Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich habe in den letzten Wochen einige Zeit hier im Forum verbracht und viele interessante Fragen und Antworten lesen können. Da bei mir einiges zusammengekommen ist, möchte ich euch um Rat fragen:
Seit etwas mehr als sieben Jahren bin ich Gymnasiallehrerin (Deutsch + Nebenfach), und ich liebe meine Arbeit eigentlich sehr. Ich habe für mich den richtigen Beruf gefunden. Leider geht es mir seit ca. zwei Jahren immer schlechter. Dies hat unterschiedliche Ursachen.
Meine zwei Hauptprobleme sind die Arbeitsbelastung sowie meine fehlende Verbeamtung. Vor einem Jahr bin ich entfristet worden, eine Verbeamtung habe ich nicht beantragt (BMI liegt bei 47, früher bei 52). Jede Kleinigkeit, die ich für meine Schule mache – freiwillige Tätigkeiten wie AG Schulentwicklung, Schule ohne Rassismus, Chor und auch die Pflichtaufgaben wie Unterrichtsvorbereitung, Korrekturen – kostet mich mittlerweile sehr viel Kraft. Ich bekomme den Gedanken nicht aus dem Kopf, dass ich meine Tätigkeiten zu einem deutlich geringeren Gehalt durchführe als meine verbeamteten Kolleginnen und Kollegen. Hinzu kommen meine negativen Gedanken über Kolleginnen und Kollegen, die mit zwei Nebenfächern in der Sek I eingesetzt sind und sich – nach eigener Aussage – nach vier Jahren das erste Mal einen Rotstift gekauft haben.
Nach der Trennung von meinem Mann, die mit einem deutlichen Wohlstandsverlust einherging, empfinde ich alles nur noch als unfair. Ganz schlimm wird es, wenn meine wirklich wunderbaren Kolleginnen und Kollegen von ihren Häusern, den tollen Wohnungen, neuen E-Autos, den drei bis vier Urlauben pro Jahr berichten. Ich habe nichts gegen diese Menschen, ich schätze sie sehr, bin mit einigen privat befreundet. Ich mag an mir mittlerweile selbst nicht, wie sich mein eigener Charakter verändert hat.
Meine Pflichtaufgaben bearbeite ich stets engagiert. Selbst als ich an Corona erkrankt war, habe ich in den Osterferien (Herbstferien, nicht Osterferien) die Deutsch-GK der Q1, der Q2 sowie meine Siebtklässler korrigiert. In den Ferien habe ich jeden Tag geweint, weil ich so erschöpft war. Ich habe immer alles durchgezogen. In den letzten Jahren hatte ich mehrere Mandelentzündungen (AU i. d. R. 5–7 Arbeitstage) und mehrere Migräneattacken.
Mittlerweile liege ich im Bett und bekomme keine Luft, wenn ich an meine Korrekturen denke, und fange regelmäßig an zu weinen. Ich schlafe schlecht, ich schleppe mich zur Arbeit. Teilweise werde ich von Kolleginnen und Kollegen gefragt, warum ich so traurig aussehe. Ich begründe dies damit, dass mich die Trennung noch sehr belastet – was auch stimmt. Sie ist aber nicht der Grund dafür, weshalb es mir momentan so schlecht geht und mich alles überfordert. An anderen Tagen bin ich sehr glücklich und dankbar für mein privilegiertes Leben.
Am Montag hatte ich den letzten Nervenzusammenbruch. Ich bin in diesem Jahr für die ZP 10 eingesetzt (insgesamt 49 Korrekturen). Dazu kommen noch 31 Arbeiten aus der 9. Klasse und noch einmal 24 Arbeiten derselben Jahrgangsstufe.
Da ich eine Q2 (Nebenfach, weder mündliche noch schriftliche Prüflinge) in dieser Woche abgegeben habe, wurde ich für das mündliche Abitur eingesetzt. Kein Problem. Ich habe erst sechs Stunden Unterricht, eine Stunde Mittagspause und prüfe dann bis abends durch – kein Problem. Jetzt soll ich aber auch noch an einem weiteren Tag acht Prüfungen abnehmen. Diese Zeit hätte ich eigentlich für die Korrekturen benötigt. Von der SL habe ich keine Unterstützung bekommen. Es wurde nur mit der Dienstpflicht argumentiert.
Und jetzt weiß ich nicht mehr, was ich machen soll. Ich habe heute seit 14 Uhr Osterferien. Eigentlich wollte ich meine 24 Deutsch-Klassenarbeiten der 9. Klasse korrigieren. Ich sitze aber vor der Korrektur, und es geht nichts. Alles, was ich lese, ist verschwommen. Also habe ich erst einmal einen Nachmittagsschlaf gemacht – und ich bin mit Panik aufgewacht.
Eine befreundete Kollegin empfahl mir bereits vor Wochen, eine Überlastungsanzeige zu schreiben. Diese habe ich vorgestern begonnen. Ich schreibe alles auf und denke mir gleichzeitig: „Ach, ist doch gar nicht so schlimm. Andere haben noch mehr Korrekturen.“
Kolleginnen und Kollegen sagen mir regelmäßig, dass ich auf mich aufpassen muss. In diesem Schuljahr habe ich auch noch eine Klassenleitung mit sehr verhaltensauffälligen Schülern (mehrere Suspendierungen, alle drei bis vier Wochen Elterngespräche, in fast jeder Pause werde ich von anderen Kolleginnen und Kollegen auf das teils heftige Fehlverhalten der Schüler hingewiesen...). Die Klasse „liebt“ mich aber (Aussage der SuS, ich habe ein Lehrerzeugnis nur mit Einsen und Zweien bekommen), und ich bin dankbar für diese Klasse. Von den Eltern bekomme ich auch nur positives Feedback.
Es könnte alles so schön sein – wenn ich mit meinen Problemen nicht wäre.
Um mal auf den Punkt zu kommen:
Welche Konsequenzen hat es, falls ich eine Überlastungsanzeige stellen würde? Würde das überhaupt etwas bei der von mir geschilderten Situation bringen? Ich kenne aus meinem Kollegium keine Person, die ich diesbezüglich befragen kann.
Hat irgendwer Erfahrungen mit Verbeamtungen bei massivem Übergewicht? Da das Thema Gewicht bei mir jeden Tag präsent ist, muss ich mich mit ernsthaften Konsequenzen auseinandersetzen. Mir wurde mehrfach ein Magenband empfohlen. Ich habe stets abgelehnt – mit dem Gedanken, dass ich so niemals die Möglichkeit habe, verbeamtet zu werden (Aussage der Philologen, anekdotische Evidenz). Ich habe bereits nach der Scheidung 40 kg abgenommen, aber das Gewicht konnte ich nicht halten.
Im Forum habe ich mehrfach gelesen, dass es eine Grenze bei einem BMI von 40 gebe, obwohl sich die Rechtsprechung geändert hat. Da ich noch andere Erkrankungen (u. a. Migräne, Schilddrüsenunterfunktion, Lipödeme) habe, werde ich auf normalem Wege die Verbeamtung sicherlich nicht erhalten. Mir wurde gesagt, dass ich einen Antrag auf Schwerbehinderung stellen könnte. So fühle ich mich aber nicht.
Ich freue mich über Erfahrungswerte.
Mit kollegialen Grüßen
KreideSpuren