Tödlicher Schwimmunfall ist fahrlässige Tötung- wie bewertet ihr das Urteil?

  • Auch, wenn ich mit folgenden viel Kopfschütteln ernten werde, muss dieser Standpunkt hier vertreten werden!


    Ich finde das Urteil zu milde. Es ist ein Kind gestorben, weil Kolleg*nnen nicht richtig gearbeitet haben!


    Wenn das Bad nicht sicher ist, ist es meine Aufgabe als Sportlehrer dafür su sorgen, dass es sicher wird! Wenn ich das nicht hinkriege, gehe ich nicht schwimmen! Wenn dann was passiert, ist es meine Schuld! Nicht die der Schulleitung oder des Schulträgers!


    Ich gehe momentan nicht ins Bad, weil ich aufgrund einer Erkrankung nicht retten kann! Also geht es in die Sporthalle oder den Klassenraum. So einfach ist das! Es wird schon nix passieren, ist keine Option. Die SL hat das ohne Wiederworte akzeptiert.

  • War man früher leichtsinnig? War man sich früher der Gefahren gar nicht so bewusst, oder man hat sich einfach darauf verlassen können, dass sich auch die Kinder verantwortungsvoll verhalten?

    Ich gehe einmal in meine Kindheit zurück. Das Freibad war um die Ecke. Meine Mutter konnte nicht schwimmen, mein Vater nur etwas mit einer "versteckten" Schwimmhilfe. Er war in den 30igern. Dennoch gingen meine Eltern, vor allem mein Vater mit uns, wenn es ihre Zeit erlaubte, ins Schwimmbad. Zuhause machten wir Trockenübungen auf einem Stuhl.

    Im Nichtschwimmerbecken, das tiefer wurde, lernten wir dann die Schwimmbewegungen, indem wir uns am Rand festhielten und uns unsere Eltern mit den Beinbewegungen halfen.

    Wenn wir alleine im Nichtschwimmerbecken spielten, versuchten wir uns immer weiter vorzuwagen an die Stellen, wo wir nicht stehen konnten. Irgendwie war das ein Wettbewerb unter uns Kindern. Allerdings konnten wir schnell tauchen. Irgendwann im Grundschulalter gingen wir alleine ins Schwimmbad, obwohl wir nur ein paar Züge schwimmen konnten. Aber: Wir hatten genau im Gefühl, wie weit wir im Becken noch sicher waren.

    Weiter ging es dann nur unter Gleichaltrigen ins tiefe Becken, Da schwammen wir ein paar Züge am Rand. So erweiterten wir unser Können. Wir fragten den Bademeister, ob er unsere Technik angucken könne, damit wir uns verbessern. Der bzw. die Bademeister war(en) so oder so Dreh- und Angelpunkt beim Schwimmenlernen. Bei ihm meldete man sich für die Schwimmabzeichen an. Auch wenn man mal anfangen wollte, vom Sprungturm zu springen oder den Kopfsprung zu üben. Wir fragten immer den Bademeister.

    Schwimmunterricht in der Schule gab es nicht. Ich konnte irgendwann eine Breite schwimmen, dann eine Länge. Und so brachten wir uns das letztendlich selbst bei. Etwas Schwimmunterricht im Freibad hatte ich irgendwann ab der Mittelstufe Gymnasium. Aber da konnte ich schon schwimmen und hatte auch schon einige Abzeichen.

    Ich weiß von keinem Kind, das im Schwimmbad ertrunken ist. Irgendwie hatten wir das Gefühl.

  • Meine Eltern haben mich und meine Geschwister früh beim DLRG angemeldet, wir konnten alle vor der Grundschule mindestens 25 Meter schwimmen (und hatten bald die nächsten Schwimmabzeichen, auch wenn man manche erst mit dem entsprechenden Geburtstag verliehen bekam). Außer einer kleinen Vereinsgebühr kostete es nichts und auch ich war jahrelang ehrenamtlich tätig. Aber ich weiß von einigen Ertrunkenen, habe es über Funk gehört und mitgefiebert, ich selbst hatte einmal Dienst in einem kritischen Moment (ging zum Glück gut aus, auch dank eines Arztes unter den Badegästen). Früher starben (bei uns) mehr Menschen (wenn man mal die letzten Jahre mit den Flüchtlingen abzieht), weil viel weniger gut schwimmen konnten. Meine Oma hat es noch mit 50 in den 1970ern gelernt, andere nicht. (Alle anderen in meiner Familie konnten gut schwimmen, es hatte immer höchste Priorität. Schon mein Großvater war Rettungsschwimmer.)


    Seit Corona und dem Schließen von Bädern lernen aber wieder weniger Kinder gut schwimmen. DLRG schlägt bereits Alarm.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Ich kann mir nicht ht vorstellen, dass wirklich nur 1Lehrkraft vorgesehen war. An meiner Schule würde das nicht durchgehen. Hier muss zwingend eine Lehrkraft von den beiden, die immer mitgehen, diese Schwimmausbildung haben und alle 2 Jahre irgendeine Prüfung machen, zumindest was erneuern, wahrscheinlich das Rettungsabzeichen. Meine Tochter und iihr Freund wohnen in der Nähe der Schwimmhalle in Konstanz und waren sehr betroffen so wie viele Konstanzer auch. Mein Mitgefühl gilt allen irgendwie Beteiligten. Dass der Schwimmunterricht in der 2. Klasse stattfindet, ist in Bawü üblich.

  • Und die anderen bleiben brav draußen? Das klappt noch nicht einmal mit Fünftklässler. Der Boden ist rutschig, was passiert, wenn einer vom Rand hinunter ins Wasser fällt? Der Beckenrand befindet sich deutlich über dem Wasser. Ich hatte Schwierigkeiten mich hochzuziehen.

    Sorry, aber natürlich geht das, an deiner und meiner Schulform allemal. Das ist doch keine Veranstaltung, bei der SuS ständig durch die Gegend und über nasse Fliesen rennen und rumtoben, es gelten klare Verhaltensregeln und wer ein einziges mal im Wasser landet ohne dass die Lehrkraft das vorher freigegeben hat bleibt beim nächsten mal in der Schule, sitzt hinten in einer anderen Kasse und macht Matheaufgaben.


    Wir kommen bei diesen Fällen immer wieder auf die gleiche schwarz-weiß Diskussion: entweder ich bin völlig abgesichert ohne das Risiko eigene Entscheidungen treffen und dafür irgendwie die Verantwortung übernehmen zu müssen oder man kann grundsätzlich kein Schulschwimmen / keine Klassenfahrten / Wandertage mehr machen.

    Wie man hier richtig handeln könnte ist lang und breit dargelegt worden und alle, die tatsächlich Schulschwimmen machen, haben bestätigt, dass es bei ihnen auch so passiert und nicht wie bei den beiden verurteilten Kolleginnen.

  • Hier an der Grundschule ist der Schwimmunterricht in Klasse 3. Vielleicht weil er immer nachmittags stattfindet.

    Das DLRG bietet aber für die Nichtschwimmer unter den Kindern in der zweiten Klasse Schwimmkurse an. 10 Termine, glaube ich.

    Die Schule fährt mit allen Zweitklässlern für eine Sichtung ins Hallenbad, danach werden die noch nicht sicher schwimmenden Kinder von der DLRG zu dem

    Kurs eingeladen. Er findet im Rahmen des Ganztagesangebots statt. Die Kinder können danach eigentlich alle eine Bahn auf sicherem Seepferdchenniveau schwimmen.


    Das Schulschwimmen im folgenden Jahr ist damit deutlich sicherer geworden. Und es ist besser möglich, die Schwimmfähigkeit aller Kinder zu verbessern.

  • Als ich 16 war, habe ich meinen 5jährigen Bruder wöchentlich mit ins Hallenbad genommen und ihm das Schwimmen beigebracht. Unsere Eltern haben das überhaupt nicht in Frage gestellt. In meiner Erinnerung habe ich ihn später auch mit ins Schwimmerbecken genommen. Zum Glück ist nichts passiert.

  • Wie man hier richtig handeln könnte ist lang und breit dargelegt worden und alle, die tatsächlich Schulschwimmen machen, haben bestätigt, dass es bei ihnen auch so passiert und nicht wie bei den beiden verurteilten Kolleginnen.

    Die beiden Kolleginnen haben mehr gemacht als vom Land vorgesehen (normalerweise nur ein Lehrer), mehr als in diesem Hallenbad seit über 70 Jahren geschehen ist. Es hat halt niemand hinterfragt, weil es immer gut gegangen ist.

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  • Sorry, aber natürlich geht das, an deiner und meiner Schulform allemal.

    Ich halte es für völlig unrealistisch, 15-20 Kinder außerhalb des Beckens ohne Aufsicht und ohne Aufgabe sitzen zu lassen, um die Aufsicht und Aufmerksamkeit allein den Schüler:innen im Becken widmen zu können.

    Das ist schon im Klassenraum ein hartes Stück Arbeit oder unmöglich.


    oder man kann grundsätzlich kein Schulschwimmen / keine Klassenfahrten / Wandertage mehr machen.

    Dann wird das der Schluss sein, wenn das Risiko zu groß ist.

    Hinterher ist es immer leicht, „hätte“ zu sagen.

    Hier vermitteln die Berichte den Eindruck, dass die Kolleg:innen schon mehr als üblich gemacht haben.

    Wenn aber „mehr als üblich“, in der Personalsituation vermutlich schon ein Kompromiss, den das gesamte Kollegium trägt, am Ende fahrlässig ist, welchen anderen Schluss soll man als Lehrkraft ziehen?

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