Tödlicher Schwimmunfall ist fahrlässige Tötung- wie bewertet ihr das Urteil?

  • Unterricht in beiden Altersgruppen hat seine spezifischen Herausforderungen, aber bezüglich dem, was ich unter "Wuseligkeit" verstehe, liegen eindeutig die Kleineren vorne. Kennst du diese Altersgruppe auch aus dem schulischen Unterrichtssetting?

    Ich denke dies auch, ich führe seit vielen Jahren Workshops für Grundschüler durch. Sie sind eindeutig wuseliger als meine Fünftklässler und die eindeutig im Vergleich zur 8. Klasse. Danach würde ich nicht mehr von Wuseligkeit sprechen.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Ab meiner Schule gibt's Klassen 1-9 (und sogar Vorschulklassen), da ich in allen Klassen unterrichte, kann ich diese Aussage bestätigen.

    Bei uns auch, nur dass der Schulkindergarten nicht nur das Vorschuljahr, sondern Kinder ab drei Jahren umfasst, und die Frühförderung zum Teil noch jüngere.

  • Habt ihr die von Flupp in #175 verlinkten Texte angeschaut? Sie geben eine Fülle von Ansatzpunkten her, nötigenfalls deutlich zu machen, dass man auf keinen Fall unzureichend ausgebildet oder alleine mit 28 Nicht- und Kaumschwimmern oder in diesem schlecht abgegrenzten Becken Schwimmunterricht durchführen wird. Und ja, es wird auch sehr deutlich, dass die Gruppe hätte geteilt werden müssen.

  • ist du sicher, dass es nicht daran liegt, dass es eben nur Bagatellunfälle waren?

    Natürlich. Wie ich bereits schrieb, alle mir bekannten schweren Unfälle sind auf das Fehlverhalten der Lehrperson zurückzuführen. Ich setze einzelne Schüler*innen vor die Tür, die nicht in der Lage sind, vernünftig zu arbeiten und ich habe auch schon Praktika ganz abgebrochen weil die ganze Gruppe neben der Spur war. Man wird nicht angezeigt, weil ein Reagenzglas kaputt gegangen ist und jemand sich dran geschnitten hat. Man wird nicht angezeigt, weil sich jemand aus Schusseligkeit die Finger verbrannt hat. Man wird nicht angezeigt, weil ein Kind im Schwimmbad ausrutscht und sich die Nase aufschlägt. Wenn man übersieht, dass es mit dem Kopf unter Wasser ist, weil zu viele Kinder, von denen zu viele nicht schwimmen können, zugleich im Wasser sind, eben schon. Und wenn ich mir zuvor eingebildet habe, die Lage kontrollieren zu können, dann war das offensichtlich eine Fehleinschätzung. Und ich wiederhole mich an der Stelle: Ich mache längst nicht alles, was ich grundsätzlich darf. Ich zeige aber durchaus Experimente, bei denen ich mir sicher bin, dass ich sie beherrsche, der Kollege, der eigentlich Biologe ist, zeigt sie aber nicht. So wie ich in der Physik die Finger vom Starkstrom lasse. Wortwörtlich.

  • Quittengelee Es ist jetzt schon fast lustig, dass du Beitrag Nr. 226 likest, der auf einen Beitrag verweist, der exakt meiner Argumentation folgt und den ich selbst auch geliked habe. Das Fazit ist: Du wirst auch dann zur Rechenschaft gezogen, wenn du etwas gemacht hast, was grundsätzlich erlaubt war, deine situative Risikoeinschätzung aber falsch war. Was eigentlich völlig logisch ist.

  • Quittengelee Es ist jetzt schon fast lustig, dass du Beitrag Nr. 226 likest, der auf einen Beitrag verweist, der exakt meiner Argumentation folgt und den ich selbst auch geliked habe. Das Fazit ist: Du wirst auch dann zur Rechenschaft gezogen, wenn du etwas gemacht hast, was grundsätzlich erlaubt war, deine situative Risikoeinschätzung aber falsch war. Was eigentlich völlig logisch ist.

    Warum ist es lustig, wenn ich mich für einen Beitrag bedanke, der einen anderen Beitrag erwähnt, der wichtig ist? Du nimmst das zu persönlich, es gibt keinen Likewettbewerb.


    Zur Risikoeinschätzung: ja, sehen wir alle gleich. Ob diese Einschätzung der Kollegin falsch war, WISSEN WIR ALLE NICHT.

  • Wenn du Schwimmunterricht erteilen sollst, wirst du dafür qualifiziert und dann ist es eine Aufgabe, für die du bezahlt wirst.


    Was hier geschrieben wird, macht mich immer sprachloser.

    Die Qualifikation ist eine Sache, die anderen Rahmenbedingungen hingegen sind eine ganz andere Sache. Hier wird in der Diskussion wird z.B. davon berichtet, dass in Schwimmkursen der DLRG nur 6-8 Kinder unterrichtet werden. Überträgt man das jetzt auf 30er Klassenstärken, sind entsprechend 4-5 Lehrkräfte für den Schwimmunterricht einzuplanen, um einen gleichwertigen Betreuungsschlüssel zu gewährleisten.

    Das hat alles mit der Qualifikation überhaupt nichts zu tun. Da lässt uns unser Brötchengeber nicht bloß ins offene Messer laufen, nein, er treibt uns förmlich hinein, indem er so einen undurchführbaren Schwimmunterricht überhaupt anordnet. Anschließend fällt er den eigenen Mitarbeitern noch in den Rücken und stärkt sie nicht vor Gericht.

  • Die Lehrerinnen gehen ja in Berufung und wollen freigesprochen werden.

    Das wird sicherlich interessant, ob das dann noch einmal anders beurteilt wird. Grundlegend sind aber auch an weiterführenden Schulen zwei Begleitpersonen im Schwimmunterricht der Unterstufe hochproblematisch, weshalb nicht alle, aber viele Schulen wenigstens drei Lehrpersonen dafür pro Klasse einteilen oder der Schwimmunterricht kann halt nicht stattfinden, weil es sonst zu gefährlich wäre (und „gefährlich“ schlägt in dem Fall „benachteiligt“ um Längen, so bitter das dann ggf. ist). Warum also sollte es an Grundschulen mit körperlich deutlich kleineren Kindern, unter Umständen mehr Nichtschwimmern und in einem Schwimmbad, mit eindeutig auch im Nichtschwimmerbereich bereits zu tiefem, noch höhenverstellbaren Boden in Ordnung sein, nur zwei Lehrpersonen (oder vergleichbare Konstellationen) als Aufsichtspersonen mitzuschicken?

    Meines Erachtens gehört die Schulleitung der betroffenen Grundschule in dem Fall mit auf die Anklagebank, weil sie die Fahrlässigkeit und den daraus resultierenden Todesfall mitzuverantworten hat. Schließlich teilen Lehrkräfte sich nicht selbst für den Schwimmunterricht ein.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Dass die Aufsicht 3-4 Durchgänge braucht, um 12 Meter unter Wasser schwimmen zu können, naja...

    Im Rahmen meiner Tauchausbildung (Cmas **) standen apnoe 25m Streckentauchen und 7,5m Tieftauchen mit Flossen an.

    Ohne Flossen würde ich mir 12m Strecken- oder 4m Tieftauchen (so tief ist das Schwimmbecken unterm 5m Turm) apnoe nicht zutrauen, zumal wenn es beim ersten Versuch unter Stress sofort funktionieren muss.

  • Du nimmst das zu persönlich

    Ne, gar nicht, ich wundere mich nur. Was mich tatsächlich ärgert ist die pauschale Annahme, die Lehrpersonen seien sicher zu unrecht verurteilt worden. Wahrscheinlich habe ich dafür schon zu viel gesehen, was ich hier im Detail gar nicht ausführen will. Ich erwähnte es, wir hatten in der Fachschaft im letzten Schuljahr grössere Verluste.

  • plattyplus Und, wie oft hast du schon so remonstriert? Ich traue mich fast zu wetten, dass null Mal. Ich beschwere mich eigentlich ständig über irgendwas und habe unterdessen eine recht beachtliche Liste an Erfolgen zusammen.

    • Neu
    • Offizieller Beitrag

    Im Rahmen meiner Tauchausbildung (Cmas **) standen apnoe 25m Streckentauchen und 7,5m Tieftauchen mit Flossen an.

    Ohne Flossen würde ich mir 12m Strecken- oder 4m Tieftauchen (so tief ist das Schwimmbecken unterm 5m Turm) apnoe nicht zutrauen, zumal wenn es beim ersten Versuch unter Stress sofort funktionieren muss.

    Es MUSS nicht beim ersten Versuch sein, aber im Ernstfall hat man nicht ewig Zeit und Versuche. Wenn du das nicht kannst, ist okay. Dann bist du eben nicht rettungsfähig (bin ich auch nicht mehr. Streckentauchen ist kein Problem, das Zeitschwimmen schaffe ich nicht mehr).

    Aber die Voraussetzungen senken (kein Silber sondern Bronze) und noch mal senken (oder doch Schwimmabzeichen Bronze und 2-3 Kleinigkeiten) und dann die dadurch geprüften Leute ins Bad schicken, ist unverantwortlich und unfair ggü allen Lehrkräften, die genötigt werden, den Schein zu machen, um mit ihrer Klasse schwimmen zu gehen.

  • Dann bist du eben nicht rettungsfähig (bin ich auch nicht mehr. Streckentauchen ist kein Problem, das Zeitschwimmen schaffe ich nicht mehr).

    Wie gesagt, mit Flossen alles kein Problem. Da schaffe ich auch 40m Streckentauchen und an guten Tagen 50m, also eine ganze Bahn im Olympia-Becken. Aber ohne Flossen wird das nicht einmal ansatzweise etwas.


    ist unverantwortlich und unfair ggü allen Lehrkräften, die genötigt werden, den Schein zu machen, um mit ihrer Klasse schwimmen zu gehen.

    Genau das sagte ich ja, dass die KuK so förmlich in das offene Messer getrieben werden. Ich hätte in dem hier besprochenen konkreten Fall z.B. das Schulministerium auf der Anklagebank gesehen, das vorsieht, dass ein Schwimmunterricht mit einem Sportlehrer und 28 Schülern in der Form überhaupt stattfindet.


    Gleiches gilt für Klassenfahrten. Wenn ich eine 24/7 Aufsicht einfordere, muss auch der Personalschlüssel entsprechend passen. Paßt der nicht und die KuK werden trotzdem per Dienstpflicht in das Risiko getrieben, gehört im Fall der Fälle ebenfalls das Schulministerium, im Strafprozess also die Schulministerin persönlich, mit auf die Anklagebank.

  • , gehört im Fall der Fälle ebenfalls das Schulministerium, im Strafprozess also die Schulministerin persönlich, mit auf die Anklagebank.

    ... wenn du vorher remonstriert hast. Du kannst nicht jahrelang mitmachen, ohne weiterzugeben, dass das so und so nicht funktioniert und erst wenn es unangenehm wird, dich über die Gegebenheiten beschweren. Da stimme ich Antimon und andren zu. Missstände muss man frühzeitig aufdecken und ansprechen.

  • wenn du vorher remonstriert hast.

    Die Schulministerin „persönlich“ zu belangen, ist natürlich mal wieder nur Gepolter. Eine rechtswidrige Weisung ist auch ohne Remonstration rechtswidrig. Und auch das kann ein Gericht hinterher feststellen.

Werbung