Neuorientierung während Referendariat?

    • Neu
    • Offizieller Beitrag

    Da andere also schon weitaus mehr Erfahrungen sammeln und Routinen erarbeiten konnten, fällt der Abstand zu mir auf.

    Ich will erstmal nur zu dem Punkt was schreiben.

    -> Es sind nicht nur Erfahrungen (die kannst du nachholen, hospitiere, lass dir jede Gelegenheit geben, in Vertretungen einzuspringen (um eben Classroom-Management zu üben, ohne viel vorzubereiten), aber auch Ausbildungsunterricht), aber es sind auch tausende Gelegenheiten zu schlechten Routinen, die man sich da im Ref abgewöhnen muss.
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass alle, die schon Vertretungslehrkräfte waren, super duper Routinen entwickelt haben.

  • chilipaprika Kannst du eventuell ausführen, welche Aspekte des Classroom Managements als erstes angegangen werden sollten? Ich habe das Gefühl, zu viele Aspekte gleichzeitig handhaben zu wollen und dadurch alle nur semi-gut bis schlecht umzusetzen.

    Wie regele ich es in "meinen" Klassen? Wie gehe ich mit Klassen um, die ich noch gar nicht kenne und denen meine Regeln/Vorstellungen somit auch nicht bekannt sind?

  • Ich finde auch, dass du reflektiert klingst. Ich sage oft, dass ich mir über diejenigen, die ihre Fehler sehen und sich für das Schlusslicht halten, keine Sorgen wegen des Bestehens mache, sondern über die, die ihre Defizite nicht sehen und sich für die Großartigsten halten.


    Ich würde dir empfehlen, auch mal zu überlegen, an was für einer Art Schule und mit wie vielen Stunden du glücklich alt werden könntest. Hintergrund A: Man muss nicht Karriere machen, um vom Lehrerberuf gut leben zu können. Und man kann auch durchaus ohne sich völlig zu überarbeiten, eine gute Lehrkraft sein.


    Hintergrund B:

    Während meiner Abordnung hatte ich oft einen Homeoffice-Job mit vielen Verwaltungstätigkeiten. Das war schon schön. Aber es war nicht unbedingt stressfreier. Für mich ist es entscheidend, dass ich schnell eine gute Arbeitsatmosphäre schaffe, viel mein Ding machen kann und positiv kooperieren. Konkurrenz und Kontrolle am Arbeitsplatz sind für mich ganz schlimm. Keine Schulklasse kann mich so stressen wie überall um mich herum Jobunsicherheit und kurzzeitig befristete Arbeitsverträge.


    Am Classroom-Management zu arbeiten, ist mit Sicherheit eine gute Idee. Das habe ich auch viel gemacht. Ebenso an der Beziehungsarbeit. Je nach Schulform ist das nämlich ein großer Schlüssel. Als Referendarin hat man es damit immer etwas schwerer natürlich.


    Das Feedback zum UB würde ich sacken lassen und dann eine Liste aufstellen, was du bis zum nächsten UB ändern willst. Idealerweise sollte das aber der Fachleiter auch mit dir gemacht haben.


    Ebenfalls helfen könnte es jemanden im Ref zu finden, der offen über eigene Zweifel spricht. Viele Refis, gerade am Anfang sind in dieser Selbstdarstellungsphase, wo sie nur darstellen, was gut läuft. Dabei täte es allen gut, einfach mal zu sagen: "Vertretungsstunden laufen bei mir auch nicht immer gut ab."


    Falls du aber wirklich wechseln möchtest, mach es. Je nachdem kannst du dich auch beraten lassen, ob du das Ref ggf. später nochmal beginnen könntest. Prinzipiell würde ich aber eher versuchen, die Ängste und den Druck loszulassen. So a la: "Ich mach das jetzt einfach, egal wie gut es ist."

  • Naja, man muss nicht in jeder Klasse neue Regeln aufstellen. Dass die Schüler aufmerksam sein sollen und sich an Ermahnungen halten, ist überall so. Erst einmal durchsetzen, dass sie die Klappe halten, wenn du dran bist oder wenn Arbeitszeit ist. Nur weitermachen, wenn sie leise sind. Hört sich einfach an, ist es aber nicht. Einfordern, dass Arbeitsruhe herrscht, dass ansonsten alles zu Hause gearbeitet wird, was so im Unterricht nicht geschafft wird und dass du nichts mehr sagst, ohne dass Ruhe herrscht. In der Grundschule klappt das bei mir, aber ich weiß nicht, wie das bei älteren Schülern ankommt.

    • Neu
    • Offizieller Beitrag

    Ich habe leider kein Patentrezept und durch Mehrfachaufsichten in letzter Zeit habe ich durchaus meine Grenzen viel zu oft überschritten.
    Aber ansonsten: du bist nicht deren Freundin, du musst also aushalten, dass man dich "doof" findet.
    Ich habe schon Klassen mehr als 15 Minuten stehen gehabt, weil immer ein Drittel gequatscht hat, nicht begrüßt, sich hinsetzt, kippelt, usw. Begrüßt wird erst bei Ruhe und wenn es die nicht gibt, geht es nicht weiter.
    Arbeitsphasen: dasselbe. Erst X Minuten ohne einen Ton, dann vielleicht mit dem Nachbar.
    Das sind zum Teil Regeln bei mir an der Schule, wird vielleicht (definitiv) nicht von jedem umgesetzt, aber das Gute an Vertretungsstunden: da kannst du genau das machen. Namensschilder auf dem Tisch, Schüler*innen mit Vornamen ansprechen, nach Mahnungen: Eintragen (Klassenbucheintrag, Papier oder digital, je nach System), die SuS dürfen nicht glauben, dass die Drohungen und Regeln unecht sind.
    Und grundsätzlich: in jeder Lerngruppe immer mit der "strengeren Version" starten, über die Zeit lockert es sich so oder so, WEIL die Basis stimmt.
    Und ja, es tut weh. Ich habe die ersten (vielen) Wochen dieses Jahr in zwei Klassen danach fast nur geweint, ich habe es aber durchgezogen, es gab SEHR viele Einträge (ich rede nicht von "nur" Sprechen, sondern Widerworten, ständigen Kommentaren, Geräuschen und auf mich fliegenden Stiftstücken ...), ... IRGENDWANN hat sich der Rudelführer bei mir entschuldigt und um Neustart gebeten, seitdem ist die Klasse (und der Junge) keine Engel, ich muss immer wieder klar machen: Ihr wollt Streit? Dann wird enger geschraubt und ich mache mir keine Mühe, ein Kahoot zu machen..

    Jede Schule hat grundsätzliche Regeln. Diese schon durchzusetzen ist das A und O.

  • Aber erstmal möchte ich mich für eure Ausführungen bedanken. Falls ihr das rückblickend noch einschätzen könnt, ab wann war euch das Halten einer Stunde nach Buch möglich? Ich sehe mich da noch etwas steif bzw. würde ich vermutlich schnell ins Wanken geraten.

    Was genau meinst du damit?

  • Was mir auffällt: Du redest im Unterricht von "Ermahnen". Welche Konsequenzen folgen, wenn die Ermahnung nicht wirkt?
    "Ich ermahne noch ein Mal! Jetzt ermahne ich zum letzten Mal! Jetzt zum allerletzten Mal!" Und es passiert nichts. Häufig haben junge Lehrkräfte Scheu davor, Konsequenzen auf ein Fehlverhalten auch wirklich durchzuziehen. Weil sie selbst für einen unbequem sind, weil man mögliche Konflikte scheut. Diesen Lehrkräften tanzen Schüler dann gerne auf der Nase herum, weil außer Ermahnen und Schimpfen nichts passiert.

    Ich hatte beim Lesen auch sofort das Classroom Management im Hinterkopf. Kannst du deinen Schülern das Gefühl vermitteln, du bekommst quasi alles mit, was sie machen, indem du rasch reagierst und Stoppsignale frühzeitig setzt und nicht erst dann, wenn es zu laut ist? Das muss nicht immer gleich Schimpfen sein. Gezielt in die Nähe der Störer gehen, Störer gezielt anschauen, entsprechende Gesten, kurz den Namen rufen, störende Gegenstände wegnehmen etc. Das alles, ohne den eigenen Unterricht großartig zu unterbrechen. Das ganze, bevor das störende Verhalten Zeit hat, sich über mehrere Schüler auszubreiten.

    Einzelne Schüler, bei denen das nicht ausreicht, ein- oder zweimal ermahnen und dann folgen Konsequenzen. Z.B. Auseinandersetzen. Beim ersten Mal für den Rest der Stunde. Wenn das nicht wirkt, dann eben dauerhaft. Einen Hinweis an die Eltern schreiben und das so verkünden, dass es die anderen auch mitbekommen, dass man dies nun tun wird. Zur Not kommen die Schüler auch zur Nacharbeit, wenn sie durch ihr Verhalten Inhalte der Stunde versäumt haben. Wenn es die Stunde vor der Pause ist: Den Schülern erklären, dass man nun still wartet, bis es wieder ruhig ist, und diese Zeit ans Stundenende anhängen. Ich bleibe in solchen Situationen vor der Klasse schweigend stehen, schaue demonstrativ auf meine Uhr, und diese Zeit, die ich mit Warten verbracht habe, hänge ich hinten an die Stunde dran.

    Zu Beginn der Stunde warten, bis die Schüler ihre Materialien auf dem Tisch haben und ruhig sind. Dann die Begrüßung und dann beginnt der Unterricht. So hat man sich die Aufmerksamkeit geholt und die Arbeitsatmosphäre hergestellt.

    Regeln: Überlegen - welche drei Regeln sind mir am wichtigsten? Diese den Schülern kommunizieren. Was sind die Konsequenzen bei Nichteinhaltung?

    Im Unterricht auf den Fluss achten. Gibt es Momente wie z.B. das Anschalten eines Geräts, die den Fluss unterbrechen und dadurch zur Unruhe in der Klasse führen? Dann benötige ich wieder Zeit und Energie, um die Klasse zur Ruhe zu bringen. Wenn ich aber z.B. ein Gerät nebenbei anschalte und dabei mit dem Unterricht weitermachen, bleibt der Fluss erhalten und eine mögliche Quelle für Unruhe ist wieder ausgeschaltet ohne dass ich schimpfen oder mahnen musste.

    Wenn dies Stellen sind, an denen es bei dir hakt, dann gehe diese Baustellen gezielt an. Nicht alle auf einmal, aber suche dir immer eine heraus, die du gezielt angehen möchtest, bis du sie in dein Repertoire übernommen hast. Dann wissen auch die Schüler, was sie bei dir machen können und was nicht, und dann hat man weniger nervenaufreibende Momente, aber auch mehr Zeit für Freundlichkeit, eine am Ende angenehme Atmosphäre und findet auch den Spaß am Unterricht.

  • Ich verstehe es auch nicht, was sie mit der Frage meint, wann Unterricht nach Buch möglich ist. Auch beim Buch kann man unterschiedliche Methoden anwenden...

    Vielleicht gibt es Bücher, die man einfach vorne aufs Pult legt und dann wir der Unterricht von dem Buch gemacht.


    Falls ja, wo gibt es diese Bücher? Ich frage für einen Freund.

  • Mir war Unterricht nach Buch ab Tag 1 möglich. Warum sollte das nicht möglich sein?

    Umgekehrt, ohne Buch hätte ich manches kaum unterrichten können.
    Ich schaue mir das Material im Buch an und überlege welche Methode/welche Arbeitsaufträge ich damit durchführen kann.

  • Es gibt sone und solche Bücher/ Fächer/ Personen.


    Ich überlege mir zuerst, was ich will, und gucke dann im Buch, was brauchbar sein könnte.


    Am Anfang fand ich es oft besser, selbst Material zu erstellen, was an mir lag, an meiner Ausbildung, auch an den Klassen und daran, dass die Bücher nicht passgenau waren bzw. sein können.


    Bestimmt gibt es Lehrkräfte, die auch aus der gräsigsten Seite im Buch etwas herausholen, das nicht nur Beschäftigung darstellt.

    Andere können das eben erst nach Jahren oder machen „irgendetwas“ mit diesen Buchseiten.

Werbung