Wie kann man „streng werden“?

  • Hallo,

    seit ca. 2 Jahren unterrichte ich an einer Grundschule und bin Klassenlehrerin einer 2. Klasse. Mit den meisten Schülern komme ich gut zurecht, aber ich habe auch einige „schwierige“ Schüler dabei. Sie rufen immer wieder rein, haben großen Bewegungsdrang und geraten in der Pause in Konflikte.


    Ich habe das Gefühl, dass ich grundsätzlich irgendwie zu nett bin. Ich ermahne sie zwar, wenn sie sich nicht an die Regeln halten, aber ich merke, dass sie sich mir gegenüber doch recht viel herausnehmen.


    Ich muss dabei zugeben, dass es mir sehr schwer fällt immer konsequent zu reagieren, z.B. wirklich einzufordern, dass sie komplett leise in den Sitzkreis kommen oder nicht zu antworten, wenn jemand reinruft. Ich bin leider auch häufig zerstreut und vergesse viele Kleinigkeiten, z.B. dass ich noch irgendwelche Zettel einsammeln wollte oder auch konsequent die Verhaltensampel an der Tafel zu nutzen, so etwas… Da ich selber 3 kleine Kinder zu Hause habe, bin ich auch immer gestresst und in Zeitnot.


    Viele Dinge sind mir in der Theorie klar, z.B. dass ich konsequent reagieren müsste, wenn jemand gegen die Regeln verstößt und z.b. reinruft.

    Was mir komplett fehlt ist, die Idee, wie ich bei Regelverstößen so sanktionieren kann, dass die Kinder davon beeindruckt sind.


    Z.B. habe ich unsere Regeln zum Abschreiben da. Diese müssen Kinder abschreiben, die vermehrt reinrufen. Da ich aber wie schon erwähnt nicht immer bei jedem Mal reagiere, wird es dann insbesondere von einem Jungen (der eben auch recht intelligent ist) als unfair empfunden, wenn es ihn dann trifft - verständlicherweise.


    Ich finde die Lösung mit dem Regeln abschreiben, aber eigentlich auch irgendwie blöd bzw. bin mir unsicher, ob das der richtige Weg sein kann. Einer der Schüler hat z.B. auch Probleme mit dem schreiben, was ihn dann noch zusätzlich triggert.

    Bei einem anderen, sehr herausforderndem Schüler, wo ich nur Fachlehrerin bin „drohe“ ich damit die Klassenlehrerin anzurufen. Das wirkt dann, wenn ich das Handy hervorhole, aber das kann es doch auch nicht sein. Der Junge sagte schon einmal zu mir, immer erpresst du mich, dass du Frau … anrufst…


    Daher meine Fragen:


    Wie setzt ihr euch bei herausforderndem Verhalten von Schülern durch?


    Nutzt ihr Sanktionen und wenn ja, welche?


    Wie „böse“ reagiert ihr? Ich habe das Gefühl, dass ich irgendwie nie so respekteinflössend wirke…


    Die Zersteutheit werde ich nicht ohne weiteres verändern können, habt ihr Tipps, wie man strukturierter werden kann?


    Ich habe das Gefühl, dass die Schüler sich insgeheim klare Grenzen wünschen. Aber ich weiß noch nicht, wie ich die setzen kann…

    Ich nutzte übrigens auch Belohnungssysteme und die funktionieren auch in ganz vielen Fällen, aber in manchen Situationen dann eben nicht…


    Danke fürs Zuhören!

  • Du musst nicht streng sein, in dem Sinne dass du sie mit Sanktionen 'beeindruckst'.

    Du musst nur zuverlässig, konsequent und vorhersehbar reagieren.


    Dafür ist es wichtig, dass du für dich selbst klar hast, ab welcher Stufe du sanktionierend eingreifst und welche Sanktion dann erfolgt und welche Eskalationsstufen deine Sanktionen haben. .... und du diesen Weg dann auch gehst und nicht aus Bequemlichkeit, weil es manchmal situativ vermeintlich einfacher ist, dies in einigen Fällen nicht tust.


    Die beste Herangehensweise ist allerdings das Vermeiden von Situationen, in denen eine Sanktionen nötig wird.

    Das erreichst du in 90% der Fälle durch effektive Lernzeit ohne Leerlaufzeiten. Sprich die Schüler sind die ganze Zeit beschäftigt und tun auch für sie Sinn stiftende Sachen, die an ihr individuelles Leistungsniveau angepasst sind. Leerlauf und Frustration sind fast immer der Grund für sanktionsbedürftiges Schülerverhalten im Unterricht.

  • Deine 3 Kinder zuhause haben aber nichts mit der Zerstreutheit im Unterricht zu tun.

    Ich bin auch sehr zerstreut. Was sehr gut hilft, ist ein strukturiertes Pult mit Ablagen. Dafür mittags stets 10 Minuten zum Aufräumen einplanen.

    Außerdem, so mache ich das, sammle ich die Klasse immer wieder, wenn ich merke, dass ich wieder zerstreut war.

    Also zB fällt mir ein, dass 3 Schüler x noch nicht angegeben haben, fange eine Diskussion mit ihnen darüber an, woraufhin 4 Schüler das Quatschmachen anfangen. Dann unterbreche ich mich, stelle mich zentral hin und sammle die Klasse.

    Das mache ich relativ häufig.

    Strafen gibt es bei mir nur in Form von logischen Konsequenzen. Du redest und verpasst Inhalte? Musst du in der Pause nacharbeiten. Du störst andere und bekommst also selbst nichts mit? Dann musst du eben alleine arbeiten (Ecktisch oder Nacharbeit in der Pause).

    In die Beziehung mit einem Kind zu investieren lohnt immer.

  • Ich verstehe das gut, selbst nach vielen Jahren Beruferfahrung. Ich könnte mir vorstellen, dass es dir helfen würde, dir und euch mehr Zeit zu geben. Beispiel "In den Sitzkreis kommen": Wenn das nicht klappt, übt doch mal intensiv "In den Sitzkreis kommen" bis es klappt, auch wenn es 20 min dauert. Oder 45 min. Das, was du dir inhaltlich vorgenommen hast, muss und darf der Arbeitsatmosphäre zuliebe mal warten oder eben auch mal nachgeholt werden.


    Ich glaube nicht, dass man beeindruckende Maßnahmen braucht. Es reicht, die, die man hat, auch umzusetzen, lass dich nicht beeindrucken von "ungerecht! Der andere hat aber auch! Immer erpressen Sie mich!" usw. Umgekehrt könntest du dich fragen, welche Lehrerin du -als solcherlei reinrufendes Kind- als souverän erleben würdest. Eine, die ein schlechtes Gewissen hat, weil sie selbst ihre Maßnahmen doof findet und zurückrudert?


    Übrigens: Hast du ADHS? Dann hilft tatsächlich auf vordersten Rängen Ritalin. Und das Aufschreiben von Abläufen oder ggf. Tages-/Stundenablaufplan an die Tafel direkt für die Kinder mit, wenn es einen "Abhakdienst" gibt, denken sie besser dran als du...

  • Wenn das nicht klappt, übt doch mal intensiv "In den Sitzkreis kommen" bis es klappt, auch wenn es 20 min dauert. Oder 45 min. Das, was du dir inhaltlich vorgenommen hast, muss und darf der Arbeitsatmosphäre zuliebe mal warten oder eben auch mal nachgeholt werden.

    Das habe ich am Anfang auch zu sehr vernachlässigt.


    Das andere: nicht so viel reden oder nachgeben, sondern wirklich konsequent sein, sichtbar, also mit Visualisierung, und mit angekündigter Konsequenz - ein Gespräch führen, dass das Verhalten zu verbessern ist und wie man vorgehen will.

    3x gestört: Du schreibst die Regeln ab/ du arbeitest woanders/


    Man kann auch Belohnungssysteme testen, aber auch da muss man konsequent sein.


    Und drittens: Kleine Brötchen backen.

    Schreibe dir auf, was du gerne alles ändern würdest, vielleicht auch mit den Kindern, und dann nehmt ihr euch erst einmal ein oder zwei Sachen vor.

  • Vielen Dank für Eure Antworten!


    Das hilft mir auf jeden Fall schon mal! Es stimmt z.B., dass ich schnell immer neue Methoden ausprobiere, statt alte konsequent anzuwenden. :)


    Falls jemand noch weitere Erfahrungen teilen mag, freue ich mich!

  • Es gibt in meinem Bundesland regelmäßig Fortbildungen zu Classroom Management oder Umgang mit Störungen. Ich ermuntere dich, diese in Anspruch zu nehmen. Nicht nur einmal, vielleicht machst du zwei oder drei solcher Fortbildungen. Nur so bekommt man Impulse von außen und neue Ideen. Gibt es eine Kollegin, die augenscheinlich besser klarkommt? Dann frag sie, ob du hospitieren darfst. Oder lad sie in deinen Unterricht ein, damit sie schaut, wo Verbesserungspotenzial ist.

  • Das ist doch Unsinn: Kinder wünschen sich keine Grenzen. Wolfgang schäuble sagte mal: ich schaue immer so mürrisch , denn das erspart mir die Hälfte aller Anfragen.

    So ist es auch in der Schule . Je unfreundlicher du bist und je kratzbürstiger, desto braver ist die Klasse. Aber willst du das wirklich ?

  • Es gibt in meinem Bundesland regelmäßig Fortbildungen zu Classroom Management oder Umgang mit Störungen. Ich ermuntere dich, diese in Anspruch zu nehmen. Nicht nur einmal, vielleicht machst du zwei oder drei solcher Fortbildungen. Nur so bekommt man Impulse von außen und neue Ideen. Gibt es eine Kollegin, die augenscheinlich besser klarkommt? Dann frag sie, ob du hospitieren darfst. Oder lad sie in deinen Unterricht ein, damit sie schaut, wo Verbesserungspotenzial ist.

    Eine unsrer Koordinatorinnen ist auch oft mürrisch und hält sich so viel Arbeit vom Hals . Da trauen sich viele nicht zu fragen weil sie auch Schonmal eine junge schüchterne Kollegin im Lehrerzimmer angeschrien hat als die sie auf einen Fehler aufmerksam machte .

  • Das ist doch Unsinn: Kinder wünschen sich keine Grenzen.

    Kinder brauchen jedenfalls Struktur. Struktur gibt Sicherheit. Wenn es klare Regeln gibt, an die sich alle halten, und verlässliche Konsequenzen, wenn Regeln bewusst überschritten werden, hilft das beim Lernen und auch beim sich geschützt und sicher fühlen. WasWolfgang Schäuble sagte, tut im Klassenzimmer absolut nichts zur Sache und nur weil ich als Lehrerin die Regeln vorgebe (in höheren Klassen erarbeitet man die ja oft gemeinsam mit den Schüler*innen), schaue ich noch lange nicht mürrisch und will keine "Anfragen". Das ist Quatsch. Ich bin verantwortlich dafür, dass der Laden läuft und dass es allen gut geht, und dabei helfen Regeln.

  • Eine unsrer Koordinatorinnen ist auch oft mürrisch und hält sich so viel Arbeit vom Hals . Da trauen sich viele nicht zu fragen weil sie auch Schonmal eine junge schüchterne Kollegin im Lehrerzimmer angeschrien hat als die sie auf einen Fehler aufmerksam machte .

    Merkwürdiges Beispiel, vielleicht hast du das mit den Regeln nicht ganz verstanden. Man kann Regeln haben und streng sein und trotzdem keinen anschreien und den Kindern zugewandt sein.

  • Merkwürdiges Beispiel, vielleicht hast du das mit den Regeln nicht ganz verstanden. Man kann Regeln haben und streng sein und trotzdem keinen anschreien und den Kindern zugewandt sein.

    Die Koordinatorin hält sich so Arbeit vom Hals weil keiner sich traut zb nach Dingen zu fragen oder um

    Änderungen zu bitten

  • Kinder brauchen jedenfalls Struktur. Struktur gibt Sicherheit. Wenn es klare Regeln gibt, an die sich alle halten, und verlässliche Konsequenzen, wenn Regeln bewusst überschritten werden, hilft das beim Lernen und auch beim sich geschützt und sicher fühlen. WasWolfgang Schäuble sagte, tut im Klassenzimmer absolut nichts zur Sache und nur weil ich als Lehrerin die Regeln vorgebe (in höheren Klassen erarbeitet man die ja oft gemeinsam mit den Schüler*innen), schaue ich noch lange nicht mürrisch und will keine "Anfragen". Das ist Quatsch. Ich bin verantwortlich dafür, dass der Laden läuft und dass es allen gut geht, und dabei helfen Regeln.

    Streng sein und Regeleinhaltung einfordern sind übrigens nicht dasselbe . Ich kann auch regeleinhaltung einfordern ohne streng zu sein. Das Wort streng ist sowieso vollkommen unpassend im Schulkontext und manche Lehrer innen fühlen sich toll wenn sie als streng gelten oder sich den Ruf einer strengen Lehrerin erarbeitet haben. Die harten Hunde sind aber meist arme Schweine . Aber strenge Lehrer haben es einfacher weil mehr Disziplin im Unterricht herrscht und manche beeindruckt sind dass der Lehrer „die Klasse im Griff hat“

  • Hey. :)


    Ich finde es sehr mutig, dass du dich hier mit deinen "Unzulänglichkeiten" der Allgemeinheit stellst. Es fordert Größe, seine Fehler einzugestehen und öffentlich um Hilfe zu bitten, das ist super. :)


    Die meisten Themen, so meine Wahrnehmung, sind selbst gebaut - und da wirst du dich wirklich am Riemen reißen müssen.


    Es ist nicht "zu nett", wenn du nett bist. Das ist doch was Schönes. Das Problem liegt in deiner Zerstreuung und deiner Inkonsequenz. Für die Kinder bist du so nicht berechenbar (=sie nehmen das dann nach ner Weile nicht mehr ernst) und mit der Drohung "Ich rufe die Klassenlehrerin an!" entautorisierst du dich selbst. Das zeigt den Kindern nämlich, dass du selbst keine Idee hast, wie du mit ihnen umgehst und dir dann Verstärkung holst. Dass die Kinder das als Erpressung verstehen, verstehe ich sogar - und dass ein Kind das ausspricht, bedeutet, dass es sein Gefühl dazu zum Ausdruck bringt. Nimm das als eine Kritik, auf die du hören solltest.


    Meine Gedanken dazu:


    Hab eine extrem gute Vorbereitung. Plane jede SEKUNDE deiner Stunden durch, egal, ob du dann alles schaffst oder nicht. Lieber etwas mehr als Leerlauf. Je mehr es Momente der Leere gibt, desto mehr fahren die Kinder hoch.


    Viele Regeln lassen sich spielerisch umsetzen. Wenn die Kinder in den Kreis kommen sollen, zB nach der Frühstückspause, zähle ich an. Ich frage sie vorher, wieviel Sekunden sie meinen zu brauchen und es ist ein Spaß zu sehen, wie die Kinder blitzschnell ihre Sachen verstauen, in den Kreis stürzen, sich setzen und mich angrinsen. Manchmal, wenn sie nur knapp verlieren würden, ziehe ich die letzte Zahl etwas in die Länge und zwinkere ihnen zu. Eigentlich lieben sie das, aber manchmal kommt auch: "Neee, Frau L., wir haben das heute NICHT geschafft!" :D Die Kids können auch verlieren. ;) Nicht immer sind alle wirklich bei Null im Kreis. In der Regel ist das nicht schlimm, weil es nur um die Gesamtbewegung geht, aber ich ermuntere die Zuspätkommer dann, das nächste Mal schneller zu sein. In anderen Klassen gibt es auch durchaus mal einen Strich, wenn ich merke, dass Kinder absichtlich trödeln, um meine Grenzen zu testen. Bei drei Strichen gibt es dann eine Sanktion, das wissen die Kinder auch. Ist aber wirklich nur in wenigen Klassen nötig.


    Bei Klassen, die mich lange haben, setze ich noch ne "Stufe 1" drauf, das bedeutet, dass sie das komplett leise machen müssen. Schaffen sie das oft genug, belohne ich sie mit einem Klassenspiel (das sie nicht einfordern dürfen, sonst kommt es nicht, sondern auf es warten müssen). Gleiches beim Gang durch das Schulhaus. Wie das mit den Stufen bei mir funktioniert, habe ich schon ein, zweimal geschrieben. Kurzform: 1. Stufe: alle laufen freiwillig leise durchs Schulhaus, ohne einen Mucks. Schaffen das Kinder nicht, lachen, kichern, reden, testen aus, schubsen oder was auch immer, sitzt die Klasse auf Stufe 2. Die bedeutet alle MÜSSEN leise sein, sonst gibt es für die, die sich nicht dran halten, eine "Ichzeit". Was das ist, erkläre ich gleich.


    Die Stufe 1 hat sogar geklappt, als ich mit 22 Kindern in den PC-Raum gegangen bin. Zum ersten Mal. Die Regeln wurden genau erklärt vorher und dann alles auf Stufe 1 gesetzt. Wir haben vorher überlegt, warum es wichtig ist, dort drüben kein Geschrei und kein Chaos zu veranstalten und haben genau besprochen, wie es gleich abgeht. Hat super funktioniert. Natürlich bleiben die Kids dann nicht ruhig, das erwarte ich aber auch nicht. Aber ich stelle fest, dass klare Regeln und klare Folgen sinnvoll sind. Einfach straight und für alle Kinder lesbar.


    Ichzeitbogen: Wenn ein Kind mehrfach über die Stränge schlägt, bekommt es einen Ich-Zeit-Bogen. Das ist ein Din A4-Blatt, auf dem die Lehrkraft einträgt, was geschehen ist und das Kind dann mit Fragen, Ankreuzen und teilweise selbst Schreiben erarbeitet, was da schief lief, was es hätte besser machen können und was es demnächst tun wird. Dieser Zettel wird von den Eltern gegengezeichnet, wenn es wiederholt auftritt, das ist von Lehrkraft zu Lehrkraft unterschiedlich. Das Abschreiben der Schulregeln ist mir zu wenig Eigenarbeit und Reflexion.


    Kinder, die oft über die Stränge schlagen, bekommen von mir erst mal eine volle Portion Dasein, Herzlichkeit, Verständnis und Nachfragen, wie sie sich fühlen, wenn das passiert und ob sie selbst sagen können, was daran stört und ärgerlich ist. Sie bekommen von mir klar gespiegelt, dass ich sie nicht verurteile, sondern mit ihnen gerne an einer Lösung arbeiten will. Das ist GRUNDSCHULE, in höheren Klassen ist sicherlich ein anderes Vorgehen notwendig. Ich stelle auch immer wieder fest, dass Lob, wenn was gut lief, wirklich hilft, die Kinder abzusichern, für einen Moment glücklich zu machen und mir näher zu bringen. Egal, ob das Reinschwätzer, Rumrenner oder sonstige Störer (und innen) sind, sie alle haben eins gemeinsam: sie bedienen ein Muster, das sie kennen. Aufmerksamkeit durch Blödsinn. Es ist ein wenig Arbeit und es braucht etwas Zeit, aber in der Regel sind Kinder, wenn sie nicht wirklich schlimmste Geschichten oder Störungen haben (wo es dann auch Diagnosen gibt) mit der Zeit besser lenkbar, auch wenn sie sicher nicht 100% still auf ihren Stühlen hocken.


    Ich stelle fest, dass wenn Kinder merken, dass die Lehrkraft gütig ist, aber straight, sie das entspannt und Sicherheit gibt. Und wenn sie merken, dass die Lehrkraft auch trennen kann zwischen ihren "Minuten" und dem, was sie gut können, gibt das ihnen ein gutes Gefühl. Ich schreibe das alles nicht, weil ich denke, Vorbild zu sein. Ich schreibe das, weil ich die Erfahrung habe, dass es funktioniert.


    Zusätzlich dazu ist eine gute Präsenz wichtig, eine Klarheit in der Sprache, das Vergessen und das innere Chaos möglichst beseitigen üben, weil das Kinder verunsichert (und es ja auch wirklich unfair ist, wenn du mal eine Sanktion vergisst und einmal nicht) und absolute Konsequenz. Das, was du sagst, gilt. Danach, was du sagst, handelst du. Immer.


    Ich werde auch mal sauer (wenn es wirklich was ist, das zum Aus-der-Haut-Fahren ist), dann sind die Kinder meist echt erschrocken und still. Dann erkläre ich ihnen sofort, dass auch Lehrkräfte mal sauer werden, dass das aber jetzt wieder vorbei ist, ich alle gleich lieb habe, wir aber über das in Ruhe reden müssen, was gerade war.


    Kinder sind nicht doof. Die wissen, was Recht und Unrecht ist, was sie falsch machen und warum man als Lehrkraft das nicht durchgehen lässt. WENN man es nicht durchgehen lässt. Ich habe die Erfahrung gemacht, wesentlich mehr Ruhe zu haben durch Freundlichkeit, Ehrlichkeit, Konsquenz und die Kommunikation darüber. Vor allem, wenn die Kinder selbst entwickeln, was gerade schief lief.


    Ich kriegs nicht kürzer, sorry...hoffentlich kannst du damit was anfangen.

    Blowing out someone else's candle doesn't make yours shine any brighter.

  • Streng sein und Regeleinhaltung einfordern sind übrigens nicht dasselbe . Ich kann auch regeleinhaltung einfordern ohne streng zu sein. Das Wort streng ist sowieso vollkommen unpassend im Schulkontext und manche Lehrer innen fühlen sich toll wenn sie als streng gelten oder sich den Ruf einer strengen Lehrerin erarbeitet haben. Die harten Hunde sind aber meist arme Schweine . Aber strenge Lehrer haben es einfacher weil mehr Disziplin im Unterricht herrscht und manche beeindruckt sind dass der Lehrer „die Klasse im Griff hat“

    Was ist für dich streng sein? Definiere es mal bitte, damit wir wissen, ob wir über dasselbe reden.

  • Kinder, die oft über die Stränge schlagen, bekommen von mir erst mal eine volle Portion Dasein, Herzlichkeit, Verständnis und Nachfragen, wie sie sich fühlen, wenn das passiert und ob sie selbst sagen können, was daran stört und ärgerlich ist. Sie bekommen von mir klar gespiegelt, dass ich sie nicht verurteile, sondern mit ihnen gerne an einer Lösung arbeiten will. Das ist GRUNDSCHULE, in höheren Klassen ist sicherlich ein anderes Vorgehen notwendig. Ich stelle auch immer wieder fest, dass Lob, wenn was gut lief, wirklich hilft, die Kinder abzusichern, für einen Moment glücklich zu machen und mir näher zu bringen. Egal, ob das Reinschwätzer, Rumrenner oder sonstige Störer (und innen) sind, sie alle haben eins gemeinsam: sie bedienen ein Muster, das sie kennen. Aufmerksamkeit durch Blödsinn. Es ist ein wenig Arbeit und es braucht etwas Zeit, aber in der Regel sind Kinder, wenn sie nicht wirklich schlimmste Geschichten oder Störungen haben (wo es dann auch Diagnosen gibt) mit der Zeit besser lenkbar, auch wenn sie sicher nicht 100% still auf ihren Stühlen hocken.

    Ergänzung: Und gerade diesen Kindern helfen klare Regeln und ein verlässlicher Rahmen enorm. Sie brauchen oben Genanntes, aber was sie auch brauchen, sind eben klare Regeln und Konsequenzen, die am besten immer gleich sind.


    Ich finde deinen Beitrag total treffend und mache vieles ganz genauso, ich wollte nur dieses Beispiel rauspicken, um nochmal deutlich zu machen, dass "streng sein" - ich setze es mal absichtlich in Anführungszeichen, ich mag das Wort auch nicht besonders - bzw. klare Regeln zu haben, absolut nicht bedeutet, mürrisch zu sein oder Angst zu verbreiten.

  • Ergänzung: Und gerade diesen Kindern helfen klare Regeln und ein verlässlicher Rahmen enorm. Sie brauchen oben Genanntes, aber was sie auch brauchen, sind eben klare Regeln und Konsequenzen, die am besten immer gleich sind.


    Ich finde deinen Beitrag total treffend und mache vieles ganz genauso, ich wollte nur dieses Beispiel rauspicken, um nochmal deutlich zu machen, dass "streng sein" - ich setze es mal absichtlich in Anführungszeichen, ich mag das Wort auch nicht besonders - bzw. klare Regeln zu haben, absolut nicht bedeutet, mürrisch zu sein oder Angst zu verbreiten.

    Danke!


    Das Interessante ist ja auch, dass Kinder Konsequenz, Straightness und eine klare Linie nicht als streng empfinden. Das gibt einfach Sicherheit, sie wissen, woran sie sind.


    Kinder empfinden meiner Meinung nach Lehrkräfte als streng, die unberechenbar sind, ihre Launen auslassen und oft "sinnlos" schreien.


    Wenn eine Lehrkraft mal brüllt, weil es jetzt echt mal genug ist, legen die Kids das recht schnell zur Seite, gerade, wenn es gerechtfertigt und dann kommuniziert ist.


    Ich habe mal gesagt "... Und dann muss ich halt auch mal laut werden/schreien, wenn..." Große Augen: "Frau L., du schreist doch gar nicht..." Die Kinder vergessen das, wenn sonst liebevoller und respektvoller Unterricht erteilt wird und sehen das nach. Zudem verstehen sie mehr als man denkt. Auch die "Übeltäter". "Streng" benennen sie anders.

    Blowing out someone else's candle doesn't make yours shine any brighter.

  • ... und mit der Drohung "Ich rufe die Klassenlehrerin an!" entautorisierst du dich selbst. Das zeigt den Kindern nämlich, dass du selbst keine Idee hast, wie du mit ihnen umgehst und dir dann Verstärkung holst. Dass die Kinder das als Erpressung verstehen, verstehe ich sogar - und dass ein Kind das ausspricht, bedeutet, dass es sein Gefühl dazu zum Ausdruck bringt. Nimm das als eine Kritik, auf die du hören solltest....

    Sehe ich etwas anders. Die Lehrerin im Unterricht anzurufen halte ich auch nicht für ideal, aber ganz grundsätzlich hat das nichts mit Erpressung zu tun und ist genauso sinnvoll oder sinnlos wie jedes andere Belohnungsystem mit angeblich freiwilligen Stufen, Sanktionen oder Belohnungen jeder Art, die du ja auch hast. Das sage ich deswegen, weil die TE sowieso schon unsicher ist und das nicht gerade dabei hilft, sich durchzusetzen.


    Ich rufe übrigens manchmal Eltern an, wenn mir das Verhalten zu bunt wird und das wirkt super. Ich kündige das oft nicht mal an vorher, weil die Droherei sinnlos ist.


    Aber bei den Kleinen aus allem ein Spiel zu machen und Kindersprache zu entwickeln halte ich auch für eine gute Idee. Wenn die TE 3 Kinder hat, weiß sie theoretisch auch, wie das gehen kann. Sowas vergisst man im gestressten Alltag und als Berufsanfänger halt leichter.


    Edit: ...und es liegt auch nicht jedem. Ich hab neulich die Museumspädagogin wirklich bewundert für ihre Art, wie mit Kindergartenkindern zu sprechen. Das war authentisch und hat total gut gepasst. Ich versuche mir durchaus auch nach gefühlt 100 Berufsjahren bei anderen Verhaltensweisen abzugucken.

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