Seltsame Homepage für Deutschlehrkräfte Gymnasium

  • Auch wenn ich mittlerweile im Ruhestand bin, habe ich gelegentlich doch immer noch mal wieder mit Schuldingen zu tun.

    (Und schaue von Zeit zu Zeit auch immer noch gerne auf eurer informativen Seite vorbei.)


    Vor einigen Tagen wurde ich eher zufällig auf eine Homepage für Deutschlehrkräfte (deutschunterlagen.com) aufmerksam gemacht, die sich explizit an Lehrpersonen am Gymnasium/Sekundarstufe II richtet, jedoch einige Zweifel an der Seriosität des Angebots weckte:

    Es gibt kein Impressum, bei Textauszügen finden sich u.a. so seriöse Quellenangaben wie "aus dem Internet, ohne Gewähr", Literatur-Textzitate enthalten so viele Schreibfehler, dass angebotene Texte bei gestandenen Oberstufenkolleg*innen teilweise wohl eher für Erheiterung sorgen könnten...


    Mir sieht es fast so aus, als hätten hier irgendwelche SuS einfach ein buntes Sammelsurium aus ihrem Unterricht hochgeladen, (u.a. Arbeitsaufträge etc., inklusive Namen von Mitschülern (!), Abgabetermine etc. Organisation der Lektüre - frisch-homo-faber-2-organisation-der-lektucc88re.pdf

    (Datenschutz-, Veröffentlichungsrechte u.ä. dabei womöglich komplett ignorierend...)


    Auffällig außerdem, dass in so einigen pdf-Dateinamen unvermutet mittendrin ein "cc88" auftaucht...


    Vielleicht mag ja mal jemand von den Profis unter euch (Wolfgang, Volker o.a.?) einen kritischen Blick auf diese Seite werfen?

  • Es scheint sich (peinlicherweise, wie ich finde!) um eine von einem schweizer Professor erstellte Website zu handeln: Materialien zum Literaturunterricht | digithek blog

    Vielen Dank für die Detektivarbeit, Humblebee.

    Schade, dass sich die Spur zum Seitenersteller erst über einen Blogeintrag auf einer anderen Seite finden lässt - und selbst hier wird auch nur auf einen Eintrag eines Dritten via Twitter verwiesen.

    Wenn die deutschunterlagen.com-Seite selbst über die Hintergründe ihres Zustandekommens Auskunft gegeben hätte, wäre das Einordnen der Texte wohl um einiges leichter gewesen.


    Ich bin jetzt auch neugierig geworden und habe noch ein bisschen weiter gestöbert. Offenbar hat der erwähnte Professor

    (Ehemalige Dozierende für Fachdidaktik | Institut für Erziehungswissenschaft | UZH) von 1998/99 bis 2014 an der Uni Zürich unterrichtet und die Inhalte seiner Lehrtätigkeit auf einer WordPress-Seite hochgeladen.


    Bei den zunächst vermuteten SuS scheint es sich dann wohl um damalige Studierende gehandelt zu haben. Und auch auf den Namen des Professors stößt man irgendwann, wenn man lange genug sucht (und weiß, wonach man suchen muss), hier z.B.

    MGL, Literaturunterricht am Gymnasium - literaturunterricht-am-gymnasium-mgl.pdf

    Insgesamt schon ein interessanter Fundus für Studierende und Deutschlehrkräfte. Aber auch wenn sich Veröffentlichungsgepflogenheiten
    Urheberrecht (Schweiz) – Wikipedia ein wenig unterscheiden können:

    Hier bleiben für mich doch Fragen offen. Und eine anonyme Seite, deren Urheber sich nur über Umwege (und mit Einschränkungen) ermitteln lässt:

    Lässt sich so etwas guten Gewissens nutzen?

  • Lässt sich so etwas guten Gewissens nutzen?

    Es lässt sich alles guten Gewissens nutzen: Als Anregung, Ideensplitter, Steinbruch, zur Abschreckung ...
    Wer Unterlagen aus dem Netz 1:1 übernimmt hat entweder viel Glück bei der Suche gehabt - oder macht etwas falsch.

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • Hallo Wolfgang,


    zu deinem ersten Satz: uneingeschränkte Zustimmung!


    Bei deinem zweiten Satz verstehe ich die Verbindung zu meiner Frage/meinen Bedenken nicht wirklich.

    Vielleicht habe ich mich auch etwas unklar ausgedrückt. Ich versuche es nochmal:


    Wenn ich auf Autenrieths vortrefflicher Seite stöbere, habe ich das sichere Gefühl, dass ich Anregungen, Ideensplitter etc. bei Bedarf zuverlässig auf auffindbare Quellen zurückführen kann. Im Zweifelsfalle kann ich mit dem Seitenersteller Kontakt aufnehmen.


    Ganz anders ist es bei

    eine(r) anonyme(n) Seite, deren Urheber sich nur über Umwege (und mit Einschränkungen) ermitteln lässt:

    Bei einer solchen Seite stellt sich mir tatsächlich die Frage nach einer rechtlich sauberen Nutzbarkeit. Ein Seitenersteller ist nicht genannt. Die Quellenlage teils unklar, Texte voller Fehler. Und wie ernst kann man einen rechtlichen Hinweis auf der Startseite ("ohne Copyright-Ansprüche") bei jemandem nehmen, der es beim Hochladen von Arbeitsblättern in die große weite Welt nicht einmal wichtig genug findet, die Namen von Studierenden vorher von diesen zu entfernen...

  • Der Schweizer Professor könnte natürlich keine Rechte verschenken, die er selbst nicht hat. Es finden sich z.B. Zeitungsartikel. In Deutschland dürfen nur 12% eines Zeitungsartikels im Unterricht verwendet werden. Vielleicht ist das in der Schweiz bzw. bei Schweizer Zeitungen ja anders. Prüfen muss man die Urheberrechtslage aber natürlich selbst.

  • Auch wenn ich mittlerweile im Ruhestand bin, habe ich gelegentlich doch immer noch mal wieder mit Schuldingen zu tun.

    Habe zuerst statt "Schuldingen" "Schuldigen" gelesen und mich gewundert, warum aktive Lehrkräfte pauschal von einem Ruheständler so tituliert werden... Vielleicht sollte ich die Webseite zum Lesetraining auch mal besuchen.

  • Sorry, es sind 15%.

    § 60a UrhG (Unterrichtsschranke)

    Spannend, danke für den Link.

    Das gilt doch aber nicht generell für alle Artikel - oder? Zwar kann ich das nicht aus dem Paragrafen ablesen, aber ansonsten wäre es ja unmöglich, z. B. Kommentare oder Glossen für Leistungsnachweise zum Analysieren zu verwenden. Und das hier gäbe es dann wohl auch nicht: https://presseportal-fuer-schulen.de/

  • Als das 2017 eingeführt wurde, war das tatsächlich so gemeint und gilt im Grundsatz bis heute. Natürlich war das eine bescheuerte Idee. Zeitungsartikel waren ja bis dahin ein oft und vielseitig genutztes Unterrichtsmedium, auch um SUS ans Zeitunglesen heranzuführen.


    Natürlich kann man auch heute noch Zeitungsartikel nutzen, indem man den Link von grade offenen Onlineartikeln weitergibt, indem man den Pressreader oder die Onleihe der Bibliotheken nutzen lässt, indem man ein Programm nutzt, in dessen Rahmen eine Zeit lang Presseprodukte an die Schule geschickt werden (mindestens drei Wochen Vorlaufzeit, dann nur ganz oder gar nicht nutzbar) oder indem man schaut, ob einem in einem Schulportal etwas Passendes und Aktuelles angeboten wird. Ich setze Presseprodukte nur noch ein, wenn es thematisch um die Presse geht, nicht mehr oft also, und halte auch keine Print-Abos mehr. Die lokale Zeitung stellt Unterrichtsmaterial online, um die journalistischen Textformen zu zeigen, aber nicht an echten, sondern an albernen extra verfassten Beispielen. Lächerlicherweise darf ja nichtmal intern, z.B. auf Lehrerfortbildungen, der Volltext des letzten Abiturs zur Verfügung gestellt werden. Den muss man sich irgendwie organisieren - "Fragen Sie doch mal in Ihrem Kollegium nach. Vielleicht haben die Kollegen den Text des letzten Abiturs noch." Den dürfen sie aber nur weitergeben, nicht etwa kopieren. :D

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