Blair-Rede im LK12 -UPP-Frage

  • Liebe Leistungskurserfahrene,


    meine UPP nähert sich mit großen Schritten, ich plane gerade die Stunde, und mir wird doch ein bisschen mulmig, weshalb ich mich über Ratschläge und Kritik sehr freuen würde. Die Planung:


    In der Reihe "Modern Drama" habe ich mit den SuS "Feelgood" gelesen, ein satirisches Stück von 2001 über New Labour, Blair und Spin Doctors. Im Zentrum des Stücks steht eine Rede des Premiers auf der Parteikonferenz, die von zwei Spin-Doctors geschrieben wird, während alle möglichen Katastrophen passieren (Zusammenbruch des public transport, carnival against capitalism, GM-Food-Skandal, Widerstand gegen härtere Asylregelungen, Protest gegen Beschneidung des Sozialsystems - alles, was die britische und die deutsche Politik so gerade beschäftigt) - am Ende hält der Premier diese Rede, die in klassischer Blair-Rhetorik alles anrührend verpackt und erhebend verschönt. So weit, so gut. In der Doppelstunde vorher wollte ich mit den SuS die Rede aus dem Stück analysieren, dabei nochmal den Bezug zu den verschiedenen Issues herstellen und dann auf die rhetorischen Mittel und die satirische Übertreibung abheben. Für die UPP hab ich mir nun Blairs diesjährige Parteitagsrede besorgt (zum Schreien komisch - vor allem, weil sie der satirischen Rede im Stück sehr ähnlich ist) und wollte sie im Vergleich mit der Rede im Stück analysieren, wobei hier dann noch visuelle und stimmliche Aspekte hinzukämen. Meine Fragen:
    - Ist das als Schwerpunkt der Stunde überhaupt geeignet, oder fragen die Prüfer, wo denn da der Lernzuwachs ist, wenn die SuS in der Stunde vorher schon eine Rede analysiert haben?
    - Mehr als 5-10 Minuten der Rede können wir uns nicht angucken, soll ich den SuS den Text der Rede vorher geben (Blair redet knapp eine Stunde) oder den Inhalt zusammenfassen und mich nur auf einen Abschnitt konzentrieren?
    - Der Analyseteil ist mir recht klar, geht in Gruppenarbeit, aber wie mach ich da nachher was Sprachpraktisches draus? Sie zuhause selbst eine Rede schreiben lassen? Oder geht eine "rein analytische" Vorführstunde, wenn die SuS dabei was zu tun haben?


    Fragen über Fragen - Experten, helft!!!
    Ein prüfungsnervöser Wolkenstein

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

    • Offizieller Beitrag

    Wolkensteinchen!


    - Ist das als Schwerpunkt der Stunde überhaupt geeignet, oder fragen die Prüfer, wo denn da der Lernzuwachs ist, wenn die SuS in der Stunde vorher schon eine Rede analysiert haben?


    Spinnst du? (sorry, aber ist doch wahr!) Wenn das keine komplexe Idee und ein ausgesprochen hoher Lernzuwachs ist, dann kann ich auch keinem der Herren mehr helfen. Soll ich auf die Schnelle mal grad 10 Lernziele aus der Tasche ziehen, die hier unter Schweiß&Mühen erzielt werden?
    - die Schüler erkennen die (misslungenen) rhetorischen Mittel
    - die Schüler erkennen die Ähnlichkeit mit der satirischen Rede aus dem Stück wieder und damit die Unfreiwilligkeit der Komik dieser Rede und ihre Gründe
    - die Schüler vertiefen ihr Wissen über rhetorische Mittel somit auf einer Ebene, die es ihnen erlaubt, das eine vom anderen zu trennen
    - die Schüler erkennen den Unterschied, der durch die audio- visuelle Präsentation entsteht
    - die Schüler begreifen damit auch, wodurch eine Rede effizient wird
    - die Schüler üben Hör- und Sehverstehen
    - die Schüler lernen, das Gelernte aktiv in Gruppen anzuwenden
    - die Schüler lernen, sich in Gruppen über Inhalte sowie Rhetorik zu verständigen und festigen dabei Fachbegriffe und eigene Diskussionsmittel
    - die Schüler üben das Präsentieren von erarbeiteten Inhalten
    etc pp trallala - also wie jetzt, kein Lernzuwachs??


    So'ne Frage!
    Ach ja und: Zeig mir den LK Schüler, der nach dem Analysieren nur EINER Rede so perfekt darin ist, dass er nie wieder eine Vertiefung braucht - und ich nehm ihn mir und gebe dir meine 72 Lkler dafür!



    - Mehr als 5-10 Minuten der Rede können wir uns nicht angucken, soll ich den SuS den Text der Rede vorher geben (Blair redet knapp eine Stunde) oder den Inhalt zusammenfassen und mich nur auf einen Abschnitt konzentrieren?


    Also, die ganze Rede zu kennen, nimmt natürlich den "kick" aus der Stunde und die Schüler eine Rede, welche eine Stunde dauert und ausgerechnet von uns Tony ist, lesen zu lassen, ist auch eher fies (wie lang ist dat Dingens denn?) - und ob es denn dem Lernziel dient? Ich seh's nicht ganz, die Rede dient ja der Erhellung des Stücks, nicht das Stück der Erhellung der Rede. Also wäre ein schöner, knapper und amüsant vorgetragener Lehrervortrag zur Einführung/zusammenfassung angemessen, da präsentierst du dich auch gleich in all deimem Können, kannst die Schüler per gekonnter Weglassung/Betonung spannungsmäßig anheizen und dich auf das beschränken was nötig ist, und das, was sie selbst rausfinden sollen (Realsatire aus Versehen, hähähä, etc) nicht vorwegnehmen. Sonst ist doch der Knalleffekt weg...
    Problem könnte hier natürlich sein, dass du zu nervös für so eine Aktion bist, was ich gut nachvollziehen könnte: wenn Lehrervortrag, dann gut und spannend. In dem Falle müssten wir hier nochmal konferieren und Alternativen suchen..

    - Der Analyseteil ist mir recht klar, geht in Gruppenarbeit, aber wie mach ich da nachher was Sprachpraktisches draus? Sie zuhause selbst eine Rede schreiben lassen? Oder geht eine "rein analytische" Vorführstunde, wenn die SuS dabei was zu tun haben?


    Ja, geht - wo steht was andres in Stein gemeißelt? Aber es bieten sich ja nun nach dem Analysieren an, wieder zum Stück zurückzukommen und herauszufuddeln, woran es denn nun liegt, dass sich diese Reden so verteufelt ähneln?
    Können die Schüler nicht zu diesem Behufe die Rede Blairs (in selbst gewählten Teilen) umschreiben, so dass sie die Elemente, die unfreiwillig komisch wirken (im Rückgriff auf das in der vorherigen Stunde Gelernte über die erste Rede) rausnehmen und sie (für sich) ernsthafter machen? Man darf natürlich (man weiß ja nie, welche politische Couleur dich da prüft) Tony Blair als einen kompletten Depp dastehen lassen, dessen Reden von jedem deutschen LKschüler besser geschrieben werden können, aber mit Formulierungen wie "What could you change about his rhetorical devices that would make this speech clearer / more efficient for YOU"? bist du da aus dem Schneider. Damit (und mit einer kurzen Sammelphase dazu zum Schluss) gibts du nochmal einen Rückblick , vertiefst Gelerntes, und bietest denen, denen sowas schwerfällt, Anregungen aus dem Kurs, was ja auch immer sein soll.


    Eine Idee für Sprachpraxis.
    Weitere Idee wäre, die Gegenrede (auch satirisch oder "unfreiwillig komisch" eines Mitglieds der Gegenpartei schreiben zu lassen.


    Oder einen bissigen Zeitungsartikel, der diese Rede auseinandernimmt, das übt gleich nochmal das zusammenfassende Urteil über den Stundeninhalt UND die rhetorische Ebene.
    Du könntest sie auch verschiedene Artikel darüber schreiben lassen: einen letter to the editor vom Autor des Stücks, wie heißt der übriegs? klingt nämlich gut! - einen typischen SUN-Artikel und einen in der Financial Times in lachsrosa. Falls die sich damit auskennen.


    Das nur mal so ganz aus dem "Bauch", bei weiteren und genaueren Nachfragen gerne mehr.


    Ganz lieben Gruß, viel Schokolade und einen kleinen afrikanischen Anti-Nervositäts-Schamanentanz für dich (wann ist es denn soweit??)


    Heike

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • Heikeengel,


    *erleichterter Seufzer*, das hat schon mal gut getan. 8. November ist der große Tag, und ich suffere doch mächtig in advance, weil das alles so schwierig ist... inzwischen hab ich auch 'ne etwas schönere Idee: "Der PM ist an der Regierung geblieben und hält vier Jahre später erneut eine Rede auf der Parteikonferenz", ich gebe ihnen einen Ausschnitt aus Blair's Rede als "entrhetorisierte" Notiz des PMs aus dem Stück an seinen Spin doctor (etwa im Sinne von "here are some ideas on how I would like to start the speech"). Da wir in der Stunde vorher mächtig an rhetorischen Mitteln rumgekaut haben, müssten sie die noch alle parat haben, gleichzeitig hab ich den HörSehvertehens-Text entlastet), und sie können in Dreiergruppen die Notizen in eine Rede umsetzen und ein-zweimal vorführen. Dann decke ich das Ganze auf, wir schauen uns das Stück aus der Rede an und vergleichen, dann inhaltlicher Rückbezug auf's Stück. Was hälst du ( und natürlich ihr anderen alle auch!) davon?


    w.

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  • Ich tu so, als wär das Ganze eine dieser wuunderbaren Leerstellen/ Antizipationsübungen, die meine Schüler so lieben (sie mögen sie tatsächlich), im Sinne von "four years on".


    Über diesen Ausschnitt denke ich nach:



    Die Aufgabe sähe in etwa so aus:



    Ist jetzt ein bsischen aus dem Ärmel geschüttelt, muss ich noch kürzen. Es geht ja gar nicht drum, dass sie ihre Rede so formulieren wie Blair, sondern dass sie sich überlegen, wie man so etwas machen könnte, und dann mit größerer Aufmerksamkeit verfolgen, wie Blair es denn nun gemacht hat. Klarer?
    w.

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    Einmal editiert, zuletzt von wolkenstein ()

  • "Feelgood" ist von Alistair Beaton, sehr lesbar, sie lernen einige ferkelige Wörter (weil Farce) und verstehen zumindest einen Teil des Humors. Weil's noch keine "Student Edition" gibt, haben wir selbst eine gebastelt (jeder suchte für 6 Seiten neue Wörter raus, sie haben richtig nett Vokabeln gelernt und die, die's nicht gemacht haben, hatten Stress mit ihren Klassenkameraden, die dann noch mehr selbst raussuchen mussten *evil grin*), bin ja mal auf die Klausurergebnisse gespannt, aber für einen politisch halbwegs interessierten Kurs ist das Ding sehr brauchbar.


    Ich grübel auch am Kürzen rum, zumal wir nicht alle der "Issues" besprochen haben - aber Nordirlandkonflikt sollte ihnen wirklich was sagen, oder? Im Grunde könnte man so argumentieren, dass zwei bis drei Punkte, die Blair so aufführt, reichen würden, denn es geht ja um die Rhetorik, diese wundervollen klimaktischen Dreischritte, die Wiederholungen usw... wenn Blair also noch ein bisschen mehr sagt, als sie in ihrer Vorgabe haben, ist das eigentlich wurscht. Was recht hübsch ist, einer der Leitsätze der satirischen Rede ist "the challenge of change". Sag noch einer, Literatur könnte die Wirklichkeit nicht antizipieren. Ich grübel noch...


    w.

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  • So, dann kommt ja langsam Ordnung in dieses Chaos - wieso macht man es eigentlich nicht zur Pflicht, alle Stunden mit schlauen Kollegen durchzusprechen? So langsam stell ich mir die Reihe so vor:


    1. In der Doppelstunde vor der Prüfung wird zum einen die Rede aus dem Stück analysiert, dabei machen wir uns Gedanken um rhetorische Mittel usw, rahmen das Ganze aber mit einer Parallelisierung zu den Labour-Problemen von "damals" ein, wodurch wir eine bessere Vorstellung von der Lage der britischen Politik späte 90ger bekommen. Als HA bekommen sie einen hübschen Artikel aus dem Guardian, in dem Tonys Redestil anhand eines kurzen Ausschnitts aus seiner Abschiedsrede für Diana analysiert wird; der Artikel hebt ganz wunderbar hervor, dass Tonys besonderer Stil darin besteht, gehobene "Amtssprache" und Alltagssprache miteinander zu verbinden und irgendwie jeden persönlich anzusprechen.


    2. In der Prüfungsstunde und den beiden folgenden Stunden werden wir uns anhand von Tonys Rede mit dem aktuellen Stand der Britischen Politik und der Labour-Party beschäftigen. In einem kurzen Einführungsvortrag werde ich die Rede vorstellen und nochmal die Situation auf der Party Conference klären. Dann bekommen sie den - deutlich gekürzten - Aufgabenzettel, allerdings ohne fiktiven Rahmen, einfach nur im Sinne von: dies ist die Situation, Tony muss die Aufmerksamkeit seiner Parteikollegen erwecken und sie interessieren, das möchte er ungefähr als Einstieg sagen, spice it up. Ablauf dann im Groben wie besprochen, werde im letzten Teil allerdings nur die ersten drei-vier Minuten der Rede zeigen und besprechen. Im Entwurf erkläre ich das Ganze folgendermaßen: Als HA bekommen sie (arbeitsteilig aufgeteilt) den Rest der Rede, um sie nach Themen zu durchforsten, die sie aus dem Stück kennen bzw. die neu dazu gekommen sind, sowie für sie markante Passagen herauszugreifen, die durch den Einsatz besonderer Stilmittel gekennzeichnet sind. Um diese Rede überhaupt sinnvoll lesen zu können, müssen sie allerdings erst einmal einen Eindruck von der Art des Vortrages haben, deshalb wurde die Stunde, die eher das Augenmerk auf die Form legt, ausnahmsweise den Stunden, die sich mit dem recht komplexen Inhalt auseinander setzen, vorangestellt. Den werden wir uns in der Doppelstunde darauf vornehmen, und damit hätten wir dann den Anschluss zur Tagespolitik und zu den nächsten Wahlen. Sollte doch eigentlich überzeugen, oder? Was meinst du/meint ihr?


    Das Dickicht wird lichter!
    Liebe Grüße,
    w.

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  • Liebe Heike,


    es wird alles immer klarer - die Reihe wird also "Aspects of modern British politics in Alistair Beaton's "Feelgood" heißen, damit die Prüfer nicht meckern. Amy kam heut mit der sehr weisen Idee an, dass eigentliche Redenschreiben nicht in der Stunde zu machen, sondern als HA zur Stunde aufzugeben - ich vertraue meinen LKlern da genug, um zu glauben, dass sie mich nicht hängen lassen. In der Stunde vorher machen wir Rhetorik, die Rede aus dem Stück plus sie kriegen einen knallharten Lehrervortrag zu "anderen Problemen Großbritanniens" die zwar in dem Stück erwähnt werden, aber wir haben sie eben nicht genau bearbeitet - sie werden sie für die Blair-Rede brauchen, un EIMA darf ich auch frontal Lehrervortrag machen. Ich würde also in der UPP kurz einen einführenden Rahmen "Party-Conference" geben, dann tragen zwei SuS ihre Reden vor, wir reflektieren Inhalt, Gestaltung und Vortrag, dann schauen wir uns ein Stück Blair-Rede auf Video an (ließ sich so kürzen, dass die ganzen Aspekte, die wir nicht besprochen haben, draußen sind, hurra, jetzt sind's noch 4 1/2 Minuten), Vergleich und Reflektion, als HA dann, arbeitsteilig den Rest der Rede durchzulesen und nach Aspekten zu fahnden, die wir aus dem Stück kennen. Hab das Ganze grad noch an eine andere schlaue Kollegin geschickt, mal gucken, wie die guckt, aber ich find's gar nicht so schlecht.


    Deutsch wird nett, Lyrik in der 6., Entflechtung eines Gedichtes und eines Sachtextes, nach einigen Anfangswehen steht der Entwurf und ich bin ganz zufrieden. Was die Überreste des menschlichen Wesens angeht, dass ich irgendwann mal gewesen sein muss... Lachen geht noch, ist aber des öfteren das Lachen der Verzweiflung. Wird aber glaub ich anders, sobald beide Entwürfe wirklich stehen. Und was auch passiert - in 14 Tagen um diese Zeit ist alles rum, hurra!


    Dankbare Grüße,
    w.

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