11.Klasse Lyrik - Thema Tod

  • Man soll einfach nicht unausgeschlafen in den Unterricht gehn... jetzt hab ich mit meinen 11ern (die alle massiv "schullyrikgeschädigt" sind) ausgehandelt, dass wir die Lyrikreihe thematisch organisieren, hab bei der Themenauswahl nicht aufgepasst - jetzt haben wir streng basisdemokratisch den Themenbereich "Tod und Sterben" gewählt. Ich krieg ein bisschen Angst. Genug Lyrik ist relativ leicht zu finden, aber ich weiß nicht genau, was ich bei wem damit auslöse oder wie wir darüber sprechen können, ohne in allgemeinem Blabla abzusinken. Soweit ich weiß, steht bei niemandem im Moment die große Katastrophe an, aber kann auch sein, dass ich's einfach nur nicht weiß. Wie geht man damit um? Zugeben, dass ich Schiss vor dem Thema hab, und doch Liebeslyrik machen? Durchziehen und gucken, was kommt? Das Ganze mit einer Reihe "Lebensfreude" ausgleichen? HILFE!


    Etwas verzweifelt,
    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • Zitat

    ...jetzt haben wir streng basisdemokratisch den Themenbereich "Tod und Sterben" gewählt. Ich krieg ein bisschen Angst. Genug Lyrik ist relativ leicht zu finden, aber ich weiß nicht genau, was ich bei wem damit auslöse oder wie wir darüber sprechen können, ohne in allgemeinem Blabla abzusinken.


    Hallo wolkenstein!


    Ich glaube, du machst dir zuviel Sorgen. Was du befürchtest - wenn ich das richtig sehe -, ist halt, daß "Tod und Sterben" den Schülern entweder zu nahe geht oder das das Ganze als zu abstrakte Thematik über ihre Köpfe hinwegschwebt ("allgemeines Blabla").


    "Tod und Sterben" ist so ein allgemeines Thema, daß man es bestimmt doch auch behandeln kann, ohne einerseits in persönlichen Erfahrungen zu schwelgen (was eh eher problematisch ist) oder andererseits bloß Fundamentalmetaphysik zu betreiben:


    - Wie geht die Gesellschaft mit dem Tod um? (Sehr schönes Gedicht, leider englisch, Anne Sexton: "Old" - alternativ: Gottfried Benn: "Mann und Frau gehen durch die Krebsbaracke")


    - Tod und Sterben in anderen Kulturen (zum Thema Lebensfreude: Wiedergeburt ;) - fällt mir jetzt kein Text ein, ist aber sicher was zu finden)


    - Nahtoderlebnisse


    - ganz philosophisch 8) : Menschliche Existenz als Sein-zum-Tode (Martin Heidegger) - was heißt das? (Von Heidegger gibt's auch ein paar Gedichte)


    So, ganz kurz, my two cents ;) Jetzt: Profis an die Front (Heeeeikeeee et al.!).


    Gruß, ph.

    Einmal editiert, zuletzt von philosophus ()

  • Ach Heike,


    du bist mal wieder ein Schatz - das hilft mir in der Tat schon um vieles weiter. Ich halt dich auf dem Laufenden!


    Getröstet,
    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • Hej,


    *aus alter Verbundenheit, nicht der Illusion anhängend, den vorigen Beitrag noch toppen zu können*


    ich habe ziemlich gute Erfahrungen - gerade in 11 - gemacht mit einer Reihe von Texten österreichischer/süddeutscher Lyriker/Liedermacher, die das Motiv Tod/Sterben/Trauer/auch Selbstmord verbinden mit Motiven des Feierns/der Lebenslust/des Genusses. Sehr provokativ, z.T. auch verstörend, aber immer motivierend. Sie bewegen sich auf der schmalen Grenze zwischen Lachen und Weinen, überschreiten sie manchmal auch, springen wieder zurück - also ganz typisch für Wien und seine Autoren.


    Morbide? Ja, auch, morbide und ganz schön dekadent. Fast ein wenig vom "Tod in Venedig" - die Erdbeeren, der Duft ... Aber - wie gesagt - ganz typisch für eine bestimmte Richtung von Wiener Texten, und das nicht nur in der Gegenwart.


    Hier einige Beispiele:


    Zitat


    Wolfgang Ambros - Heite drah i mi ham
    Ludwig Hirsch - Komm großer schwarzer Vogel
    Wolfgang Ambros - Es lebe der Zentralfriedhof
    Georg Danzer - Lass mi amoi no dsunn aufgehn sehn


    Würde mich freuen, wenn du es dir mal anschaust, durch die Verbindung mit Musik kann man auch im Analysebereich 'ne ganze Menge machen! ;)


    Ciao,
    Kaspar

    • Offizieller Beitrag

    Also, äh, ich hoffe, das ist jetzt nicht taktlos, aber wir hatten im LK ne Lehrerin, die so sehr hmm, wie soll ich sagen, anrührende Gedichte mochte: Günderode, Rilke, naja, ok, Eichendorf, Lasker-Schüler.


    Also haben noch einer ausm Kurs und ich am Ende des 3. Halbjahres nen Gedicht in Reimform a la Günderode geschrieben aber naja... weiß nicht, ob man das als "Parodie" bezeichnen kann. Es war eine Geschichte über das Ableben der Dichterin. Naja, es klang eher wie Heinz Erhardt.


    Hach, aber ich kann noch was zum "Kreislauf des Lebens" beisteuern:


    Eichendorff: Das Ständchen. (Toll auch in der Vertonung von Hugo Wolf, hab ich in der Examensklausur gehabt!)
    Boah, mal schaun ob ichs noch zusammenkriege...


    Auf die Dächer zwischen blassen
    Wolken schaut der Mond herfür,
    Ein Student dort auf den Gassen
    Singt vor seiner Liebsten Tür.


    Und die Brunnen rauschen wieder
    Durch die stille Einsamkeit,
    Und der Wald vom Berge nieder,
    Wie in alter, schöner Zeit.


    So in meinen jungen Tagen
    Hab ich manche Sommernacht
    Auch die Laute hier geschlagen
    Und manch lust'ges Lied erdacht.


    Aber von der stillen Schwelle
    Trugen sie mein Lieb zur Ruh,
    Und du, fröhlicher Geselle,
    Singe, sing nur immer zu!



    Conni,
    total durch den Wind, von der Examsarbeit betäubt und mit Grippostad gedopt :D

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

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