Analyse eines Gedichts 11. Klasse Gym

  • Hallo zusammen,
    ich bin Neuling hier in diesem Forum. Zu meiner Person: Referendar im Zweigschuleinsatz am Gymnasium in Bayern, Fächer Deutsch und Englisch.
    Nun meine konkrete Frage:
    Ich fange am Montag in meiner 11. Klasse mit der Analyse eines poetischen Texts (Gedicht) an und habe schon unheimlich viel Material gesammelt (alle möglichen Internet Links, Übungsbücher zur Lyrikanalyse, etc.). Das Problem ist aber ich habe bis zur Schulaufgabe „nur“ 15 Std. Zeit.
    Wie kann ich in das ganze Thema spannend einsteigen?
    Soll ich die S einfach drauflosinterpretieren lassen, oder erst mal am Gedicht Handwerkszeug zur Interpretation üben (äußerer – innerer Aufbau, Metrik, rhetorische Figuren, Stilmittel, etc). Ich habe immer die Sorge, dass ein einzelnes Gedicht nicht genug für eine ganze Std. hergibt, wenn den S die sprachl. Mittel fehlen, die sie zwar haben sollten, aber na ja...
    Vielen Dank im Voraus für Eure Erfahrungen.
    Free


    :D

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Free,
    man kann mit einem Gedicht prima ganz Doppelstunden füllen! Auch zwei davon!


    Ich fange bei Lyrikreihen meist mit einer Phase zur Lyrik an sich an - meist indem ich einfach das gute alte Schülerzitat "Nee! Bloß keine Gedichte!" an die Tafel schreibe und sie mal kommentieren und thematisieren lasse, wieso dieses Thema so unbeliebt zu sein scheint.


    Dabei kommt schon ganz viel verstecktes Wissen zutage, auch oft die leidige Frage gibt es die richtige Interpretation oder kann jeder zu einem Gedicht alles faseln? Ängste werden abgebaut und man kann mit ein paar weiteren schönen Zitaten zu Gedichten auch deren Vorteile an den Mann bringen.


    Dann mache ich zumeist mit einem Vergleich Lied - Gedicht weiter (um die Frage nach Rhytmus und Metrik zu klären) - dazu gibt es gute Rap Stücke auf deutsch, die sehr poetisch sind und schon viele Stilmittel enthalten (Dazu das Buch und die CD Hip Hop XXL) HipHop XXL, Reime und Beats in Deutschland, m. 2 Audio-CDs
    von Heide Buhmann, Hanspeter Haeseler
    http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/392763820X/qid=1100885474/ref=sr_8_xs_ap_i1_xgl/302-8024237-1126436?tag=lf-21 [Anzeige]



    Weiter geht es mit ein paar schön vorlesbaren Gedichten von Rilke u.a. (dazu gibt es ein Buch mit wunderschönen Aquarellen als Einstieg - heißt "Rilkes Landschaften" und ich habe vergessen von wem es ist) - Bilder eignen sich überhaupt oft gut um in ein Gedicht reinzukommen und die Bildhaftigkeit von Sprache zu erarbeiten.


    Vorlesen üben (sich Zeit dabei lassen! Viele Varianten ausprobieren!), gucken, wie bestimmte Betonungen bestimmte Stimmungen erzeugen, dann evtl umschreiben nach festen Kriterien (in Prosa umwandeln = erkennen, dass Metrik wichtig für Stimmung ist, weil die nämlich dabei kaputt geht / bestimmte Stilmittel rausnehmen (z.B. alle Metaphern, Personifikationen und Vergleiche in Prosa umwandeln) = erkennen, dass diese Bilder wichtig für die Anschaulichkeit und die Botschaft sind und ein Gedicht ohne sie nicht leben kann etc etc.)


    Analysen lasse ich meist in GA machen - dann werden zwei Leute einer Vierergruppe in die nächste Gruppe geschickt und vergleichen die Ergebnisse - oft sehr spannende Diskussionen - am Ende zu einer gemeinsamen Interpretation kommen.


    Die Schüler bekommen dann auch mal bereits fertige Analysen und Interpreationen in einer Gruppe/Klassenhälfte, die andere Gruppe ist Kontrollgruppe und analysiert selbst - das wird wieder verglichen.


    Manchmal machen wir verzögertes Lesen - heißt, Gedicht ist auf Folie und wird Zeile für Zeile (oder Strophe für Strophe) abgedeckt und gemeisam interpretiert - das paukt bestimmte Methoden der Analyse richtig ein.


    Wenn man dabi langsam und gründlich vorgeht und nicht drüberhudelt oder alles als "richtig" stehenlässt, ist das absolut doppelstundenfüllend und für die Schüler sehr erhellend.


    Mein Rat: bloß nicht zu schnell sein bei einem Gedicht - was die Schüler bereits für interpretiert halten, ist es oft noch lange nicht.


    Auch Autorenhintergründe sind oft hilfreich, die Epoche muss auch ein bisschen beleuchtet werden, sonst sind manche Dinge nicht interpretierbar - das kann man vorschalten oder hinterher als Zusatztext reingeben und gucken, ob sich die Interpretaion verändert im Lichte der neuen Erkenntnisse.


    Hoffentlich hilft's ...


    Viel Spaß!


    Heike

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Viiiieeeelen Dank Heike! Das nimmt mir schon einige Sorgen, ob ich die Stunde füllen kann!
    Mal sehen, wie es den Schülern gefällt
    :D
    Free

  • N'abend,


    ich kram den thread noch mal hoch, da ich gerade dabei bin, meine erste Lyrikreihe zu planen und hier schon mal eine Reihe guter Ideen rausgeholt habe - danke schön also schon mal!l (ich berichte auch mal, wie's dann geklappt hat).


    Ich hätte eine Nachfrage zu den "schönen Zitaten zu Gedichten", anhand derer man dann "deren Vorteile an den Mann bringen" kann.
    Hat da einer was?
    Ich weiß leider auch gerade gar nicht so richtig, wie ich da suchen sollte... (ich tippe mal in Richtung Robert Gernhardt? Der ist doch immer für so was gut, oder nicht?)


    Und hätt da gleich noch ne zweite Frage: bei mir wird das eine Reihe für einen 11er Kurs zum Thema "Migrantenlyrik" Heimatverlust".
    Kennt irgendjemand vielleicht einen interessanten Song zu dem Thema? Alos z.B. zum Thema Identitätsverlust/ Probleme mit der Identitätsfindung als Migrant/Exilant...??


    Meine 'google Fähigkeiten lassen da im Moment arg zu wünschen übrig.


    Wen's interessiert: Ich orientiere mich bei der Gedichtauswahl im Moment übrigens erst mal an diesem Heft von Cornelsen (Kursthemen Deutsch: Lyrik - Heimatverlust und Exil) und an einem uralt Heft von Praxis Deutsch (von 1991 - Migrantenlyrik).


    Vielen Dank schon mal und liebe Grüße
    Katta

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Nachtrag:


    Und wie findet ihr gute Bilder?


    Ich hab mich jetzt gerade mit verschiedenen Stichworten durch die google Bildersuche gewühlt.... aber so richtig erfolgreich war das nicht... (ebensowenig wie die Suche nach schönen Zitaten...).


    Hat irgendjemand einen guten Such-Tipp?


    Vielen Dank!


    Katta

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

    • Offizieller Beitrag

    Bilder suche ich so, dass ich nach Stichworten suche, die für ein Gedicht besonders wichtig / aussagekräftig sind: z.B. wenn ich Barocklyrik mache, gebe ich das Stichwort "Vergänglichkeit" und dann "Lebenslust" ein, da kommen die interessantesten Sachen. Muss man halt ein bisschen stückeln und zusammenkopieren.


    Ähnlich bei den Zitaten: ich google den Titel des Gedichtes und gucke, wen da was zu geschrieben hat (Analysen, Kommentare, auch einfach Schülerhausaufgaben, was weißich) - da ist schon immer der eine oder andere Knaller dabei. Mal lustig, mal nachdenklich, mal kommentierend - muss man sich ein bisschen durchwühlen. Da entwickelt man aber einen Blick für.


    :) Meike

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
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  • Danke schön!


    Dann grenze ich meine Suche jetzt mal besser ein. Hab dann wohl bis jetzt zu allgemein gesucht und war dann von der Fülle zu erschlagen (und vor allem nicht das richtige dabei).


    Hab jetzt einfach mal "Gedichte sind" bei google eingegeben - das bringt auch schon mal interessantes, vielleicht sogar verwertbares.


    Lieben gruß
    katta

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

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