern und muss selbst moderieren...hm. :-/


    Ich würde beim ersten Mal schon deswegen auf Nummer sich gehen, weil ich ein Anhänger des Vorbildlernens bin. Der Lehrer zeigt einmal, wie es läuft, dann können sich die Schüler später daran orientieren.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Zitat

    Peh. schrieb am 21.06.2006 21:44:
    Danke dir nochmal.
    Dann kann ja die Lehrprobe am Freitag eigentlich nicht mehr schief gehen. Ich werde berichten (und moderieren, du hast mich überzeugt;)).


    Oh, Lehrprobe.
    Dann vergiss bitte nicht, eine Entlastungsphase am Ende der Diskussion: Frage, zuerst die Podiumsteilnehmer, wie es ihnen ergangen ist und ob sie etwas anzumerken haben. Anschließend geht der Ball noch kurz ins Plenum zurück.


    Ich gehe davon aus, dass der Inhalt und nicht die Methode im Vordergrund steht, dann reicht das so. Ansonsten wäre noch eine Methodenreflexion angemessen und wohl auch besser Beobachtungsaufgaben für die Gruppen hinsichtlich des Methodischen.


    Viel Erfolg und Bericht, wie es gelaufen ist, wäre nett!

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Zitat

    Ansonsten wäre noch eine Methodenreflexion angemessen und wohl auch besser Beobachtungsaufgaben für die Gruppen hinsichtlich des Methodischen.


    Das muss ich jetzt doch noch vorher wissen:
    Meinst du mit Methodenreflexion/Beobachrungsaufgabe z. B.
    War die Argumentation schlüssig? Ist die Kohärenz zum Text da? Wurde klar und deutlich gesprochen?


    Oder missverstehe ich dich?

  • Zitat

    Peh. schrieb am 21.06.2006 23:29:


    Das muss ich jetzt doch noch vorher wissen:
    Meinst du mit Methodenreflexion/Beobachrungsaufgabe z. B.
    War die Argumentation schlüssig? Ist die Kohärenz zum Text da? Wurde klar und deutlich gesprochen?


    Oder missverstehe ich dich?


    Richtig. Aber m.E. würde das nur passen, wenn du z.B. eine Reihe über Argumentieren machst. Bei dir steht ja eine Ganzschrift im Mittelpunkt und die Methode ist nur Mittel zum Zweck.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Bericht:
    Die heutige Stunde war die letzte zur U-Reihe. Es ging ja um Gefahren und Chancen wissenschaftlichen Forschens, das heißt die Podiumsdiskussion vereinte Vertreter verschiedener Jahrhunderte (Galilei, aber auch Vertreter der Industrie usw.), welche über den hippokratischen Eid diskutieren sollten.


    Da meine Klasse methodisch geschult ist und die Diskussionsleitung bisher häufiger von Schülern übernommen wurde, habe ich es gewagt und die Rolle einem Schüler übertragen. Der Moderator bekam Rollenhinweise (neutral, herausfordernde Fragen stellen, die Gesprächsreihenfolge überlegen usw.). und ging in die Gruppen, um zu erfahren ob diese Pro oder Kontra stimmen. Der Moderator hat seine Sache gut gemacht, die aufgetretenen Fehler (z.B. zu oft das Publikum befragt und die Podiumsteilnehmer vergessen) wurden in der Reflexionsphase alle erkannt und kritisiert. Ansonsten habe ich deine Tipps beherzigt: Eingangsstatements, Diskussion, Aufgreifen von Publikumsfragen und dann erteilte ich ein Tonsignal und die Vertreter mussten noch einmal Schlussstatements verfassen.


    Die Diskussion war toll, den Schülern gelang es, ihre Rollen überzeugend (teilweise überspitzt) darzustellen.


    Der Schulleiter hat abschließend ein Lob an die Klasse ausgesprochen, er fand die Diskussion anregend usw. Das hat er noch nie gemacht. Ich nehme an, die Analyse wird gut... Noten erfahre ich nächste Woche.


    EDIT
    Achso:
    Die Reflexion der Methode integriere ich i.d.R. - wir nennen das Reflexion auf Metaebene. Methodische Lernziele stehen zwar nicht immer im Fokus, sollten doch aber immer Bestandteil sein. Heute wurde jedenfalls erst methodisch, dann inhaltlich reflektiert. Allerdings haben die Schüler ihre Kritik nicht nach Methode und Inhalt getrennt, was ich aber nicht schlimm fand (eher belebend).
    Gerade weil die Methode neu war, wollte/musste ich diese auch reflektieren lassen. Ich habe danach gefragt, was bei einem wiederholten Einsatz dieser Methode verbessert werden könnte.


    Meine Seminarleiter achten darauf, dass im Sinne der Kompetenzorientierung bestimmte Kompetenzen immer wieder gefördert werden und methodische Reflexion (fast) immer neben der inhaltlichen Arbeit steht. Jede Lehrprobe muss eine Reflexion auf Metaebene beinhalten, was sich heute ja spielend und sinnvoll integrieren ließ.

Werbung