Internetplagiate entdecken

  • In der ersten Ausgabe des International Journal for Information Ethics findet sich eine empirische Untersuchung von Shifra Baruchson und Eti Yaari. Die beiden Forscher haben die Haltungen von Studenten zu Plagiaten im Print- und im O­nlinebereich untersucht. Dabei zeigt sich, dass Internetplagiate als weitaus weniger "schlimm" gelten, weil den O­nlinequellen eine geringere Respektabilität zugebilligt wird. Den vollständigen Text des Artikels kann man hier als PDF-Datei herunterladen. Angesichts dieser Ergebnisse und vor dem Hintergrund, dass Printquellen zunehmend von O­nline-Quellen verdrängt werden, ist wohl zu fragen, wie den Studenten/Schülern eine andere "Ethik" des Textgebrauchs zu vermitteln wäre.


    Aber erst einmal muß man die Plagiate ja finden und nachweisen.


    Die Berliner Medieninformatikerin Prof. Deborah Weber-Wulff hat sich auf die Internetrecherche von Plagiaten spezialisiert. Ihr Wissen gibt sie jetzt an interessierte Lehrer und Dozenten in einer interaktiven Lehreinheit weiter: Fremde Federn Finden Sekundarstufenlehrer, die in der Internetrecherche noch nicht so firm sind, haben hier die Gelegenheit, sich Suchstrategien anzueignen.


    Angesichts der o.g. empirischen Befunde ein wohl notwendiges Übel.


    Quelle: IDW Online

    Einmal editiert, zuletzt von philosophus ()

  • An unserer Schule hatten wir schon zwei Fälle (jeweils Oberstufe), in denen ein Schüler im Deutschaufsatz wörtlich Passagen aus WWW-Seiten verwendet hat. Das war einmal eine literarische Erörterung, einmal eine Interpretation zur Lektüre; in beiden Fällen war also das Thema im weitesten Sinn vorhersehbar.
    Die Passagen waren lang genug, die Formulierungen wörtlich übernommen, der tatsächliche Autor nicht angegeben, so dass tatsächlich ein Plagiat vorliegt.
    Entweder die Schüler hatten unbemerkt einen ausführlichen Spickzettel, oder sie hatten die Sätze auswendig gelernt - zumindest in einem Fall ist da sogar ziemlich sicher so gewesen, vielleicht in beiden. Es handelte sich nicht um Hausaufsätze.


    Beide Fälle galten nicht als Unterschleif. Die Noten waren in beiden Fällen glücklicherweise mäßig bis schlecht.
    Rechtlich ist das vermutlich tatsächlich kein Unterschleif. Was tun beim nächsten Mal, wenn der Schüler tatsächlich auch noch den Autor angibt? Dann ist es nicht mal ein Plagiat, sondern nur keine eigene Leistung.


    Man muss wohl die Aufgaben anders stellen - aber das heißt, dass Aufsätze zu Lektüren schwieriger zu erstellen sein werden. Oder man muss das akzeptieren und anders damit umgehen. Das Plagiieren muss man den Schülern jedenfalls abgewöhnen.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Hatte auch schon zweimal den Fall, dass Schüler wortwörtlich aus dem Internet abgeschrieben haben. War allerdings nicht in einer Klausur, sondern in einer Hausaufgabe. Das ist in der Fremdsprache natürlich etwas leichter festzustellen, da plötzlich Wörter und Konstruktionen benutzt werden, die sonst in Schülerarbeiten nie auftauchen und da die Texte auch erstaunlich fehlerfrei sind. In solchen Fällen reicht es, bei Google einen Satz einzutippen und schon hat man die Quelle gefunden.
    Im ersten Fall haben die Schüler das auch gleich zugegeben und hatten deswegen die Möglichkeit, die HA nochmal anzufertigen.
    Seitdem weise ich immer darauf hin, dass eigenständig gearbeitet werden soll. So kann ich dann bei "Vergehen" auch ohne Bedenken die 00 Punkte vergeben - was ich im zweiten Fall auch gemacht habe (Hier kommt allerdings noch hinzu, dass der Schüler nicht zugab, abgeschrieben zu haben)

  • Zitat

    In solchen Fällen reicht es, bei Google einen Satz einzutippen und schon hat man die Quelle gefunden.


    Ich schätze auch, daß das in 80-90 % aller Fälle im Grunde ausreicht; allerdings sind mir schon Fälle untergekommen, bei denen der Plagiator sehr clever Wörter ausgetauscht und Satzkonstruktionen geändert. Da ist es dann mit einer rein automatischen Suche nicht getan. Und je 'erfahrener' ein Plagiator ist - wenn er denn durchkommt -, desto geschickter können die Verfahrensweisen sein. Und da braucht's dann wohl auch vergleichbar ausgefeilte Suchstrategien.


    Zitat

    Was tun beim nächsten Mal, wenn der Schüler tatsächlich auch noch den Autor angibt? Dann ist es nicht mal ein Plagiat, sondern nur keine eigene Leistung.


    Man muss wohl die Aufgaben anders stellen - aber das heißt, dass Aufsätze zu Lektüren schwieriger zu erstellen sein werden. Oder man muss das akzeptieren und anders damit umgehen. Das Plagiieren muss man den Schülern jedenfalls abgewöhnen.


    Tja, wie so eine neue "Ethik" des Textgebrauchs aussieht, weiß ich auch nicht. Was nun die vollständige Angabe von Sekundärquellen angeht, so müßte man - weil es sich technisch nicht um ein Plagiat handelt - wohl anders argumentieren. Im Grunde wie an der Uni: Ein fremder Gedanke kann den eigenen nur stützen, aber nicht ersetzen. Der Schüler wäre also aufgefordert, das Zitierte/Paraphrasierte selbst zu problematisieren.


    BTW: Lawrence Lessig, ein Internet-Rechtler, hat den provokanten Vorschlag gemacht, den Urheberrechtsgedanken, zu dem ja Plagiate im weitesten Sinne auch gehören, zugunsten einer Art 'Netzwerk'-Kreativität aufzugeben: Alle schreiben mit am großen "Kulturtext". (Hintergrund dieser Überlegungen ist etwa das Gebaren von Software-Konzernen, mit Patenten Monopole aufrechtzuerhalten und via geschütztem Progammiercode das Internet zu beherrschen. Als Alternative bieten sich da Open-Source-Projekte.) Erläutert hat er diese Vorstellung in seinem Buch Free Culture. Die Frage ist, ob eine so als gemeinschaftliche Aufgabe verstandene 'Kulturarbeit' sich auch neu zum Thema 'Plagiat' verhalten müßte. (Ich denke eher nicht, weil Plagiate den "Kulturtext" stagnieren lassen, allerdings sieht Lessig das eher nicht so eng.)

    Einmal editiert, zuletzt von philosophus ()

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