Latein als zweite Fremdsprache in Bayern: drei Lernjahre für die gesamte Grammatik

  • Propaganda war doch das von dir genannte Thema. Und die wird von Demokraten wie „Gewaltherrschern“ gleichermassen betrieben.

    Dein Thema war Machtmissbrauch und Propaganda durch Gewaltherrscher. Das habe ich kommentiert.

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Ich habe das Wort „Gewaltherrscher“ gar nicht verwendet, sondern Du!

    Stimmt. Du sprachst von dem Völkermörder Caesar. Ich habe den Völkermörder, der er auch war, unter dem etwas breiteren Begriff Gewaltherrscher subsumiert. Deine Nebelkerze klärt aber immer noch nicht, wie du damit einen Zusammenhang mit unserer Demokratie herstellen willst.

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
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  • Also soweit ich mich erinnere, hatten auch wir damals (Abiturjahrgang 1995) die Grammatik im Großen und Ganzen nach drei Jahren durch (7.-9. Klasse). In der 10. haben wir dann u. a. De bello Gallico bearbeitet. Ich fand das damals nicht zu flott.

    ich hatte Latein als 3. Fremdsprache in Klasse 9 angefangen und in der 11 waren wir wenigen Überlebenden dann zusammen mit denen, die das Fach als 2. Fremdsprache schon seit der 7. hatten und haben den Gallischen Krieg übersetzt. Unser Buch in der Sek 1 hieß Orbis Romanus und war rot - ich fand es eigentlich ganz cool, weil die Texte interessant waren und im Vokabelteil auch die englischen und Französischen Wörter aufgeführt waren. wir haben es in zwei Jahren aber nicht durchbekommen. Mir ging das alles viel zu schnell und ich hab das Latinum nur dafür bekommen, dass ich durchgehalten habe, die Randstunden nicht gebläut habe, meine Stilmittel kannte und in der Sek II schnell mit dem Wörterbuch war.


    Kann naürlich daran gelegen haben, dass ich in der 9 nicht mehr so wahnsinnig viel Lust hatte, auf Vokabeln lernen und Grammatik, auch weil ich Französich sehr gut konnte und anscheinend irgendwie den Übergang verpasst habe von "kann ich mir selbst erschließen" zu "jetzt kommt was Neues, das ich lernen muss." Auch muss ich an dem Tag, an dem uns gesagt wurde, wie man anfängt einen Satz zu übersetzen, gefehlt haben - das hat mir dann irgendwann in der Oberstufe mein Freund mit Latein LK verraten und viel erleichtert.


    Ich war im Ref sehr erstaunt, als ich zu Anfang ne Woche bei einer Klasse hospitiert habe, wie langsam die vorgegangen sind, im Lateinunterricht. Ehrlicherweise muss man sagen, dass von ca 20 SuS mit Latein 3. Fremdsprache am Ende drei Leute ne 1 hatten und vier weitere irgendwie mit Ach- und Krach das Latinum bekommen haben. Der Rest hat vorher abgewählt oder hat es am Ende nicht auf die erforderlichen (waren es 6 Punkte?) geschafft.


    tldr: zwei Jahre für die Basics in Latein sind zu wenig.


    edit: warum hab ich das jetzt alles geschrieben? keine Ahnung, aber vlt. kann sich ein Lateinkollege daran erfreuen.

  • Wahrscheinlich wurde im Grammtaiklehrgang dann auch Stoff weggekürzt; Futur II, NcI, PFA, erst recht Supinum enthalten neuere Lehrwerke schon nicht mehr.

    In Bayern macht man diese Phänomene – bis auf das Supin, aber das ist wirklich verzichtbar – schon noch, sogar das Futur II Passiv, dem ich selbst im Studium wahrscheinlich nur eine Handvoll Mal begegnet bin, müssen die bayerischen Schüler*innen noch lernen.


    Ansonsten: Bei Latein als erster Fremdsprache hat man in Bayern vier Jahre Spracherwerb mit insgesamt 15 Wochenstunden, bei Latein als zweiter Fremdsprache drei Jahre Spracherwerb mit insgesamt 12 Wochenstunden. Ab der 9. Jahrgangsstufe (Lektürephase) gibt es keine Trennung mehr. Da sich beide Varianten fast ausschließlich in der zu vermittelnden Wortschatzmenge unterscheiden, ist die Taktzahl im Spracherwerbsunterricht bei der zweiten Fremdsprache schon enorm hoch, wenn man mit allem durchkommen will. Das Problem ist, dass man den Lateinunterricht bei einer gleich bleibenden Stundenzahl (im alten G9 hatte man bei Latein als zweiter Fremdsprache meines Wissens nach auch insgesamt 12 Wochenstunden über drei Jahre verteilt) in Hinblick auf die zu beherrschenden Grammatikphänomene nur sehr marginal ausgedünnt hat, aber gleichzeitig neben den allseits bekannten Herausforderungen – insbesondere einer zu geringen Lesekompetenz – die Kompetenzbereiche Text und Kultur gegenüber Sprache auch in der Spracherwerbsphase aufgewertet hat. Die Schülerinnen und Schüler müssen sich nun also auch mit den Texten auseinandersetzen, diese interpretieren und zu den Inhalten Stellung nehmen, was ehrenwert und im Unterricht auch schön ist, aber natürlich auch Zeit kostet. Die früher wohl eher unübliche Vokabel-Semantisierung, die man eigentlich mindestens jede zweite Stunde machen muss, ist ebenfalls auf Dauer ein Zeitfresser: In meiner Schulzeit waren die Vokabeln halt einfach als Hausaufgabe auf. Ein Sachfeld haben wir in der Schule nie angelegt oder aus einem Text herausgearbeitet, heute macht man das aber – sinnvollerweise – auch. Vielleicht ist der Anspruch also gar nicht unbedingt gesunken, sondern die Anforderungen haben sich einfach geändert? Wenn ich heute die – im Gegensatz zu früher unberechenbareren und zum Teil durchaus anspruchsvollen – Aufgabenteile der Schulaufgaben korrigiere, ist es nicht mehr so, dass die Schüler*innen hier viele gute Noten sammeln und sich im Verhältnis zur Übersetzung verbessern würden, ja manche verschlechtern sich sogar!

    Dennoch würde ich mir wünschen, dass man die Spracherwerbsphase gerade bei L2 entschlackt, mehr Phänomene als Teil des Wortschatzes behandelt oder in die Lektürephase verlagert (z. B. den NcI oder das Futur II) oder gar nicht mehr explizit behandelt, da sie sich meist aus dem Kontext erschließen, wenn man den Wortschatz nur könnte (z. B. Akkusativ der zeitlichen Ausdehnung).

  • Ich sehe als Hauptproblem in meinem Lateinunterricht nicht die Überforderung mit komplizierter Grammatik, sondern dass ein immer größer werdender Anteil an SuS so gut wie gar nicht mehr Vokabeln und die grundlegenden Formen lernt/sich merkt. Neue Grammatikthemen verstehen fast alle schnell, aber sie merken sich nichts mehr.

  • Ich sehe als Hauptproblem in meinem Lateinunterricht nicht die Überforderung mit komplizierter Grammatik, sondern dass ein immer größer werdender Anteil an SuS so gut wie gar nicht mehr Vokabeln und die grundlegenden Formen lernt/sich merkt. Neue Grammatikthemen verstehen fast alle schnell, aber sie merken sich nichts mehr.

    Das hängt mit der schnelllebigen digitalen Zeit zusammen

  • Wir hatten damals (Abi um 2010 herum) in NRW in Latein als dritter Fremdsprache auch nur die ersten zwei-drei Jahre Grammatik, danach kam dann ausschließlich Übersetzen zunehmend anspruchsvoller werdender Texte in den Klausuren. Ich fand's ganz gut machbar vom Pensum her und bin heute noch dankbar für die soliden Grammatikkenntnisse aus dieser Zeit 😄

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