Anzeige gengen Schüler wegen Körperverletzung, wie weiter?

  • Hallo, das Thema ist sehr kompliziert. Ich betreue einen Systemsprenger, Klasse 5. Die Eltern ziehen nicht mit , das Jugendamt ist machtlos. Jetzt gibt es neu einen Erziehungsbeistand und eine Schulbegleitung. Die SBG ist allerdings ganz jung und ich denke, sie kann nur ganz eng mit meiner Begleitung arbeiten. Es gab bereits mehrere Anzeigen wegen Körperverletzung von Schülern und auch einen Klassenwechsel. Ich betreue ihn neu. Leider ist gerade die Sitaution wieder eskaliert, aus der Wut heraus hat eine Schülerin grundlos verletzt und als ich ihn mit einer Kollegin davon abhalten wollte, hat er mir einen gesprungenen Kick auf den Oberschenkel gegeben. Das hat richtig we getan und nur zu keiner größeren Verletzung geführt, weil ich recht durchtrainiert bin. Er hat dann noch meine Kollegin angegrriffen und die Polizei hat eine Anzeige gemacht. Jetzt sind Ferien.

    Meine Frage nun ist, wie geht es weiter: eigentlich müsste doch die Schulleitung Maßnhamen einleiten oder? (z.B. Versetztung). Sie hält an dem Jungen fest, sie mag ihn und versucht, dass Verhalten zu mildern, aber ich sehe keine Mlöglicht für die Zukunft. Auch mit Hilfe des Jugendamts und den ganzen Maßnahmen wird es keine Besserung geben. Ich habe nicht Angst um mich, sondern nur darum, dass er nicht noch weitere Kinder verletzt. Wie geht es weiter, was kann ich tun? Ich fühlte mich machtlos.

  • Ich verstehe, dass du nicht weiterweißt, was ich nicht ganz verstehe ist, was du dir davon erhoffst, dass der Junge einfach die Schule wechseln muss. Das ändert schließlich nichts an seinem Verhalten oder auch seinen Problemen. Welche Angebote gibt es bei euch in HH spezifisch für solche Systemsprenger- Kinder? Gibt es irgendeine Art Anti- Aggressionstherapie für den Jungen?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Es gibt wenig Angebote. Eine Möglichkeit wäre die Beschulung in einer Kleingruppe, aber die wollen ihn aufgrund seiner Problematik nicht. Ein geeignetes Antiaggressionstraining gibt es in diesem Bezirk nicht. Das soziale Kompetenztraining haben die Eltern abgebrochen, weil ihm da langweilig war.

    Was ich mir erhoffe? Einmal ein deutliches Zeichen für die anderen Kinder und Eltern, nämlich, dass es Konsequenzen haben muss, wenn Kinder und Lehrer verletzt werden. Momentan sieht es für die anderen so aus, dass er andere verletzt und nichts passiert. Es gibt schon Eltern, die deswegen einen Schulwechsel für ihr Kind wollen.

    Dann auch Druck gegenüber den Eltern des Kindes aufbauen, denn die ziehen bei nichts mit, kümmern sich um nichts. Verkürzter Beschulung stimmen sie nicht zu, um psychologische Betreuung kümmern sie sich nicht, das SKT brechen sie ab, stattdessen darf er Kampfsport machen. Sie meckern, wenn wir ihn nicht auf Ausflüge mitnehmen und sehen die Problematik überhaupt nicht ein. Sie erwarten, das andere sich kümmern, von ihnen kommt nichts.

    Außerdem sind andere Schulen personell besser ausgestattet. Wir können die Rundumbetreuung für ihn nicht mehr länger stemmen. Ich betreue 24 Förderschüler und die meisten meiner Stunden fließen in dieses Kind. Andere benötigen meine Hilfe auch dringend, bekommen sie aber nicht.

    Ein Neustart an einer anderen Schule zusammen mit dem Hilfepaket was das Jugendamt geschnürt hat und einer besseren personellen Ausstattung wäre vielleicht eine Möglichkeit für ihn. Hier hat sich alles so festgefahren, dass er aus seiner Rolle auch gar nicht rauskommen kann.

  • stattdessen darf er Kampfsport machen.

    Das hört sich doch wie ein gutes Ventil für ihn an. Was findest du daran schlimm?

    Ein Neustart an einer anderen Schule zusammen mit dem Hilfepaket was das Jugendamt geschnürt hat und einer besseren personellen Ausstattung wäre vielleicht eine Möglichkeit für ihn. Hier hat sich alles so festgefahren, dass er aus seiner Rolle auch gar nicht rauskommen kann.

    Meinst du ein anders Gebäude ändert etwas am Verhalten? Naja ist dann nicht mehr dein Problem, gelle.

  • Nun ja, schlimm wird es, wenn er das Erlernte in der Schule "ausprobiert"...

    Das ist natürlich nur von mir anekdotisch, aber ein recht großer Bestandteil von Kampfsporttraining ist Disziplin.


    Sicherlich könnte das erlernte auch außerhalb "ausprobiert" werden.


    Ich glaube aber in Summe hat Kampfsporttraining mehr positive Effekte: besseres Körpergefühl, Ausdauer, Selbstbewustsein etc.

  • Nun ja, schlimm wird es, wenn er das Erlernte in der Schule "ausprobiert"...

    Was aber nicht per se Kampfsporttraining problematisch macht, sondern unter Umständen nur die spezifische Art, um die es bei diesem Kind geht, die aggressive Verhaltensweisen unterstützt, statt einhegt. Letzteres kann gutes Kampfsporttraining nämlich durchaus auch leisten, wenn es vernünftig gemacht wird einerseits und vernünftig ausgewählt wurde andererseits, sprich ein Dojo ausgewählt wird, das tatsächlich gute Kinder- und Jugendarbeit macht, die auf verantwortungsbewussten Sport abzielt. Wer in so einem Dojo dann meint, man dürfe einfach Kicks verteilen zum Spaß, der bekommt erst sehr klare Ansagen und fliegt im Wiederholungsfall raus, weil kein vernünftiges Dojo will, dass Unbeteiligte mittels des Sports aggressiv angegriffen und verletzt werden. (Habe als Jugendliche mit dem Kampfsport begonnen und das wiederholt bei anderen Jugendlichen beobachtet, wie deren aggressives Verhalten massiv eingehegt wurde durch das Training, weil es schlicht eine Null- Toleranz- Politik gab, wenn die meinten in ihren Schulen oder im Training Leuten Karatetritte oder - Schläge „zum Spaß“ verteilen zu müssen. Freies Kampftraining gab es erst, wenn die Disziplin grundsätzlich gestimmt hat, sonst wurde man davon ausgeschlossen und musste Katas machen, Liegestützen, etc.)

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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    Ich will das gar nicht per se in Abrede stellen, hege aber angesichts der Schilderungen zu dem Jungen gewisse Zweifel, ob Kampfsport hier "therapeutische" Wirkungen haben kann.
    (Wie es nicht geht, sieht man ja auch in Cobra Kai... aber das ist jetzt auch nicht ganz so ernst gemeint...)

  • Leider ist es so, dass er Kampftechniken massiv in der Schule anwendet und er ist schon ziemlich stark, das habe ich selbst zu spüren bekommen. Ich habe früher Tae Kwon do gemacht und kann einen gezielten Kick von einem wahllosem Umsichtreten unterscheiden. Das Einbinden des Trainers wird der nächste Schritt nach den Ferien sein. Es ist auch nicht die erste Anzeige gegen ihn. Tritte gegen Brust und Kopf sind leider schon häufiger vorgekommen. Ich bin nur nicht sicher, wo er seine Techniken herhat. Seiner Sportart entstammen die nicht.

    Und nein, ich denke nicht, dass ein neues Gebäude reicht, das habe ich oben ja auch ausgedehnt beschrieben. Und nein, es geht mir auch nicht nur darum, ein Problem loszuwerden, sondern darum, dem Jungen, aber auch den Kindern der Klasse zu helfen, die massiv unter dem Kind leidet.

    Vielleicht noch einmal zum Verständnis: ich betreue 24 Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf 6 Klassen verteilt. Diesem Jungen stehen eigentlich nur eine Stunde pro Woche zu. Momentan gehen fast alle meine Stunden da rein und die anderen 23 Schüler bekommen keine Förderung, die sie aber auch dringend brauchen.

  • Was sagt denn deine Schulleitung dazu? Welche Möglichkeiten oder eben auch Grenzen sieht diese? Gibt es einen runden Tisch mit Jugendamt, Schulbegleitung, Eltern, SL, KL, wo gemeinsam versucht wird Lösungen zu erarbeiten und dann vor allem auch umzusetzen? Was empfiehlt die schulpsychologische Beratungsstelle (oder wie auch immer das Pendant in HH heißt)?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Es gab schon einige runde Tische und Schulbegleitung, Erziehungsbeistand sind die derzeitigen Maßnahmen, die jetzt nach den Ferien greifen sollen. Andere konnten aus verschiedenen Gründen nicht umgesetzt werden. Es beschäftigen sich wirklich schon recht viele Menschen mit diesem Kind, einige schon seit längerem, aber ohne Mithilfe der Eltern ist das eben schwierig. Ich bin schon lange Sonderpädagogin und habe auch schon viele schwierige Kinder erlebt, aber dieser Junge ist der erste, der mich körperlich angegangen ist. Und das jetzt schon zum zweiten Mal, das erste Mal gabe es einen Stoß in die Rippen, als ich ihn davon abhalten wollte, ein anderes Kind zu würgen. Diesmal bin ich ja auch nur dazwischen, um andere zu schützen. Ich würde das auch wieder tun.

  • Ich lese heraus, dass du dich von deiner SL allein gelassen fühlst. Ich würde schriftlich remonstrieren, dass ihr unter diesen Umständen nicht für die Sicherheit der anderen Schüler*innen garantieren könnt. Das Kind scheint inklusive beschult zu werden, da findest du doch mit Sicherheit andere Kolleg*innen, die ebenso überlastet sind.


    Was sagt euer Schulgesetz zu Klassenkonferenzen? Könnt ihr die ohne SL einberufen? Dann tut das und geht ALLE Eskalationsstufen der Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen durch. Jeder Mini-Vorfall sollte schriftlich dokumentiert werden. Das ist etwas nervig, hilft aber im späteren Verlauf, wenn ein Verweis von der Schule durchgesetzt werden soll.


    Ich lese: das Kind wird inklusiv beschult. In NRW kann bei Fremd- oder Selbstgefährdung (und nur dann!) auch gegen den Willen der Eltern eine Beschuhlung an der Förderschule durchgesetzt werden. Ist das bei euch eine Option?


    Ich lese: die SL mag das Kind und will es behalten. Ich würde mir bei jedem Vorfall die SL zur Unterstützung rufen lassen. Sie sollte maximal mit eingebunden werden. Entweder ist sie in ein paar Wochen absolut genervt oder schafft es durch einen positiven Bezug zum Schüler, ihn einzunorden.


    Euch allen viel Kraft, das ist ein langwieriger Weg.

    Schöne Grüße,
    dzeneriffa



    Am Ende wird alles gut! Wenn´s noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende =)

  • Ich bin schon lange Sonderpädagogin und habe auch schon viele schwierige Kinder erlebt, aber dieser Junge ist der erste, der mich körperlich angegangen ist. Und das jetzt schon zum zweiten Mal, das erste Mal gabe es einen Stoß in die Rippen, als ich ihn davon abhalten wollte, ein anderes Kind zu würgen. Diesmal bin ich ja auch nur dazwischen, um andere zu schützen. Ich würde das auch wieder tun.

    Wir können in NRW im Zweifel auch einen Krankenwagen rufen, der das Kind in solch einer akut hochaggressiven Phase in die nächste Psychiatrie bringt. Wäre das noch ein Hebel, die Eltern ins Boot zu bekommen, oder dem Kind angemessene Hilfe zukommen zu lassen?

    Schöne Grüße,
    dzeneriffa



    Am Ende wird alles gut! Wenn´s noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende =)

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