Stimmenskulptur

  • Hallo zusammen,


    ich habe kürzlich oben genannte Methode kennengelernt, durchgespielt und fand das ganze ziemlich interessant und beeindruckend.
    Mir ist auch klar bei welchen Texten man sowas einsetzten kann, was mir aber nicht so klar geworden ist, sind die möglichen Ziele, die mit diesem Vorgehen erreicht werden können.


    Ganz klar ist: affektives Lernziel Empathiefähigkeit.
    Halte ich auch für extrem wichtig. Aber was kann es auf der Deutungsebene im Deutsch/FS bringen?


    Helft mir mal, ich würde das so gerne mal ausprobieren aber ich finde das rein affektive Lernziel dafür zu wenig, um die Methode für meinen Unterricht und für meine Schüler zu legitimieren.


    Dankeschön
    LG,
    Juliet

    Traue jemandem etwas zu und er wird sich darum bemühen, diesem Vertrauen zu entsprechen. (Don Bosco)

  • Puh, das ist schwierig zu erklären...


    Kommt von Ingo Scheller, dem "Szenischen Interpretieren"- Mensch.


    Ich erkläre es mal an dem Beispiel, an dem wir es im Englisch FS durchgespielt haben:


    Also es ging um die Schlußszene (Requiem) in Death of a Salesman und um die Reaktion von Willy Loman's Frau Linda.
    Wir haben gesammelt, was sie am Grab ihres Mannes wohl sagen könnte: Why? I can't cry etc.


    dann hat sich jeder eine Äußerung ausgesucht und sollte diese so (emotional) sagen, wie er es für die Figur Linda hier angemessen hält.
    Eine Person sitzt auf einem Stuhl und sagt bei den Äußerungen "ja", die sie/er für stimmig hält. Diese Personen, die eine solche "passende" Aüßerung getätigt haben, stellen sich hinter die Person auf dem Stuhl und wiederholen ihre Äußerung. Je nach dem, wie gut die Äußerung das empfinden der auf dem Stuhl sitzenden Person trifft, müssen die anderen sich näher oder weiter von dem Stuhl weg stellen. Sie wiederholen dann ihre persönliche Äußerung mehrfach wie in einem Chor (aber einzeln), so dass eine recht intensive Stimmung dieser (traurigen) Szene spürbar wird.


    Ja, und das war's auch schon.
    Kannst du dir jetzt was drunter vorstellen?


    bis dann, Juliet


    Ist das klar geworden?

    Traue jemandem etwas zu und er wird sich darum bemühen, diesem Vertrauen zu entsprechen. (Don Bosco)

  • Das klingt ganz danach, als sei dies aus der Fachdidaktik "Darstellendes Spiel" übernommen worden. Hier gibt es auch die dollsten "Methödchen" und "Spielchen", um die SuS-Schauspieler an ihre zukünftige Rolle heranzuführen. In diesem Zusammenhang ist mir etwas Ähnliches bekannt. Die Übung nennt sich Schießbude: 5 SuS stehen mit dem Rücken zu dem vermeintlichen Darsteller. Dieser SuS trägt seinen Monolog entsprechend betont vor. Wenn sich die SuS von der "Rede" angesprochen fühlen bzw. überzeugt sind, dass dies authentisch vorgetragen wurde, drehen sie sich um, sodass der SuS-Schauspieler quasi hautnah ein Feedback bekommt.


    Bei allen diesen "Methödchen" geht es letztlich um Folgendes:
    1. Schulung der Empathiefähigkeit (wie du dies auch bereits angedeutet hast) bzw. Einfühlung in eine literarische Figur
    2. Training des szenischen Lesens bzw. Vortragens und/oder später Spielens
    3. Förderung des tieferen Textverständnisses


    Vor diesem Hintergrund haben solche Dinge schon ihre Berechtigung, denn nur mit der "richtigen" Betonung wird den übrigen SuS die Bedeutung der Textaussage deutlich. Du kannst solche Dinge also ruhig in deinen Unterricht integrieren, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. :)

  • Dieser SuS trägt seinen Monolog entsprechend betont vor. Wenn sich die SuS von der "Rede" angesprochen fühlen bzw. überzeugt sind, dass dies authentisch vorgetragen wurde, drehen sie sich um, sodass der SuS-Schauspieler quasi hautnah ein Feedback bekommt.

    Das klingt ganz danach, als sei dies aus der Fachdidaktik "Darstellendes Spiel" übernommen worden.

    Das ist ja grauenvoll, jetzt übernimmt die Fachdidaktik schon Konzepte aus diesen unsäglichen Castingshows. In diesem Fall


    http://de.wikipedia.org/wiki/The_Voice_of_Germany


    Hauptsache die Lebenswelt der Jugendlichen treffen, die ja 1:1 der Fernsehwelt entspricht.

  • Hallo muckel1405,
    schau mal auf das Datum des Beitrages vor deinem (Dienstag, 9. Mai 2006, 21:59).


    @silicium
    Ich halte sowas (auch) für'ne ziemliche Psychok...e. Aber offensichtlich gibt es Leute, die darauf abfahren und unsere Jugend entsprechend dressieren möchten.


    Grüße
    Steffen

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Das ist ja grauenvoll, jetzt übernimmt die Fachdidaktik schon Konzepte aus diesen unsäglichen Castingshows. In diesem Fall


    http://de.wikipedia.org/wiki/The_Voice_of_Germany



    *lol* Das warst du schneller. Hatte mich auch stark an "The Voice..." erinnert gefühlt.


    Kann man aber auch konsequent weiterdenken: Schülerreferate werden vom Experten-Team (selbstverständlich bestehend aus 3 SuS, ohne Lehrer) im Bohlenstil beurteilt. Vorturnen im Sportunterricht wird - Empathie und Sozialkompetenz fördernd - ala GNTM durch Mitschüler kommentiert. Der Lehrer zieht sich hier natürlich zurück, weil die Jugendlichen selbstentdeckend lernen und beurteilen sollen.


    Hmmm, ich glaube, da habe ich was für die kommende Woche....


    :D


    Raket-O-Katz

  • Ich finde Ansätze aus dem Szenischen Interpretieren meistens sehr spannend und würde das nicht gleich kategorisch abtun.

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