Zentralabitur!!!

  • Was freue ich mich auf die Einführung des Zentralabiturs für den zweiten Bildungsweg!


    Ich sitze gerade an meinen Vorschlägen - 16 Seiten Vorschläge für zwei Kandidaten, das ist doch einfach eine geisteskranke Verschwendung von Arbeitszeit. Drei Aufgabenvorschläge, ein Vorschlag wird vom Dienstherren rausgenommen, den anderen kickt der Kandidat raus. 15 Arbeitsstunden habe ich ungefähr gebraucht, 66% meiner Arbeit geht in die Tonne! X(


    Nele

  • Ich kann dich gut verstehen. Ich rede schon seit meinem Referendariat dem Zentralabitur das Wort!


    Gruß,
    Remus

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Ich möchte diesen Thread noch einmal aufgreifen und z.B. die fragen, die in anderen Bundesländern seit längerem oder jetzt aktuell in NRW auf das Zentralabitur hin arbeiten. Empfindet ihr die Vorgaben wirklich als Erleichterung oder sehr ihr euch eher eingeschränkt? Man kann doch jetzt kaum noch auf die Interessen des Kurses eingehen oder auf Profilschwerpunkte der Schule. Sehe ich das falsch? Ich freue mich über Kommentare!

  • Zitat

    Aktenklammer schrieb am 23.05.2006 22:37:
    Ich möchte diesen Thread noch einmal aufgreifen und z.B. die fragen, die in anderen Bundesländern seit längerem oder jetzt aktuell in NRW auf das Zentralabitur hin arbeiten. Empfindet ihr die Vorgaben wirklich als Erleichterung oder sehr ihr euch eher eingeschränkt? Man kann doch jetzt kaum noch auf die Interessen des Kurses eingehen oder auf Profilschwerpunkte der Schule. Sehe ich das falsch? Ich freue mich über Kommentare!


    Sagen wir mal so - hinter der Literaturauswahl für Englisch sehe ich den systematischen Versuch, Schülern möglichst effektiv die Freude und das Interesse an Büchern auszutreiben. Die Themenwahl für das Fach Geschichte verrät aufs trefflichste wie sehr man doch das Wesen der Geschichte als Hilfsmittel zum Verständnis der Gegenwart nicht verstehen kann...


    Nele

  • Abgesehen davon, dass ich ein Zentralabitur für absolut unmöglich und kontraproduktiv halte, gibt es schon dann Probleme, wenn der Lehrer mal kurze Zeit fehlt oder mal extrem wichtiger aktueller Stoff dazwischen käme (der dann eben nicht mehr behandelt werden kann).
    Ich denke, dass sich dann bitte auch alle Schulbücher von der ersten Klasse an bis aufs Haar gleichen müssten. Momentan ist es ja so, dass ja auch innerhalb eines Bundeslandes in den Schulbüchern einer Klassenstufe aber verschiedener Verlage unterschiedliche Inhalte aufgegriffen werden. Und die Inhalte des Rahmenplans schafft man eh nicht alle.
    Solange das niemand in den Griff bekommt, werden die meisten Schüler unter dem Zentralabitur leiden. Dass es keine Vergleichbarkeit gibt, merkt man doch schon bei den Vergleichsarbeiten in unteren Klassenstufen. *kopfschüttel*

    • Offizieller Beitrag

    In Bayern gibt es ja schon ewig lang das Zentralabitur und sowohl Schüler als auch Lehrer kamen und kommen damit gut klar. Es gibt mehrere (vier)Themen zur Auswahl, eins davon kann sich der Kandidat raussuchen (früher traf die Auswahl der Lehrer) und die Chance, dass ein Lehrer alle vier Themen gar nicht angeschnitten hat, ist ausgesprochen gering. (Und wir konnten im Lk F durchaus nebenher noch aktuelle Themen behandelt, war sogar sehr erwünscht- eins davon kam dann auch dran!) Abgesehen davon, dass es schon schön ist zu wissen, dass die Abiturnote wirklich bundeslandweit vergleichbar ist (es gibt für den Lehrer keinen allzu großen Korrekturspielraum, denn der Erwartungshorizont wird mitgeliefert), hat so kein Lehrer die Chance, das Abi speziell auf seine Kandidaten zuzuschneiden. Das sehe ich nämlich als riesiges Problem von nicht-zentralen Abituraufgaben - neben dem ungeheuren Arbeitsaufwand für die Lehrer.
    Übrigens denke ich, wenn NRW u. a. das Zentralabitur haben, wird auch die leidige
    Malus-Regelung für diese Bundesländer in Bayern fallen- und man hätte damit wirklich die freie Wahl überall ohne bundeslandbedingte Einschränkungen zu studieren.

    Zitat

    Und die Inhalte des Rahmenplans schafft man eh nicht alle.


    Würde ich so jetzt nicht sagen...
    Liebe Grüße,
    Hermine

  • In der Theorie finde ich die Idee des Zentralabiturs hervorragend - die unterschiedlichen Ansprüche der unterschiedlichen Schulen und Schulformen sollten einfach nicht dazu führen, dass Schüler mit unterschiedlichen Leistungen das gleiche Abitur bekommen. Gleichzeitig sparen sich die Lehrer die Arbeit der Abivorschläge, stehen aber mit auf dem Prüfstand, da die Ergebnisse ihres Unterrichts sich mit den Ergebnissen anderer messen müssen. Auch subjektive und zwischenmenschliche Ungerechtigkeiten werden stärker gefiltert - bei dem engen Rahmen des Zentralabis kann man nicht mehr so einfach eigene Vorlieben in Themen und Bewertungen einfließen lassen. Alles gute und richtige Dinge.


    Die jetzige Form des Zentralabis ist allerdings riesengroßer Schwachsinn, der aus dem weltfernen, aber nicht auszurottenden Versuch entsteht, seinen Kuchen zu behalten und ihn zu essen. Der Anspruch des Zentralabis ist objektive Mess- und Vergleichbarkeit. Der AUFGABENTYPUS ist allerdings - zumindest in Deutsch und Englisch - weiterhin stark interpretatorisch geprägt, versucht also a) etwas zu bewerten, was sich nicht in enge Punktraster zwängen lässt und b) was weiterhin eine sehr gezielte Vorbereitung erfordern würde, was aber durch den gerade für die Grundkurse völlig überfrachteten Lehrplan nicht geht. Ich habe mir die Lösungsraster für die Probeklausuren in Deutsch durchgelesen: Wenn ich mit meinen Süßen das bestimmte Motiv, um das es geht, besprochen hätte, könnten sie das auch. Hab ich aber nicht, weil ich andere Motive für wichtiger gehalten habe. Die Gedichtinterpretation finde ich stark subjektiv (wie das Gedichtinterpretationen nun mal so an sich haben) - heißt das, wenn meine Schüler was anderes (Nachvollziehbares) sehen, darf ich dafür keine Punkte verteilen?


    Es hätte andere Möglichkeiten gegeben - die Cambridge Certificates machen vor, wie man sinnvoll vergleichbar testen kann. Das hieße aber:
    - endlich anzuerkennen, dass Englisch in der Schule zuerst die Sprache, dann literarische/ landeskundliche Inhalte vermitteln soll - und keine literaturwissenschaftlichen Interpretationstechniken. Shakespeare-Sonette machen das Leben schöner, ins Abi gehört m.E. etwas anderes.
    - in Deutsch zumindest bei den Grundkursen ein Gleiches anzuerkennen und freie Hand bei der Auswahl der Literatur zu lassen. Der Galopp durch die Literaturgeschichte, der weder zu schaffen ist noch bei den meisten irgendwelche Spuren hinterlässt, bringt nichts und vernachlässigt die gesammte Literatur des 20. Jahrhunderts total - meine Kleinen kennen Irrungen, Wirrungen (na toll) und werden den Vorleser kennenlernen (noch toller), aber keine Keun, keinen Mann, keinen Tucholsky, keinen Brecht, keinen Böll, keinen Grass, keinen Nadolny, keinen Süßkind, keinen von Düffel... alles, was sie in irgendeiner Form etwas angeht, fällt weg. Ich kann meinem Vorredner nur zustimmen: Das ist systematisches Austreiben von Literatur.


    Deshlab: Zentralabi ja, ABER NICHT SO!!!


    *Vom Rednerpult wieder herunterkletter und in die Schule flitz*
    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

    • Offizieller Beitrag

    Wolkenstein: du sprichst mir sowas von aus der Seele - mit jedem einzelnen Satz!
    DANKE!


    Es ist ein fachlicher Unfug sondergleichen und in unseren Fächern ganz besonders. Und dadurch wird es auch zm pädagogischen Unfug.


    Bitte überarbeiten, liebe KuMi... (aber dat hört se ja wieder nich).

    • Offizieller Beitrag

    Äh, ich bin gerade total geplättet: Wir haben im GK Faust, Fontane (in Ausschnitten), und eben unglaublich viel Kafka, Böll, Grass (eher weniger, den hab ich in meiner Freizeit gelesen) und Nadolny behandelt.
    Außerdem sind die Themen bei uns in Interpretation (ja, schwierig, aber wegen einem fehlenden Motiv muss man ja nicht die Noten gleich runtersetzen), Dramenanalyse, Textanalyse und Erörterung (meist literarisch) gegliedert- ich finde das nicht so schwammig. Außerdem werden deine Lieben, Wolkenstein, dann ja wohl auch nicht genau das Thema nehmen, wenn du das Motiv nicht durchgenommen hast. (Vielleicht ist das ja bei euch wie bei uns mit dem G8, die Grundidee ist gut, aber an der Durchsetzung hakt es gewaltig?)
    Liebe Grüße,
    Hermine

  • Zitat

    Hermine schrieb am 24.05.2006 06:34:
    Abgesehen davon, dass es schon schön ist zu wissen, dass die Abiturnote wirklich bundeslandweit vergleichbar ist (es gibt für den Lehrer keinen allzu großen Korrekturspielraum, denn der Erwartungshorizont wird mitgeliefert), hat so kein Lehrer die Chance, das Abi speziell auf seine Kandidaten zuzuschneiden. Das sehe ich nämlich als riesiges Problem von nicht-zentralen Abituraufgaben - neben dem ungeheuren Arbeitsaufwand für die Lehrer.


    Die hinter dieser Hoffnung nach Gerechtigkeit stehende Vermutung, bei einem dezentralen Abitur gebe es 'Gummi-Abiturthemen' von Kollegen, die es sich und den Schülern besonders leicht machen wollen, halte ich weitgehend für eine Fiktion. Zum einen mußten Abiturthemen bislang immer vorgelegt werden, so daß es durchaus eine externe Kontrolle/Evaluation gab, zum andern gibt es z. B. statistische Untersuchungen, die die Abiturthemen im Fach Französisch in verschiedenen Bundesländern (zentral vs. dezentral) verglichen haben - mit dem Ergebnis, daß die Themen weitgehend übereinstimmten. (In der Fachdidaktik spricht man vom so genannten "Krypto-Kanon".)

    • Offizieller Beitrag

    Ich finde eure Diskussion sehr interessant, da ich mich als Realschullehrerin zwar noch nicht mit dem Zentralabitur, dafür aber mit den zentralen Abschlussprüfungen beschäftigt habe, die unsere Schüler demnächst ab der Zehn erwarten.


    Deshalb interessiert mich, wie viel das Zentralabitur für die gesamte Abinote zählt. Bei den zentralen Abschlussprüfungen wird es ja so sein, dass sich die Endnote zu 50 Prozent aus der Schuljahresnote des Schülers, zur anderen Hälfte aus den Ergebnissen der Abschlussprüfungen zusammensetzen wird, also die zentralen Prüfungen sehr stark gewichtet werden. Wie ist das denn beim Zentralabi? Zählen da die schriflichen und mündlichen Prüfungen auch so viel?

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