Totale Selbstzweifel wegen Lehramtspraktikum?

  • Hey Leute,


    ich bin männlich, 19 Jahre alt und studiere Deutsch und Geschichte auf Lehramt für Haupt-, Real- und Gesamtschule im ersten Semester. Zwischen meinem Abi und meinem angefangenen Studium habe ich ein FSJ in einer Grundschule gemacht und jobbe jetzt auch noch nebenbei in einer anderen Grundschule weiter.


    Ich habe vor zwei Wochen mein (erstes) EOP Praktikum an einer Realschule in der Nähe meiner Stadt begonnen. Am ersten Tage habe ich meinen Stundenplan gemacht und den seitdem normal befolgt.


    Jetzt ist es so, dass ich gegenüber den 5tis/6tis (wie auch gegenüber Grundschülern) eine altersbedingte Grundautorität habe und mich vor Selbigen auf jeden Fall in der Erwachsenenrolle fühle. Vor den 6tis durfte ich auch schon zwei Unterrichtsstunden halten, die gut funktioniert haben. Auch wenn ich bei den höheren Klassen bisher fast nur hinten/vorne im Unterricht gesessen habe, fühle ich mich dort bisher sehr eingeschüchtert und eher wie ein besserer Jugendlicher. Sich selber gegenüber sind die Jugendlichen sehr pöbelig und mich fragen dann manche, welche Dönerart ich am liebsten mag oder wollen mir aus Joke die Hand schütteln. Bisher hatte ich auf sowas keine schlagfertige Reaktion und auch sonst nicht das Gefühl, dass ich Autorität ausstrahle.


    Mir meinten auch einige Schüler, dass ich jünger aussehe als ich bin, was ich gerade auch so empfinde. Mein Kleiderschrank gibt jedenfalls nichts her, was mich älter aussehen lässt und ein ausreichend selbstsicheres Auftreten kriege ich bisher einfach nicht hin, auch wenn ich es versuche.


    Des Weiteren ist mir etwas total Peinliches passiert. Ich habe an meinem vierten Praktikumstag (an dem ich von 8-11 in der Schule gewesen wäre) trotz Weckern verschlafen, was mir in den letzten 2 Jahren nicht einmal passiert ist. Ich habe auch um 11 Uhr nach dem Aufwachen direkt eine Entschuldigungsmail an meine Ansprechehrerin geschrieben und wurde am nächsten Morgen von der Schulleiterin zu einem Gespräch ins Büro gebeten. Sie hat mich gefragt, warum ich hier an der Schule mein Praktikum mache. Ich habe einige Schulen in meiner Umgebung angeschrieben, und Selbige u.a weil die Arbeitskollegin meiner Mutter in dem Ort mal gearbeitet und mir die lokalen Schulen empfohlen hat. Die Schule an der ich jetzt bin hat mir von allen Schulen (sowohl dort, als auch Andere) als Erstes geantwortet und eine Stelle angeboten, woraufhin ich um 7:00 vor drei Wochen dort nochmal mit der verantwortlichen Lehrkraft ein kurzes Bewerbungsgespräch hatte und Lebenslauf, Bewerbungsschreiben etc. abgegeben habe. Danach haben wir uns auf den zeitlichen Rahmen geeinigt. Daraufhin hat die Schulleiterin entgegnet, dass sich also meine Mutter um mein Praktikum gekümmert hätte. Sie hat mich auch sehr genau über meine Motivation Lehrer zu werden ausgefragt, und auch wenn der Anschiss vollkommen berechtigt war, hatte ich den Eindruck, dass sie mir persönlich das Gefühl geben will, ich sei deswegen grundsätzlich nicht geeignet für den Lehrerberuf. Wenn sich unsere Wege mal selten im Schulgebäude kreuzen, schaut sie mich auch sehr unfreundlich mit so einem "Ah der unfähige Praktikant" Blick an, was mich zusätzlich verunsichert.


    Mit dem Kollegium komme ich aber ganz gut klar und z.B die Referendare und ein paar andere Lehrer sind auch voll nett zu mir. Trotzdem fühle ich mich mit der Situation gerade aus den beschriebenen Gründen überhaupt nicht wohl und stelle meine Eignung zum Lehrer zum ersten Mal generell in Frage.


    Was sagt ihr dazu?


    Danke!

  • ...und stelle meine Eignung zum Lehrer zum ersten Mal generell in Frage.

    Bitte nicht!


    Du fühlst dich unwohl und das ist doch normal nach Kritik. Aber mehr Gewicht hat das nicht und die Schulleiterin guckt dich sicher nicht tagelang böse an. Bleib freundlich und überlege dir vielleicht in Ruhe mal ein paar Punkte, was dich an dieser Schule konkret anspricht. Zumindest fürs nächste Praktikum kannst du das tun :)


    Ansonsten bist du mit 19 ja tatsächlich noch ein Jugendlicher und darfst dich auch so fühlen. Probiere einfach aus, ob du über Döner reden willst oder nicht und schau im Nachhinein, ob das gepasst hat oder du das nächste Mal anders reagieren möchtest. Lehrerrolle finden ist ein Prozess und du hast noch ein paar Jahre Zeit dafür.

  • Hey,


    es ist ziemlich normal, dass man sich auch mal im Praktikum unwohl fühlt. Ich (20) habe auch in meinen Praktika schon Situationen erlebt, wo ich mich wirklich unwohl gefühlt habe. Manche Kollegen haben mich auch nicht ernstgenommen, weil ich noch im Bachelor bin oder auch recht jung aussehe. Deswegen auch vielleicht die vielen Fragen von der Schulleitung.


    Aber du darfst dich von sowas nicht einschüchtern bzw. entmutigen lassen. Klar, du hast einen Fehler gemacht, aber das hast du ja auch eingesehen. Auch wenn du vielleicht denkst, du bist nicht autoritär genug oder etc….Du entwickelst dich noch weiter. Das ist ein wichtiger Teil der Lehramtsausbildung. Solche Gedanken hatte ich auch und die sind am Anfang total normal :)


    Orientiere dich an den positiven Dingen (wie zum Beispiel deine Unterrichtsstunden) und knüpfe da an :)

  • [...] und mich fragen dann manche, welche Dönerart ich am liebsten mag oder wollen mir aus Joke die Hand schütteln. Bisher hatte ich auf sowas keine schlagfertige Reaktion [...]

    Wo ist da das Problem? Einfach antworten/einschlagen oder nett ablehnen.

    Oft hilft auch ein verwirrter, leicht starrender Blick, dann merken sie meist von selbst, dass etwas unangebracht war.


    Falls dein Kleiderschrank nichts hergibt, dann ist das doch eine gute Gelegenheit, sich ein paar "seriöse" Kleidungsstücke zuzulegen.


    Lass dich auf keinen Fall wegen einzelnen Erfahrungen unterkriegen, wenn dir der Job Spaß macht!

  • Trotzdem fühle ich mich mit der Situation gerade aus den beschriebenen Gründen überhaupt nicht wohl und stelle meine Eignung zum Lehrer zum ersten Mal generell in Frage.

    Du hast hier schon viel richtigen Zuspruch bekommen, deine Eignung solltest du nicht in Frage stellen.


    Du bist mit 19 nicht viel älter als die Schüler*innen in den höheren Klassen. Ich kann mich gut daran erinnern, wie ich und meine Mitschüler mit 16/19 auf junge Praktikanten und Referendare reagiert haben, die sich äußerlich, oft auch innerlich "verkleidet" haben, um den gewünschten Respekt zu bekommen... Sich verstellen etwas bewirkt das Gegenteil von dem, was man erreichen will.

    Am besten machten es schon damals die jungen angehenden Lehrkräfte, die authentisch blieben, sich so jugendlich gaben wie sie wirklich waren (ohne sich anzubiedern) und kein gekünsteltes Erwachsensein vorspielten.


    Klar kannst du (nur als Beispiel, weil es angesprochen wurde) den Inhalt deines Kleiderschranks pimpen, Aber wenn du mit Anzug und Krawatte (Extremfall...) in der Schule aufkreuzt, merkt deine Klientel schnell, ob das zu dir passt, oder du dich unwohl fühlst und "Eindruck schinden" möchtest. In anderer Richtung (Jogginghose+Hoodie oder Jürgen-Von-der-Lippe-Style) kann der Schuss ebenfalls nach hinten losgehen.

    Dasselbe gilt auch für dein Auftreten. Sei du selbst (wie platt, sorry), und mit steigendem Alter kriegst du das hin, du wirst respektiert werden, und dein Aussehen ändert sich automatisch.

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