Komma oder nicht?

  • Fragen an alle Komma-Spezialisten: Findet ihr, dass das Komma in den folgenden Sätzen gesetzt werden kann oder muss?


    1) Vor ihm, über der Sonnenblende, steckten wohlverwahrt seine Zollpapiere.
    2) Die St. Kilian war pünktlich, wie immer. [Müsste man nicht für einen Nicht-Komma-Satz sagen: "Die St. Kilian war wie immer pünktlich"?]
    3) Er war aus dem Bauch der St. Kilian herauf ans Licht gefahren, die knapp zweihundert Meter auf dem mit Kopfstein gepflasterten Kai entlang, und wieder ins Dunkle getaucht. (es geht hier um das 2. Komma)

  • 1 und 2 muss nicht. 3 muss.


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

  • Hallo,


    1. Ist ein Einschub, also Komma muss.
    2. Muss nicht, kann aber.
    3. Ist eine Aufzählung von "Tätigkeiten", also kein Komma vor "und".


    Würde ich jetzt so sagen... :P


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

  • Ok, ich geb zu, ich bin nicht der Spezialist, hab nur ganz gutes Sprachgefühl. ich frag den Spezialisten und melde mich morgen mit kompetenter Antwort ...

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

  • Hallo,


    *grins* - Aber das Schlimme ist: Mein Spezialist war immer meine Mutter - und die ist sich seit der Schlechtschreibreform auch nicht mehr immer sicher. :D


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

  • Zitat

    Aktenklammer schrieb am 17.01.2006 13:05:
    Fragen an alle Komma-Spezialisten: Findet ihr, dass das Komma in den folgenden Sätzen gesetzt werden kann oder muss?


    1) Vor ihm, über der Sonnenblende, steckten wohlverwahrt seine Zollpapiere.
    2) Die St. Kilian war pünktlich, wie immer. [Müsste man nicht für einen Nicht-Komma-Satz sagen: "Die St. Kilian war wie immer pünktlich"?]
    3) Er war aus dem Bauch der St. Kilian herauf ans Licht gefahren, die knapp zweihundert Meter auf dem mit Kopfstein gepflasterten Kai entlang, und wieder ins Dunkle getaucht. (es geht hier um das 2. Komma)


    Bei allen kann ein Komma gesetzt werden, muss aber nicht.


    Zu 1 und 2):

    Zitat


    § 78 "Oft liegt es im Ermessen des Schreibenden, ob er etwas mit Komma als Zusatz oder Nachtrag kennzeichnet."
    Dies betrifft:
    (1) Gefüge mit Präpositionen, entsprechenden Wortgruppen oder Wörter [...]


    Zu 3)
    Eigentlich gilt:

    Zitat


    §72 Sind die gleichrangigen Teilsätze [...] durch und [...] verbunden, so setzt man kein Komma.


    aber:

    Zitat


    §73 Bei gleichrangigen Teilsätzen, die durch und [...] verbunden sind, kann man ein Komma setzen, um die Gliederung des Ganzsatzes deutlich zu machen.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Hier die versprochene Expertenantwort:


    Alle fraglichen Kommata sind regelwidrig gesetzt.


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

  • Timm hat weitgehend recht, nur noch einmal zur Klärung von 2:


    Zitat

    Aktenklammer schrieb am 17.01.2006 13:05:
    2) Die St. Kilian war pünktlich, wie immer.


    Ist das "wie immer" in 2 ein Kommentar zum Verb (war), wird abgetrennt und der Satz bedeutet, dass der Zug wirklich immer pünktlich war. (Die Umstellung braucht keine Kommas). Bezieht sich das "wie immer" auf das "pünktlich" (Der Zug war pünklich wie immer - nämlich genau 10 Minuten zu spät), darf kein Komma stehen.


    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

    Einmal editiert, zuletzt von wolkenstein ()

  • Zitat

    Bablin schrieb am 17.01.2006 23:44:
    Hier die versprochene Expertenantwort:


    Alle fraglichen Kommata sind regelwidrig gesetzt.


    Bablin


    Hat dein Experte auch seine Meinung begründen können? Wolkenstein und ich sehen das ja jedenfalls anders (und ich stimme Wolkensteins Zusatz zu meiner Erklärung zu).

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Also sprach nunmehr der Experte:


    Zu 1.) Kommata stehen nicht zwischen Satzgliedern: "über der Sonnenblende" ist ein Satzglied, nämlich eine adverbiale Bestimmung des Ortes. Es handelt sich hier nicht um eine Aufzählung zweier Satzglieder im Sinne von: "Vor ihm und über der Sonnenblende", sondern das zweite Satzglied ist eine nähere Bestimmung zum ersten Satzglied.


    Zu 2.) Duden R 81: Unvollständige Sätze, die mit "wie" eingeleitet werden, stehen ohne Komma; sie sind formelhaft geworden und wirken wie eine einfache Umstandsangabe.


    Zu 3.) Duden R 86: Es steht kein Komma, wenn "und" gleichrangige Wortgruppen verbindet: "Er war auf dem Kopfsteinpflaster entlang und wieder ins Dunkle getaucht." - "Er war getaucht" ist das Prädikat, das wohl aber nur poetisch einen Sinn für beide Wortgruppen ergibt.


    Alternativ: "Er war aus dem Bauch der St.Kilian herauf ans Licht gefahren und wieder ins Dunkle getaucht." Dann wäre ",die knapp zweihundert Meter auf dem Kai entlang," eine nachgestellte nähere Erklärung, die in Kommata eingeschlossen wird.
    Die richtige Lösung müsste sich aus dem Kontext ergeben.


    Wer ist "er", wer ist die St.Kilian (ein Schiff?)??


    Ab hier betreibe ich, Bablin, den Versuch, einen Ersatz für das versehentlich von Wolkenstein Gelöschte zu schreiben. Ich schreibe auf ungewohnt rotem Grund und lasse mich überraschen, als wessen Text dies am Ende ausgegeben wird.


    Im Original stand hier in Anlehnung an Kishons beste aller Ehefrauen eine Skizze über die anregenden Dispute mit der zweitbesten aller Ehefrauen im Hause des Experten, welche leicht anarchistisch gestrickt und damit Regelwerken grundsätzlich abgeneigt ist und die Meinung vertritt, dass Kommata das Verständnis eines Textes erleichtern sollen - weswegen sie Kommata selbst dann nach Lust und Laune setzt, wenn ihr die entprechenden Regeln durchaus bewusst sind. Umso mehr gesteht sie dies einem Schriftsteller zu und folglich auch dem Autor des diskutierten Textes, der mit dieser oder jener Kommasetzung den einen oder anderen Aspekt seines Textes hervorheben mag.


    Den Löschalkionen fiel auch der rigide Kommentar "Das ist Quatsch!" eines Beitragsschreibers zum Opfer. Das ist gut so. Wenn wir hier schon Kommaspaltereien betreiben, so sollte das doch ohne Diskrimierung abweichender Meinungen vor sich gehen [können].


    Und damit zurück zu den Zeugnissen ...


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

    Einmal editiert, zuletzt von Bablin ()

  • Also mich überzeugt Timms Analyse mehr, aus den Gründen, die er nennt.
    "Wie immer" ist gar kein Satz, auch kein unvollständiger. (Sonst könnte man ja alles alles als unvollstädigen Satz deklarieren.)


    Und überhaupt: Bin ich der erste, der sagt, dass Satz 3 außerdem überhaupt unschön ist?

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.


  • Tut mir leid, das hört sich nach alter Rechtschreibung an oder dein Experte hat die Ausnahmeregeln nicht berücksichtigt, denn für das normale Regelhafte hat er Recht.


    P.S. und OT: Bin langsam verunsichert, weil zahlreiche kompetente Leute von euch "recht haben" klein schreiben. Mein Bertelsmann meint aber "Recht haben". Ist allerdings noch die 96er Ausgabe...

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Ich bin ja auch einer der recht Haber, wenn ich mal so schreiben darf. :)
    Ich halte mich in diesem Fall zumindest privat nicht an die neue Schreibung "Ich habe Recht". (Umsetzung in der Schule ist eine andere Frage. Auch da sehe ich das nicht eng.) Aber du hast wohl schon recht, Timm: Eigentlich müsstest du Recht haben.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Zitat


    Zu 1.) Kommata stehen nicht zwischen Satzgliedern: "über der Sonnenblende" ist ein Satzglied, nämlich eine adverbiale Bestimmung des Ortes. Es handelt sich hier nicht um eine Aufzählung zweier Satzglieder im Sinne von: "Vor ihm und über der Sonnenblende", sondern das zweite Satzglied ist eine nähere Bestimmung zum ersten Satzglied.


    Woran siehst du das? Ich halte die Einschub-Lesart für durchaus möglich - wenn's unbedingt notwendig ist, sogar mit Gedankenstrichen: Er hatte den ganzen Wagen durchsucht, hatte in jeden Winkel geguckt, die Fußmatten aufgerissen, die Taschen unter der Sonnenblende einzeln umgedreht. Es half nicht, die Papiere waren verschwunden. Er wurde verhaftet, saß drei Jahre im Gefängnis, seine Frau ließ sich scheiden, sein Sohn wurde drogenabhängig, er wusste, dass seine wirkliche Strafe erst nochzubereitet wurde, während er im Gefängnis saß. Endlich wurde er entlassen, und man händigte ihm seine Wagenpapiere aus. Er stieg in seinen Wagen. Als er nach einer halben Stunde immer noch reglos im Wagen saß, ging der Wächter des Haftvollzugsanstaltsparkplatzes nachsehen und fand ihn tot. Ihn hatte der Schlag getroffen. Vor ihm - über der Sonnenblende - steckten wohlverwahrt seine Zollpapiere.


    Zitat


    Zu 3.) Duden R 86: Es steht kein Komma, wenn "und" gleichrangige Wortgruppen verbindet: "Er war auf dem Kopfsteinpflaster entlang und wieder ins Dunkle getaucht." - "Er war getaucht" ist das Prädikat, das wohl aber nur poetisch einen Sinn für beide Wortgruppen ergibt.


    Auf dem Kopfsteinpflaster entlanggetaucht? Hübsches Bild, aber ehrlich gesagt Quatsch.


    Zitat


    Alternativ: "Er war aus dem Bauch der St.Kilian herauf ans Licht gefahren und wieder ins Dunkle getaucht." Dann wäre ",die knapp zweihundert Meter auf dem Kai entlang," eine nachgestellte nähere Erklärung, die in Kommata eingeschlossen wird.
    Die richtige Lösung müsste sich aus dem Kontext ergeben.


    Schon eher, aber auch das ergibt keinen Sinn: Wenn er aus einem Schiff oder was auch immer ans Licht fährt, fährt er eben keinen Kai entlang, das tut er danach. Aber der erste Vorschlag, nur mit einem anderen Bezug, triffts m.E. genau:


    Er war aus dem Bauch der St. Kilian herauf ans Licht gefahren, die knapp zweihunder Meter auf dem mit Kopfstein gepflasterten Kai entlang (gefahren), und wieder ins Dunkle getaucht.


    Das Komma markiert also hier eine Auslassung, als Signal für ein sich wiederholendes Verb. Das ist kein schlechter Stil, sondern spannende Literatur, denn die parallele Sturktur der drei Teilsätze imitiert die Bewegung, die beschrieben wird: Der Bogen steigt (aus dem Bauch - ans Licht gefahren) - bleibt einen Moment gerade (am Kai entlang, durch die Auslassung ohne Unterbrechung, aber extrem kurz, fast hektisch) - und sinkt wieder ab (ins Dunkle getaucht). Drum.


    w.
    Sticklers of the World Unite!

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

    Einmal editiert, zuletzt von wolkenstein ()

  • wolkenstein: Kann es sein, dass du Bablings Beitrag, auf den du dich beziehst, zerstört hast?

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Hallo, wolkenstein, es ist mir ein Rätsel, wie du dazu kommst, in dieser Weise in meinem Beitrag herumzupfuschen .- so dass es aussieht, als stamme dieser text von mir.


    Obigen Text hab ich so nicht geschrieben, ich klinke mich unter Protest aus diesem thread aus !


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

  • Zitat

    Bablin schrieb am 18.01.2006 23:05:
    ich klinke mich unter Protest aus diesem thread aus ![/b]


    Bablin


    Ich glaube, hier liegt wirklich ein Versehen vor.
    Wenn ich das richtig sehe, hat Timm doch den Beitrag gequotet. Kann man ihn dadurch rekonstruieren?


    LG, ph.

  • Ooops... ich habe aus Versehen die edit- statt die Zitierfunktion benutzt. Bablin, es tut mir furchtbar Leid - es war ganz bestimmt keine Absicht. Ich habe, soweit wie möglich, deinen Beitrag aus Timms Beitrag heraus rekonstruiert - kannst du den Rest wieder dazuschreiben, bitte? Ich entschuldige mich vielmals für das Versehen.


    Im höchsten Maße verlegen,
    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • Alles paletti, der unwiederbringlich von Wolkenstein gelöschte Text in meinem obigen Beitrag ist durch einen ähnlichen ersetzt, das Zitieren ist in Zukunft leichter vom Editieren zu unterscheiden, wir haben uns wieder lieb.


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

    Einmal editiert, zuletzt von Bablin ()

Werbung